Anaconda. Lauren Landish
Eine gefühlte Ewigkeit lang sagt keiner von uns etwas, aber es können nur ein paar Sekunden gewesen sein, ehe er sich fasst und seine Augen mich mit einer Intensität mustern, die mir weiche Knie verursacht. "Hi, ich bin Gavin", sagt er lässig, als ob er nicht mit einem Schwanz von Monstergröße zwischen seinen Beinen vor mir stehen würde.
Er tut auch nichts, um ihn zu bedecken. Wenn ich bedenke, was er zu bieten hat, verstehe ich auch, warum. Es wirkt, als wäre er stolz darauf, als er mich mit einem Selbstbewusstsein anblickt, das an Arroganz grenzt.
Hitze steigt in meiner Brust auf, als er auf mich zugeht. Ein übermütiges Grinsen umspielt seine Mundwinkel, und ich mache einen halben Schritt zurück. Meine Muschi zieht sich zusammen. Es ist eine Anstrengung, meine Augen auf sein Gesicht zu halten, während mein Herz in meiner Brust hämmert und meine Wangen vor Verlegenheit brennen.
"Alles in Ordnung?", fragt er. Sogar seine Stimme ist sexy, ein tiefer Bariton, der meine Muschi wieder zusammenzucken lässt.
Ich öffne den Mund, um zu antworten, aber meine Augen wandern zurück zu ihm, und mein Herz lässt einen weiteren Schlag aus. Scheiße. Scheiße. Scheiße. Ich kann damit nicht umgehen. Ich schaue weg, meine Blicke huschen hin und her und suchen nach einem Ausweg, während er sich mir nähert.
Ich will weglaufen. Aber ich kann mich nicht bewegen. Es ist, als wären meine Beine aus Blei. Gegen meinen Willen flackert mein Blick wieder zu ihm zurück.
Heiliger Strohsack! Er bewegt sich bei jedem Schritt, schwingt hin und her wie ein riesiges Pendel und versetzt mich in eine fast hypnotische Trance.
Als er so nahe ist, dass er mich berühren könnte, schüttle ich endlich meine Lähmung ab. Mit rasendem Puls schnelle ich vorwärts und stolpere fast auf dem Weg zur Tür. Ich kann nur "Sorry" murmeln, als ich mit flammend rotem Gesicht aus dem Raum stürze und mein Bestes versuche, nicht doch noch einen letzten Blick zurückzuwerfen.
2
Gavin – vor zwei Jahren
"Anaconda! Anaconda", schreien mir die Reporter nach einem besonders harten Spiel ins Gesicht und belagern mich mit Mikrofonen und Kameras. "Haben Sie etwas zu dem zu sagen, was passiert ist?"
Gott, ich hasse diesen verdammten Spitznamen.
Ich blinzle mehrmals, während Lichtblitze vor meinen Augen explodieren und ich den Ärger unterdrücke, der in mir aufflammt. Sie treiben mich wie ein verdammtes Zootier, jeder von ihnen kämpft gegen jeden, um mir ein Mikrofon ins Gesicht halten zu können.
Ich lächle gekünstelt, schaue in die Kameras und bereite mich darauf vor, eine Antwort zu formulieren. Ich versuche, von der Frage ungerührt zu erscheinen, obwohl ich nichts lieber tun würde, als ihnen allen zu sagen, dass sie mir verdammt noch mal aus dem Weg gehen sollen. Ich weiß, wie sie es drehen würden, falls ich es täte. Und ich sehe schon jetzt die Schlagzeilen.
Gavin Adams hat nach einem schlechten Spiel einen Wutanfall.
Ich weiß, dass ich die Trolle ignorieren sollte, die mich zu einer Reaktion oder einer Aussage provozieren wollen, um zu versuchen, weitere fünf Minuten Story aus einer Sache herauszuholen, die nur ein Versehen war. Aber nachdem ich mich deswegen mit dem Team, der Liga und dem dazugehörigen Drama herumschlagen musste, bin ich sauer. Die 0:20-Niederlage gegen unseren größten Rivalen macht die Sache auch nicht besser.
"Mr. Adams hat nichts zu sagen", kommt mir Miranda, meine Agentin, die gleichzeitig meine PR-Vertreterin ist, im wirren Wettkampf der schreienden Stimmen und klickenden Fotoapparate, zuvor. Sie zieht meinen Blick auf sich. Wie immer edel gekleidet, mit ihrem roten Designerkleid, das sich wie angegossen an ihre kurvige Figur schmiegt, ist sie der Inbegriff einer Businessfrau mittleren Alters, deren Körper und Verstand einiges draufhaben. "Also, wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden. Er hat wichtigere Dinge zu erledigen."
