Familie Dr. Norden Classic 48 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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die Küche verließ. Sofort verstummten alle, und Jannick vergaß sogar die Begrüßung.

      »Es könnte gegessen werden«, sagte Franziska gleichmütig. »Nett, daß du auch schon zu Hause bist. Ich habe etwas mit euch zu besprechen, aber erst nach dem Essen.«

      Ruben war gleich dabei, den Tisch zu decken, Jannick erklärte, er müsse sich erst noch waschen, und Bibiane fragte, ob sie etwas helfen könne, aber ihr Tonfall verriet, daß sie ein Nein erwartete. Das kam auch knapp und deutlich.

      Franziska brachte den Servierwagen ins Eßzimmer, und schon erschien auch Jannick.

      »Riecht ja lecker«, meinte er. »Ist ein ganz besonderer Tag? Habe ich mal wieder etwas vergessen?«

      »Du hast einen Gutenabendgruß vergessen«, sagte Ruben.

      »Tatsächlich, aber nur, weil ihr gestritten habt. Pardon, Mutsch.«

      Am Tisch herrschte Schweigen. Das hatten sie beibehalten. Joe hatte es nicht leiden können, wenn bei Tisch viel geredet wurde. Und da es allen schmeckte, gab es nichts zu bemängeln. Selbst Bibiane verhielt sich ganz ruhig.

      Vielleicht überlegen sie schon, was ich ihnen mitzuteilen habe, ging es Franziska durch den Sinn. So war es auch, zumindest bei Jannick und Bibiane.

      Es gab als Dessert noch Mousse, und da sagte auch niemand nein, aber dann erklärte Bibiane, daß sie eigentlich noch etwas vorhätte. Sie erwartete wohl einen heftigen Widerspruch von Franziska, aber die meinte nur ganz gelassen, daß sie nicht die Absicht hätte, den ganzen Abend zu reden.

      »Diskutieren können wir noch, wenn ihr über alles nachgedacht habt«, erklärte sie seelenruhig, und seltsamerweise war sie auch ganz gelassen.

      Sie setzten sich vor den Kamin. Franziska rückte das Tischchen zu sich heran und legte einen Ordner vor sich hin.

      Erwartungsvoll sahen drei Augenpaare sie an, und sie mußte fast lachen.

      »Es geht um unsere Finanzen. Es wird Zeit, daß ihr euch auch mal damit befaßt«, begann sie.

      »Bekommen wir denn keine Rente mehr?« fragte Bibiane sofort.

      »Doch, die bekommt ihr noch, ich zahle sie weiterhin, wie gehabt, auf eure Konten ein, damit ihr mal eine Starthilfe habt«, erwiderte sie.

      »So ist das doch aber nicht gedacht, Mutsch«, sagte Jannick. »Ich war der Meinung, daß das Geld in die Haushaltskasse kommt.«

      »Es könnte ja sein, daß ihr bald euren Lebensunterhalt davon bestreiten müßt«, fuhr Franziska fort.

      »Du bist doch nicht etwa krank, Mami?« fragte Ruben aufgeregt.

      »Nein, ich bin nicht krank, aber ich habe vor, mir eine Stellung zu suchen.«

      »Dich nimmt doch keiner mehr, dazu bist du zu alt«, platzte Bibiane heraus.

      »Mami ist nicht alt!« empörte sich Ruben sofort.

      »Ich werde sehen, wie ich eingeschätzt werde«, konterte Franziska.

      »Muß denn das sein, Mutsch?« fragte Jannick.

      »Ich möchte euch unsere Situation schildern. Es sind noch hundertzwanzigtausend Mark aus Joes Lebensversicherung vorhanden. Die Rente, die ich bekomme, ist minimal, da Joe so früh gestorben ist und ich auch noch jung war.«

      »Das ist aber eine Menge Geld, warum tust du denn so ärmlich, Ma?« meinte Bibiane vorwurfsvoll.

      Den Ton beherrschte sie.

      »Ich bin dabei, euch zu erklären, was davon bezahlt werden muß, was das Haus und der Lebensunterhalt kosten.«

      »Das Haus gehört uns doch«, sagte Bibiane.

