Wyatt Earp Staffel 10 – Western. William Mark D.
Wagen hatte.
Zwölf schwere Meilen überstand der Bursche aus Arizona.
Dann rutschte er rechts vom Wagen und glitt in den Sand.
Ed hatte es beobachtet und war nach der seltsamen Langsamkeit des Sturzes wie gebannt vor Schreck.
Er ist tot! hämmerte es in seinem Hirn. Und ich – ich habe ihn jetzt getötet…
Er sprang ab.
»Hal, Hal! Halt doch an!«
Halbom blickte um die Ecke und hielt dann den Wagen an.
Die drei Schooner kamen ächzend und knarrend zum Stehen.
Langsam schlenderte Halbom auf die beiden zu.
Ed hatte Frank hochgestützt.
»Ich dachte… er wäre tot. Er stürzte plötzlich so langsam vom Wagen…«
Ed ließ den Arizonamann zurückgleiten und holte Wasser.
»Was gibst du dir bloß für Mühe mit dem Schurken!« höhnte Halbom.
»Mühe?« Ed blitzte ihn an. »Wenn er stirbt, bin ich sein Mörder!«
»Ah, das macht dich so unruhig? Well, dann kümmere dich um ihn, laß aber mich damit in Ruhe!«
Hal zündete sich eine Zigarette an und trat in den schmalen Schatten des Wagens.
Ed war noch im Bann seiner Angst, Frank Macirian könnte sterben und er wäre dann sein Mörder, so gab sich der Texaner gewaltige Mühe, den Besinnungslosen mit Wasser wieder zu sich zu bringen.
»Frank, he, Mensch, mach doch die Augen endlich auf!«
Er riß ihm die Weste herunter, zerrte das Hemd über der Brust auseinander und sah mit großen, starren Augen auf das verhältnismäßig kleine Loch, das inmitten eingetrockneten, verschmierten Blutes neben dem Oberarm zu sehen war.
Ob ich seine Lunge verletzt habe?
Ed wischte sich mit dem Unterarm wieder und wieder den Schweiß von der Stirn.
Dann fiel ihm ein, daß er Verbandzeug auf dem Wagen hatte.
Vormann Ginger hatte es angeordnet: Kein Treck von mehr als dreißig Meilen ohne Verbandstoff!
Zuviel Ärger hatte man früher bei mancher Fahrt erlebt, wenn man keinen Verbandstoff dabei hatte.
Jetzt legte Ed mit ungeschickten Händen einen Verband um den Oberkörper des Arizonamannes.
Frank war bei Besinnung, konnte aber nicht helfen, so schlapp und elend war er dran.
Ed hatte ihn in den Wagenschatten gezerrt.
»So, und jetzt heben wir dich auf meinen Wagen. Du wirst hinter mir unter der Plane im Schatten auf den Häuten und Decken liegen.«
»Wir heben?« fragte Hal spöttisch, der mit übereinandergeschlagenen Beinen hinten neben dem Wasserfaß auf dem Sproß hockte. »Du hast dich wohl versprochen. Bildest du dir ein, daß ich für diesen Verräter, der mich an den Galgen liefern wollte, auch nur einen Finger krumm mache? – Ja, das heißt, ich würde schon einen Finger krumm machen, aber nur am Abzug meines Revolvers, um den Burschen auszulöschen. Diesen verdammten…«
Das helle Geschrei eines Kindes ließ Hal aufhorchen.
Auch Ed blickte hoch. Und Frank Macirian sah aus der Planöffnung seines Wagens das braune Lockenköpfchen eines kleinen Mädchens hervorblicken. Der Anblick des weinenden Kindes schnitt ihm in die Seele.
»Ein Mädchen«, stieß er mit belegter Stimme hervor. »Ein kleines Mädchen! So eine gemeine Schurkerei! Dafür bringen sie uns alle an den Galgen.«
Hal lachte.
»Jetzt spricht er schon vernünftiger und in der Mehrzahl. Uns alle! Ganz recht, Amigo, uns alle! Es wäre gut, wenn du das nicht mehr vergessen würdest.«
Frank stand auf. Ed half ihm. Er wankte zum Wagen und zog sich hinauf.