"Warte, Miranda", unterbreche ich sie und behalte mein falsches Lächeln auf. Ich denke, dass ich meinen Charme nutzen kann, um die Situation zu entschärfen und mich ungeschoren davonzumachen. Ich erhebe meine Stimme und sage höflich: "Ich bin sicher, dass Sie alle von meinem kleinen Missgeschick gehört haben, aber ich möchte Sie wissen lassen, dass es nur ein Versehen war. Und das war's."
"Da war nichts Kleines dran", ruft eine Reporterin, und Kichern ist zu hören. Ich ignoriere sie und alle anderen auch.
"Also kein Kommentar zum Videomaterial von Ihnen, das im Internet zirkuliert?", fragt einer der anderen Reporter.
Ich schaue ihn finster an. Das wird dir eine Lehre sein … dich für Fotos herzugeben und zu glauben, du könntest zugleich alles klären …
"Welches Material?", frage ich schlichtweg, obwohl ich genau weiß, wovon er spricht.
Er lächelt. "Das, in dem Sie Ihr Handtuch vor Sara Jameson im Live-TV fallen lassen."
Zorn flammt in mir auf. Diese Leute tun so, als hätte ich ihn herausgeholt und Ms. Jameson einen Lap Dance gegeben. Aber ich bin nur zufällig nach einem Spiel in der Männerumkleide mit ihr zusammengestoßen. Es war kein "Live-TV", und sie hätte verdammt noch mal gar nicht dort sein sollen. Es war nicht meine Schuld, dass das verfickte Handtuch runtergefallen ist. Ich hatte mich sofort bei Sara entschuldigt, die mich mit großen Augen anstarrte, und habe mir das Handtuch wieder umgelegt.
Ich dachte, dass danach alles in Ordnung wäre. Sie sagte mir sogar, dass die Kameras mein Missgeschick nicht aufgenommen hätten und dass ich nichts zu befürchten hätte. Bis der Kameramann, der bei ihr gewesen war oder jemand im Netzwerk beschlossen hatte, das unbearbeitete Video mit dem Titel Anaconda ins Internet zu stellen. Es breitete sich wie ein Lauffeuer aus, zusammen mit meinem neuen Spitznamen.
Diese ganze Sache ist seither ein verdammter PR-Albtraum. Miranda hat eine Woche lang schlaflose Nächte damit verbracht, Unterlassungsaufforderungen an verschiedene Websites zu senden, damit das Material dort gelöscht wird. Ein endloser Kampf. Wenn eine Website das Video runternimmt, taucht es auf einer anderen auf. Trotzdem sind es jetzt weniger als damals, als das alles anfing.
Ich wünschte nur, ich wäre nicht so unvorsichtig gewesen.
"Es ist bedauerlich", sage ich und lächle mit großer Anstrengung weiter, "aber in Wirklichkeit war es ein Unfall. Wenn Sie uns jetzt bitte aus dem Weg gehen würden, ich muss ..."
"Was sagt Ihre Mutter dazu, dass Sie sich vor Millionen von Menschen entblößen?", hakt der Typ von vorhin nach und grinst mich frech an.
Miranda zuckt neben mir zusammen, als ich mit den Zähnen knirsche und meinen Zorn kaum noch zurückhalten kann.
"Bist du verdammt noch mal taub? Ich habe gerade gesagt, dass es ein Unfall war!" Miranda wird sauer sein, dass ich meine Coolness verloren habe, aber ich kann diesen Scheiß nicht mehr ertragen. "Nun, wenn niemand eine Frage hat, die tatsächlich mit meinem Spiel zu tun hat, dann verschwendet nicht meine verdammte Zeit!"
"Okay, das reicht jetzt! Keine weiteren Fragen mehr!", ruft Miranda, nimmt mich am Arm und zieht mich zum Ausgang. "Verdammt, Gavin, das musste nicht sein! Dieser Ausschnitt wird überall in den Abendnachrichten auftauchen."
Sie hat Recht. Ich wusste es in der Sekunde, als ich es aussprach. Aber das werde ich nicht zugeben. Ich bin momentan zu sauer dazu.
Wir erreichen die Tür am Ende der Halle, ich trete sie praktisch auf und murmle: "Na und? Versetz dich in meine Lage, und sag mir, dass du nicht so reagiert hättest!"
Miranda verzichtet weise auf eine Antwort.
Gegenwart
"Was für ein Drecksloch", murmle ich, als ich aus dem Fenster schaue. Wir fahren an Geschäften vorbei, die aussehen, als würden sie in eine Hinterwäldler-Stadt im Mittleren Westen gehören.