Wyatt Earp Staffel 10 – Western. William Mark D.
Frankieboy!«
Frank kam nicht auf den Gedanken, daß es alles nur Bluff war und daß es zu diesem Zeitpunkt gar nicht so schwer für ihn gewesen wäre, noch auszusteigen und seine Unschuld zu beweisen.
Er fühlte sich schon völlig verstrickt.
»Du hast überhaupt nur eine einzige Chance, Frank«, näselte der Tex, »da zu bleiben, wo du bereits von Anfang an stehst: auf unserer Seite. Vorwärts, Ed steht am Tor und würde noch genug Zeit finden, dich durch das Loch links unten in einem der Bretter abzuknallen, falls du pfeifst!«
Macirian drehte sich um und ging auf das Tor zu.
Da blieb er noch einen Augenblick stehen, blickte dann hoch und schwang sich hinüber.
Drüben blieb alles still.
Hal stieß Ed an.
Der spurtete los und kauerte sich unten neben das Loch, den Revolver in der Rechten.
Hal Chester indessen stellte sich ruhig neben das Tor und wartete.
In diesem Augenblick wurden rechts auf einem der Vorbauten Stimmen laut.
Irgend jemand verabschiedete sich von den Bewohnern, die er offenbar für ein paar Stunden besucht hatte.
Eine Tür fiel zu.
Und der Mann kam über die Straße.
Hal zündete sich eine Zigarette an und ging vorwärts.
Der Mann sah ihn auf sich zukommen, dachte sich aber nichts weiter dabei, grüßte sogar, und dann verschwand er im Dunkel.
Wieder lauschten die Brüder in den Hof.
Da knirschte hinterm Tor der Sand. Das ratschende Geräusch eines hochgeschobenen Balkons war zu hören. Gleich darauf wurde das Schloß geöffnet.
Langsam und leise knarrend ging das Tor auf.
Frank Macirian stand mit gesenktem Kopf links neben dem Flügel.
»Alles still«, sagte Ed.
»Ruhe!« zischte Hal zurück.
Macirian blieb hinter ihnen stehen und blickte mit leeren Augen auf ihre gebückten, niedergekauerten Gestalten.
War das denn kein Spuk? Dieses diabolische Bild da vor ihm, das mußte doch ein Alptraum sein!
Da wandte sich Hal um.
»Ed, zu den Pferden!«
Ed nickte und ging zurück.
Hal schnipste, ohne sich nach dem Arizonamann umzudrehen, mit den Fingern.
»Komm her!«
Frank ließ den Torflügel los.
Leise knarrend schlug er zurück.
Hal fuhr herum.
»Dummkopf!«
Macirian stand vor ihm, mit hängenden Schultern und halbgesenktem Kopf.
Wenn ich jetzt, in dieser Sekunde, meinen Colt ziehe und abdrücke, dann kann ich mich vielleicht nicht mehr retten, weil Ed mich fertigmachen wird, von der Straße aus. Aber das kleine pausbäckige Mädchen, das Frank hier so oft hatte mit einer Stoffpuppe spielen sehen, wäre gerettet.
Denn ein toter Halbom Chester könnte nicht mehr rauben…
Aber es war nur ein vager Gedanke, der da durch das Hirn Macirians geisterte.
»Du bleibst neben mir, wegen des Hundes.«
Hal ging langsam vorwärts.
War er vielleicht verrückt geworden, dieser Texaner? überlegte Macirian.
Was sollte er, Frank, denn tun, wenn der Hund kam? Bildete Halbom Chester sich etwa ein, daß er den Hund so gut kannte, daß er ihn hätte beruhigen können?
Jetzt, zu dieser Nachtstunde? Ein Irrsinn –!
Frank hatte zwar den zottigen Burschen ein paarmal gestreichelt, und vielleicht hatte Hal das beobachtet, aber das konnte doch keinen vernünftigen Menschen zu der Vermutung bringen, daß er jetzt, als Eindringling, und mitten in der Nacht, das Tier mit einem bißchen Kraulen zum Verstummen bringen könnte!
