Der Malaiische Archipel. Alfred Russel Wallace

Der Malaiische Archipel - Alfred Russel Wallace


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ihrer Säugetiere und Vogelarten weit genauer mit Neuguinea überein als mit den Molukken, und wir finden sie alle mit Neuguinea durch ein seichtes Meer verbunden. In der Tat zeichnet die Hundert-Faden-Linie um Neuguinea herum auch genau die Verbreitung des echten Paradiesvogels.

      Man muss ferner hervorheben – und das ist ein sehr interessanter Gesichtspunkt zusammengehalten mit den Theorien der Abhängigkeit der besonderen Lebensformen von äußeren Bedingungen – dass diese Zweiteilung des Archipels, die durch schlagende Gegensätze seiner Naturprodukte charakterisiert wird, durchaus nicht der physischen oder klimatischen Einteilung seiner Oberfläche entspricht. Die große Vulkankette streicht durch beide Teile und scheint keine Wirkung auf die Verähnlichung ihrer Produkte gewonnen zu haben. Borneo gleicht genau Neuguinea, nicht nur in Betreff seiner ungeheuren Ausdehnung und seines Freiseins von Vulkanen, sondern auch in Betreff der Mannigfaltigkeit seiner geologischen Struktur, der Gleichmäßigkeit seines Klimas und des allgemeinen Charakters der Waldvegetation, welche seine Oberfläche bedeckt.

      Die Molukken sind das Gegenstück zu den Philippinen in ihrer vulkanischen Struktur, ihrer außerordentlichen Fruchtbarkeit, ihren üppigen Wäldern und ihren häufigen Erdbeben; und Bali mit dem Ostende von Java hat ein fast ebenso trockenes Klima und einen fast ebenso dürren Boden wie Timor. Dennoch besteht zwischen diesen sich entsprechenden Inselgruppen, die gleichsam nach demselben Muster angelegt, die demselben Klima unterworfen und von denselben Gewässern bespült sind, der größtmögliche Kontrast, wenn wir ihre Tierwelt vergleichen. Nirgendwo anders trifft die alte Doktrin – dass Verschiedenheiten oder Ähnlichkeiten in den mannigfaltigen Lebensformen, welche verschiedene Länder bewohnen, entsprechenden physischen Verschiedenheiten und Ähnlichkeiten in den Bodenverhältnissen selbst ihre Entstehung verdanken – auf einen so direkten und handgreiflichen Widerspruch. Borneo und Neuguinea, physisch so gleich, wie es zwei getrennte Länder nur sein können, liegen zoologisch so weit wie die Pole auseinander; während Australien mit seinen trockenen Winden, seinen offenen Ebenen, seinen steinigen Wüsten und seinem gemäßigten Klima dennoch Vögel und Vierfüßer hervorbringt, denen sehr nahe verwandt, welche die heißen, feuchten und üppigen Wälder bewohnen, die allerorten die Ebenen und Berge Neuguineas bekleiden.

      Um die Mittel, durch welche ich diesen großen Kontrast hervorgebracht erachte, klarerzustellen, wollen wir einmal untersuchen, was geschehen würde, wenn zwei stark kontrastierende Teile der Erde durch natürliche Mittel in nahe Nachbarschaft gebracht würden. Nicht zwei andere Erdteile sind so radikal in ihren Produkten voneinander verschieden wie Asien und Australien, allein der Unterschied zwischen Afrika und Südamerika ist auch sehr groß und diese beiden Regionen sollen uns zur Illustration der uns beschäftigenden Frage dienen. Auf der einen Seite haben wir Paviane, Löwen, Elefanten, Büffel und Giraffen; auf der anderen Spinnenaffen, Pumas, Tapire, Ameisenfresser und Faultiere; während unter den Vögeln die Nashornvögel, die Turakos, die Pirole und die Honigsauger Afrikas aufs Stärkste mit den Tukanen, den Makaos, Ampeliden (chatterers) und den Kolibris Amerikas kontrastieren.

      Wir wollen uns jetzt vorzustellen versuchen (was sehr wahrscheinlich in künftigen Zeitaltern geschehen wird), dass ein langsames Heben des Bettes des Atlantischen Ozeans Platz griffe, während zur selben Zeit Erdstöße und vulkanische Tätigkeiten auf dem Land bewirken, dass vermehrte Mengen von Sediment die Flüsse hinabgeschwemmt würden, sodass die zwei Kontinente sich allmählich durch das Anlagern neugebildeten Landes ausbreiteten und auf diese Weise den Atlantischen Ozean, welcher sie jetzt trennt, auf einen Meeresarm von wenigen Hundert Meilen reduzierten. Wir wollen weiter annehmen, dass zu derselben Zeit Inseln in der Mitte des Kanales sich erhöben; und da die unterirdischen Kräfte an Intensität nicht stets gleich bleiben und ihre Hauptangriffspunkte wechseln, so würden diese Inseln bald mit dem Land der einen oder anderen Seite der Meerenge verbunden, bald von demselben getrennt sein. Eine Reihe von Inseln würden jetzt zusammenhängen, dann wieder auseinandergerissen werden, bis wir zuletzt nach vielen und langen Perioden solcher intermittierenden Tätigkeit einen unregelmäßigen Inselarchipel den Kanal des Atlantischen Ozeans füllen sähen, an dessen Gestalt und Verteilung wir nichts entdecken könnten, was uns davon Kunde gäbe, welche Teile mit Afrika und welche mit Amerika in Verbindung gewesen wären. Allein die diese Inseln bewohnenden Tiere und Pflanzen würden sicherlich diesen Teil der früheren Geschichte offenbaren.