      »Nicht ganz, die Hypotheken kosten jährlich noch fünfzehntausend Mark und das noch zehn Jahre. Das ergibt eine Summe von einhundertfünfzigtausend Mark. Hinzu kommen Versicherungen für Haus und Autos, Reparaturkosten und so weiter. Also können wir davon nicht ständig nur nehmen, solange ihr gar nichts verdient.«

      »Ich werde ja bald etwas verdienen«, trumpfte Bibiane sofort auf. »Mit der Rente dazu kann ich mich selbständig machen.«

      »Wenn du regelmäßig verdienst und nicht mehr in der Ausbildung bist, bekommst du keine Rente mehr.«

      Darauf erntete Franziska einen Blick, als wäre das ihre Schuld. Bibiane ließ sich anklagend darüber aus, wie unglaublich dumm die Gesetze wären.

      »Denk erst mal nach, bevor du dich aufregst«, sagte Jannick.

      »Ich verstehe es auch nicht«, sagte Ruben, »aber es gefällt mir nicht, daß Mami arbeiten will.«

      »Ich habe es offen gestanden satt, euch alles nachzuräumen, zu kochen, waschen, bügeln, putzen. Ich möchte bezahlt werden für acht Stunden Arbeit pro Tag.«

      »Du arbeitest doch keine acht Stunden, da muß ich ja lachen«, sagte Bibiane.

      »Was machst du denn den ganzen Tag? Du bist oft mehr als acht Stunden abwesend, also weißt du gar nicht, was Mutsch alles macht«, erklärte Jannick.

      Er erntete auch einen giftigen Blick.

      Franziska blieb ruhig. »Ich räume euch eine Probezeit ein, in der ihr feststellen könnt, wie gut ihr allein fertig werdet mit allem«, sagte sie gleichbleibend freundlich. »Ihr behauptet immer, wie selbständig ihr seid, aber ihr laßt euch bedienen, als wäre ich eine bezahlte Angestellte. Es muß einmal gesagt werden. Ich habe meine Wünsche immer zurückgestellt. Eurem Vater würde das gar nicht gefallen. Ich höre immer nur, was ihr alles braucht und was ihr machen möchtet. Für euch hat sich seit Joes Tod nichts geändert, aber er ist nicht mehr da und ich vermisse ihn sehr, nicht nur deshalb, weil wir uns viel mehr einschränken müssen.«

      »Warum hast du das nicht schon früher gesagt, Mutsch?« fragte Jannick rauh.

      »Vielleicht dachte ich, ihr würdet selbst darauf kommen, daß kein Verdiener mehr da ist, aber ich bin fest entschlossen, zumindest meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ihr könnt dann eure Rente für euren Lebensunterhalt nehmen.«

      »Wieviel ist das denn überhaupt?« fragte Bibiane.

      Sie schauten sich gegenseitig betreten an und machten lange Gesichter, als sie hörten, wie niedrig diese war.

      »Ich nehme an, ihr wollt jetzt nachdenken«, sagte Franziska. »Das wär’s für heute.«

      »Du hast doch nicht wirklich vor, eine Stellung anzunehmen, Mami?« fragte Ruben kleinlaut.

      »Sie will uns nur ärgern«, stieß Bibiane hervor.

      Wenn sie das nicht gesagt hätte, wäre Franziska vielleicht doch wieder weich geworden, aber um Bibiane zur Vernunft zu bringen, nahm sie sich vor, streng zu bleiben.

      »Müssen wir auch Miete zahlen?« fragte Jannick ironisch.

      »Fünfzig Prozent des Hauses gehört euch, also solltet ihr auch zusammen fünfzig Prozent der anfallenden Kosten aufbringen, wenn wir das Haus behalten wollen.«

      »Dann ziehe ich lieber aus, und du kannst einen zahlenden Untermieter nehmen. Oder gibt es etwa einen Mann, der sich bei uns einnisten will?« erregte sich Bibiane.

      »Schlag einen anderen Ton an!« mahnte Jannick gereizt. »Mutsch hat recht, wir haben alles ihr überlassen, obgleich wir erwachsen sind.«

      »Es tut mir leid, wenn ich dich enttäuscht habe, Mami«, sagte Ruben.

      »Schleimer«, zischte Bibiane.

      Das hätte sie auch nicht sagen dürfen. »Dein Umgang macht sich schon bemerkbar«, warf ihr Ruben vor. »Dieser Alex ist doch der letzte Dreck. Du wirst schon sehen, was du davon hast.«

      Darauf rauschte Bibiane hinaus, und nach zehn Minuten verließ sie das Haus und knallte die Tür hinter sich zu.

      Franziska zuckte zusammen und sah Jannick hilflos an.

      »Spätpubertäre


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