Sie gingen langsam an der Hauswand entlang.
Hal hatte die Tür fast erreicht, als irgendwo die schrille Stimme einer Frau ertönte.
»Was hast du denn? Nein, nein, du kommst jetzt nicht raus, nicht mitten in der Nacht! Ich laufe doch deinetwegen jetzt nicht zur Tür. Du bleibst hier!«
Frank hatte die Stimme erkannt. Es war die Negerin, die die Küche hier führte. Offenbar hatte sie mit dem Hund gesprochen, der bei ihr in der Stube vor der Tür schlief.
»Gib endlich Ruhe! Sonst setzt es was. Erst wolltest du mit Gewalt hier auf die Matte, und jetzt willst du raus. Nein, nein, gib Ruhe, oder ich hole den Stock!«
Da hatte Hal das leise Jaulen des Hundes vernommen, der die beiden Eindringlinge gewittert haben mochte. Irgendwo hinter einem der Fenster, die wegen der Bruthitze hochgeschoben waren, mußte der Hund also stecken. Und wenn es zu ebener Erde war, wie man nach der Stimme der Frau urteilen mußte, konnte das Tier mit einem einzigen Sprung über die Fensterbank in den Hof kommen.
Und Halbom Chester war noch längst nicht am Ziel.
Das Kind, das er holen wollte, lag in einem der Zimmer des Obergeschosses. Er wußte genau, in welchem. Sehr genau.
Er hatte lange überlegt, ob er auf dieses Opfer nicht verzichten sollte. Aber er wollte unbedingt drei Fliegen auf einmal fangen! Er brauchte das große Geld.
Und Martin Hartmann war ein reicher Mann. Er würde vielleicht noch mehr Geld geben, um seine kleine Tochter zurückzubekommen, als die anderen Väter für ihre Kinder.
Deshalb hatte Hal beschlossen, diesen gefährlichsten Gang auch noch zu wagen.
Drei Wagen, drei Kinder. Und drei Väter, die zahlen würden –!
Die Haustür war unverschlossen.
Hal wußte es.
Er betätigte den Drehgriff und schob den am ganzen Leib zitternden Arizonamann in den Hausgang.
Der Hund hatte sich beruhigt.
Wahrscheinlich weil er die Schritte der beiden Eindringlinge vom Hof aus nun nicht mehr hören konnte.
Dafür aber hörte er sie zwei Minuten später im Haus – und begann ein infernalisches Gebell.
Macirian preßte sich gegen eine Flurwand.
»Es ist doch Irrsinn, tödlicher Irrsinn, Hal«, hauchte er dem Texaner zu.
Der stieß ihn mit einem harten Gegenstand an, in dem Frank einen Revolverlauf erkennen mußte.
»Weiter, die Treppe da drüben hinauf!«
Die Treppe! Sie sollten eine Treppe hinaufsteigen, in einem Haus, in dem sie bereits von einem scharfen Hund entdeckt worden waren?
Jetzt wußte Frank, daß Halbom Chester keine Nerven besitzen konnte. Es gab keine andere Erklärung für sein Handeln, das er mit Eiseskälte vorantrieb.
Sie gingen langsam die Treppe hinauf.
Als sie sie endlich, nach qualvollen Sekunden, hinter sich hatten und im oberen Korridor standen, beruhigte sich der Hund etwas. Doch bellte er in Abständen immer noch.
Die beiden Eindringlinge schlichen durch den oberen Korridor des verhältnismäßig neuen Hauses. Halbom Chester öffnete die vorletzte Tür auf der linken Seite.
Frank wartete im Flur.
Wieder hörte er das seltsame Stöpselgeräusch. Schnell hielt er sich die Ohren zu, wobei er das Gesicht verzweifelt verzerrte.
Damned, ich bin ein Feigling! Ein elender Feigling bin ich geworden, sagte er sich. Weshalb ziehe ich jetzt nicht meinen Revolver