Ganz dicht war jetzt vor ihm das braune Kindergesichtchen mit den blauen, fragenden, runden Augen, dem kleinen Stupsnäschen, den offenen Lippen und den dicken Pausbacken.
Die vierjährige Erica Hartmann hatte aufgehört zu weinen und betrachtete den fremden Mann mit dem blassen Gesicht verwundert.
»Onkel…!« kam es da über ihre Lippen.
Frank hob die Hand und streichelte so sanft, wie es ihm eben möglich war, über die feste runde Kinderwange.
»Hab’ keine Angst.«
Das Kind schüttelte den Kopf. »Keine Angst, Onkel…«
»Wie heißt du denn?«
»Erica, mich… Erica! Und wo ist Mammmi?«
Frank wandte sich ab und sog die Luft tief ein.
»Du siehst sie bald wieder, Erica! Dieser Onkel da«, und dabei wies er auf Halbom Chester, »wird schon dafür sorgen!«
Hal schleuderte seine Zigarette weg, rutschte von dem Wagensproß und schlenderte nach vorn zu seinem Sitz.
Da saß der kleine Gonzales-Junge und wich verstört zur Seite.
Ed war dem Bruder gefolgt.
»Ich werde den Jungen nehmen!
»Mach, was du willst«, knurrte Hal. »Aber das sage ich dir, wenn Frank noch einmal Ärger macht, ist es aus. Und vergiß nicht: wenn irgend jemand auftaucht, müssen die Kinder verschwinden. Notfalls müssen sie eben zum Schweigen gebracht werden.«
Ed, der den kleinen Juan Gonzales eben vom Kutschbock gehoben hatte, so daß die kleine Erica ihn sehen und mit einem hellen Freudenschrei begrüßen konnte, blickte zu seinem Bruder auf.
»Wie meinst du das: notfalls zum Schweigen gebracht werden, Hal?«
Der beugte sich mit einem Ruck dem Bruder zu und schrie: »Du verstehst mich schon ganz richtig, Edward! Sie dürfen notfalls nicht mehr in der Lage sein, uns durch einen Laut zu verraten. Kapierst du das nicht? Denn wenn sie uns verraten, war alles umsonst. Und ich denke nicht daran, mich wegen eines…, wegen dieser Brut an den Galgen bringen zu lassen.«
»Brut«, wiederholte Ed leise.
»Ja, ja«, brüllte Hal, »wegen dieser Geldsackbrut! Es sind die Sprößlinge der Geldsäcke. Der reichen Bonzen, für die wir schuften. Einerlei, ob sie nun Gloster, Hartman, Dandyson oder Gonzales oder sonstwie heißen, es sind unsere Peiniger! Scheusale, die uns quälen, die unser Leben auspressen!«
Ed verstand den Bruder wieder einmal nicht ganz, hatte aber keine Lust, ihn noch weiter zu fragen.
Als Ed zum zweiten Wagen kam, sah er Frank mit bleichem Gesicht gegen die Seitenlehne des Kutschbockes hängen.
Die kleine Erica streichelte den nach Atem ringenden Mann mit ihrer weichen Patschhand durchs Gesicht.
»Onkel… krank…«
Ed stieg auf, machte für den Verletzten ein Lager zurecht. Dann stieg er ab und koppelte den letzten Wagen hinten an, aber er ließ die Pferde in den Geschirrsträngen.
Dann stieg er bei Frank auf, setzte die beiden Kinder neben sich, die sich nur unter großem Geschrei hätten noch voneinander trennen lassen, und Hal knurrte: »Kann es jetzt endlich weitergehen, verdammt noch mal?«
Ed blickte zu dem älteren Bruder, der vom Wagen gestiegen war und ihm tatenlos zugesehen hatte, hinunter. »Wo wollen wir eigentlich hin, Hal?«
»Zu Cassedy!« war die barsche Antwort.
»Was –?« keuchte Ed. »Ausgerechnet… Weshalb zu Cassedy?«
»Aber er weiß noch von nichts?«
»Ich werd’s ihm schon klarmachen.«
»Ich weiß nicht, Hal. Jack Cassedy ist einer der Sands, und die lassen