      Auf jenen Inseln, welche früher Teile von Südamerika gebildet hätten, würden wir gewiss als gewöhnliche Vögel Ampeliden, Tukane und Kolibris finden und einige der Amerika eigentümlichen Vierfüßer; während auf jenen, welche von Afrika losgelöst worden wären, Nashornvögel, Pirole und Honigsauger sicherlich vorkämen. Einige Teile des gehobenen Landes hätten vielleicht zu verschiedenen Zeiten eine vorübergehende Verbindung mit beiden Kontinenten gehabt und würden dann bis zu einem gewissen Grad eine Vermischung ihrer lebenden Einwohner erfahren haben. Das scheint der Fall gewesen zu sein mit der Insel Celebes und den Philippinen. Andere Inseln wiederum könnten, wenn auch in so naher Nachbarschaft wie Bali und Lombok, Beispiele davon bieten, wie die Produkte der Kontinente, von denen sie direkt oder indirekt einst Teile gebildet haben, sich fast gar nicht vermischen.

      Im Malaiischen Archipel haben wir, glaube ich, einen diesem hier vorausgesetzten genau parallelen Fall. Wir haben die Spuren eines ungeheuren Festlands mit einer ihm eigentümlichen Fauna und Flora, das nach und nach und in unregelmäßiger Weise zerrissen wurde; die Insel Celebes bildete wahrscheinlich seine äußerste westliche Grenze, jenseits welcher ein großer Ozean lag. Zu derselben Zeit scheinen die Grenzen Asiens in einer südöstlichen Richtung ausgedehnt gewesen zu sein, zuerst in einer kompakten Masse, dann in Inseln zerrissen, wie wir sie jetzt sehen, und beinahe in unmittelbarer Berührung mit den zerstreuten Bruchstücken des großen südlichen Landes.

      Aus dieser Skizze des Gegenstandes wird es klar geworden sein, wie wertvoll die Naturgeschichte für die Geologie ist; nicht allein um die Überreste ausgestorbener in der Erdrinde gefundener Tiere zu deuten, sondern auch um frühere Veränderungen an der Erdoberfläche, welche keine geologischen Urkunden hinterlassen haben, festzustellen. Es ist sicherlich eine wunderbare und unerwartete Tatsache, dass eine genaue Kenntnis der Verbreitung der Vögel und Insekten uns in den Stand setzen kann, Länder und Kontinente aufzuzeichnen, welche längst vor den frühesten Traditionen der menschlichen Rasse unter dem Ozean verschwunden waren. Wo immer der Geologe die Erdoberfläche zu durchforschen imstande ist, dort kann er in ihrer Geschichte lesen und kann annähernd ihre spätesten Bewegungen über und unter dem Spiegel des Meeres bestimmen; allein wo sich jetzt Ozeane und Seen ausdehnen, da kann er nur Vermutungen hegen anhand sehr sparsamer Daten, welche ihm die Tiefe der Gewässer bieten. Hier kommt ihm der Naturforscher zu Hilfe und setzt ihn in die Lage diese große Lücke in der Erdgeschichte auszufüllen.

      Einer der Hauptzwecke meiner Reisen war es, Klarheit über diese Verhältnisse zugewinnen; und mein Suchen nach dieser Klarheit hatte einen derartigen Erfolg, dass ich imstande bin, mit einiger Wahrscheinlichkeit die früheren Veränderungen, welche einer der interessantesten Teile der Erde erlitten hat, in ihren Umrissen zu zeichnen. Man könnte denken, es wäre passender gewesen, diese Tatsachen und Verallgemeinerungen an das Ende als an den Anfang einer Reisebeschreibung, welche die Tatsachen erst liefert, zu setzen. In einigen Fällen mag das richtig sein, aber es war mir unmöglich, eine Schilderung der Naturgeschichte all der zahlreichen Inseln und Inselgruppen des Archipels zu geben, wie ich sie wünschte, ohne beständige Beziehung auf diese Verallgemeinerungen, welche auch ihr Interesse so sehr erhöhen. Nach dieser allgemeinen Skizze des Gegenstandes werde ich zeigen können, wie dieselben Prinzipien auf die einzelnen Inseln einer Gruppe wie auf den ganzen Archipel angewandt werden können; und auf diese Weise wird meine Schilderung der vielen neuen und merkwürdigen Tiere, welche sie bewohnen, interessanter und lehrreicher werden, als wenn ich nur die nicht miteinander verknüpften Tatsachen gegeben hätte.

      Gegensätze der Rassen – Noch ehe ich zu der Überzeugung gelangt war, dass die östlichen und westlichen Hälften des Archipels zu verschiedenen Haupterdteilen gehörten, fühlte ich mich veranlasst, die Eingeborenen des Archipels unter zwei radikal voneinander verschiedene Rassen zu gruppieren. Hierin wich ich ab von den meisten Ethnologen, welche früher über diesen Gegenstand geschrieben haben; denn es ist der allgemeine Brauch gewesen, Wilhelm von Humboldt und Pritchard zu folgen, indem man alle ozeanischen Rassen als Modifikationen eines Typus betrachtete. Allein bald zeigte mir die Beobachtung,


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