CHAOS. Alec Xander

CHAOS - Alec Xander


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sich auf die Lehne der Bank. Eine Weile grinste er vor sich hin, bis er zu der festen Überzeugung kam, auf ewig alleine sein zu müssen. Keine Freunde, kein Partner. Niemals.

      Lucas fragte sich, wo der Junge abgeblieben war, und suchte aufmerksam nach ihm. „Vielleicht wohnt er ja in einem der Häuser“, murmelte er nachdenklich, als er den Knuffigen kurz darauf, glücklicherweise, auf der Bank des kleinen Spielplatzes sitzen sah. Dass der Braunhaarige dort alleine hockte, war ihm ganz recht. „Hey, yo!“, rief Lucas ihm ausgelassen zu.

      Verwundert kratzte Bastian sich am Nacken. Hatte da jemand etwas von sich gegeben? Zuerst guckte er fragend über die Schulter zu den vielen dichten Bäumen, anschließend nach links zum Gehweg. Ganz große Augen bekam er, als er Lucas auf sich zukommen sah. Dieses Lächeln, dachte er, die Art wie er geht – diese Hose!

      „Hey, Mann!“, grüßte Lucas, als er ihn erreichte und sich lässig vor ihn stellte. „Alles klar?“

      Bastian wusste gar nicht, wohin er schauen sollte. Hätte er den Hübschen zu lange angeguckt, hätte der doch sofort gemerkt, dass er schwul war. „Ähm, ganz gut.“ Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

      „Wie heißt’n du eigentlich?“, wollte Lucas wissen und zog an seiner Zigarette.

      „Bastian.“

      „Warteste auf jemanden?“

      „Nein, wieso?“

      Sofort war Lucas sich sicher, dass Bastian ein Einzelgänger war. Ein zaghafter obendrein. „Nur so.“ Er betrachtete den Schüchternen einen Moment. „Bei dem Haufen kann man nur das Weite suchen, nicht?“

      „Du meinst die anderen?“

      „Yep.“

      Bastian schmunzelte. „Du bist neu hier, oder?“

      „Bin ein Glückskind, nicht?“, fragte Lucas voller Ironie.

      „Total. Du hast mit dieser Schule den Jackpot geknackt“, witzelte Bastian.

      „Ja, ganz offensichtlich.“ Er seufzte und warf den Rucksack gezielt auf die Bank, um sich darauf zu setzen. Auf keinen Fall wollte er seine Hose schmutzig machen. „Kennste den Bröller?“

      „Jupp. Leider.“

      „Haste bei dem ein Fach?“

      „Gleich drei“, sagte Bastian schweren Herzens. „Sport, Technik und Physik.“

      „Dann haste es im Gegensatz zu mir gut, denn ich hab den Lackaffen als Klassenlehrer.“

      „Echt jetzt?“

      „Total echt, Mann.“

      „Mein Beileid.“

      „Der Penner hat mal voll den Arsch auf“, meinte Lucas abfällig und schüttelte lächelnd den Kopf. „Der macht auf mich den Eindruck, als würde der auf kleine Jungs stehen.“

      Sofort sprang Bastians Kopfkino an. Erotische Fantasien mit Herrn Bröller wollte er zwar nie haben, aber die Vorstellung, von einem großen Kerl in die Arme geschlossen zu werden, war schon schön.

      „Wo biste denn gerade?“, wunderte Lucas sich.

      „Häh, was?“

      „Du wirkst schon wieder so abwesend.“

      „O n-nein. Ich, ähm … mir geht gerade nur so einiges durch den Kopf. Das ist alles.“

      „Verstehe. Viel Stress?“

      „Wenn du wüsstest.“ Bastian seufzte und schielte unauffällig auf Lucas‘ rechten Oberarm, auf dem eine Hautbemalung zu sehen war. „Cooles Tattoo.“

      Lucas sah auf seine Tätowierung. „Danke. Ist aber nur ein kleines Tribal.“

      „Tribal?“

      „So nennt sich das.“

      „Ach so.“

      „Deine Reaktion lässt darauf schließen, dass du keines hast und dich damit auch nicht auskennst.“

      „Nein, ich bin nicht so ein Tattoo-Fan, aber steht dir.“

      „Es steht mir?“

      „Ja, schon.“ Bastian verlor beim Anblick von Lucas‘ hinreißendem Gesicht den Faden. „Warum denn nicht? … Häh? … Was?“

      Lucas fand diese Reaktion dermaßen süß, dass er einfach lachen musste.

      Vor Scham lief Bastian förmlich rot an. „Entschuldige.“

      „Ach, passt schon, Mann.“ Er schnippte den Zigarettenstummel weg und sah auf Bastians Hände. „Du rauchst nicht, oder?“

      „Nein, aber wenn das so weitergeht, fange ich noch damit an.“

      „Lass mich raten“, mutmaßte Lucas, „dir geht jemand gehörig auf die Nüsse.“

      „Nicht nur einer.“

      „Ach, weißt, scheiß auf die Penner, ey!“

      „Scheiß auf die Penner?“, echote Bastian verwundert.

      „Die Pisser haben doch alle den Knall nicht gehört.“

      „Und mit Pissern meinst du?“

      „Na, die Pisser eben. Als ich heute hier abgesetzt wurde und durch den Eingang vorn wollte“, erzählte Lucas, „hat mir diese unkultivierte Sekretariatsschlampe die Tür vor der Nase zugeschlagen.“

      Diese Wortwahl fand Bastian ziemlich amüsant – und sehr passend. „Ja, ist nur für die Lehrer.“

      „Wieso?“

      „Keine Ahnung. Vielleicht fühlen sie sich dann besonders.“

      „Von wegen besonders.“ Abwertender hätte er nicht klingen können. „Gehst du schon lange hier auf diese Schule?“

      In Windeseile rechnete Bastian aus, wie lange er schon auf dieser Schule ging und war über die Zahl entgeistert, die ihm auf der Zunge lag.

      „Was’n?“

      „Ist das dritte Jahr.“

      „Scheiß die Wand an!“ Lucas war entsetzt, aber auch erstaunt darüber, dass der Süße es so lange mit all den Idioten ausgehalten hat. „Echt jetzt?“

      „Ja, sind wirklich drei Jahre. War vorher auf der Gesamt, aber da gab es auch nur Probleme und dann sind wir hierher in diese Kackstadt gezogen und …“

      „Kackstadt“, wiederholte Lucas kichernd.

      „Ist doch wahr. Wie auch immer. Nach dem Umzug musste ich wechseln, weil der Weg bis zur Gesamt halt einfach zu weit war. Hatte absolut keine Lust darauf, jeden Morgen um kurz vor sechs aufzustehen und dann ’ne halbe Ewigkeit mit dem Bus zur Schule zu fahren.“

      „Kann ich verstehen. Hätte ich auch keine Lust zu. Pennste lange?“

      „Würde ich ja, aber man lässt mich ja nicht.“

      „Kenne ich. Werde erst gegen Abend so richtig fit und bleib gern bis spät in die Nacht wach.“

      „Ja, ich auch. Die zeigen oftmals geile Horrorfilme in der Nacht.“

      „Auch ‘n Horrorfreak?“

      „Ich liebe Horror. Aber auch Mystery.“

      „Korrekt, Mann.“

      „Leider verpasst man die besten Filme ständig, weil man früh aufstehen muss.“

      „Wäre ja auch ‘ne Schande, wenn die Schule erst um zehn Uhr beginnen würde. Wir könnten ja mal ausgeschlafen etwas lernen.“

      „Oder überhaupt etwas lernen“, warf Bastian ein.


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