WIE SCHATTEN ÜBER TOTEM LAND. S. Craig Zahler
Blut wärmte sein linkes Hosenbein und ihm wurde übel.
Obwohl Brents Stellung als Cowboy-Vorarbeiter zweimal von ihm verlangt hatte, einen Mann zu erschießen – einen Yankee namens William, der versucht hatte, die Löhne zu stehlen, und einen streitlustigen Säufer mit dem gleichen Namen, dem es nicht gefallen hatte, von einem Mann, der jung genug war, um sein Enkel zu sein, aus einer Reitgruppe entlassen zu werden –, so hatte doch jeder der Burschen eine Pistole gezogen und damit sein eigenes Ende geschrieben. Brent empfand seine Handlungen als vollkommen gerechtfertigt und war nicht von Schuldgefühlen geplagt worden, als er diese Leichen neben dem Viehtrail vergraben und zurückgelassen hatte. Aber die unschuldige Kreatur, die sich in seinen Händen wand, war anders als die Männer namens William oder die Tiere, die Nahrung boten: Der weiße Hund musste sterben, damit er etwas Unrechtes tun konnte.
Zwei finale Krämpfe krümmten das ausblutende Tier und Brents Sicht verschwamm. Das Blut, das sein linkes Hosenbein durchweichte, wurde kalt und klebrig.
Ein Schatten fiel auf ihn und Long Clay, der ebenfalls eine Atemschutzmaske aus Gummi trug, zeigte auf den Boden.
Brent legte den Hund auf die kalten Fliesen.
Der Revolverheld riss ein Streichholz an. Weißes Licht flackerte über die Glaslinsen, die die Augen der maskierten Männer bedeckten, wurde orange und beleuchtete den Raum. Das Arbeitszimmer war groß und mit orientalischen Läufern, spanischen Wandteppichen und glänzenden, europäischen Möbeln ausgestattet, von denen alle den angeblichen Wohlstand des Besitzers zu bestätigen schienen.
Eine schwarze Schlange kroch von der Decke herab. Brent erstarrte.
Einen Moment später realisierte der Cowboy, dass die Schlange in Wirklichkeit Hundeblut war, das an seiner linken Linse hinunter lief, und er wischte es weg.
Long Clay zeigte mit dem Lauf einer schwarzen Pistole auf eine Holztür in der Westwand. Brent nickte zur Bestätigung, dass er bereit war. Der Revolverheld löschte das Streichholz.
Die Eindringlinge schlichen auf die ausgewählte Tür zu. Brent betete, dass sie niemanden würden verletzen müssen.
Long Clay streckte seine rechte Hand aus, umgriff einen verzierten Türknauf und drehte ihn behutsam. Der hochgewachsene Schatten drückte die Tür auf, langsam und vorsichtig, und enthüllte eine senkrechte Linie aus reiner Nacht, die breiter und breiter wurde.
Der Raum jenseits des Arbeitszimmers war vollkommen dunkel.
Während er in den unerforschlich schwarzen Bereich starrte, wurden Brents böse Vorahnungen stärker.
Ein Streichholz flammte in Long Clays rechter Hand auf und offenbarte einen langen Flur, dessen Wände voller Gemälde hingen. Der Revolverheld löschte die flackernde Spitze, tippte auf Brents linke Linse und zeigte auf den Gang auf der anderen Seite des Arbeitszimmers und auf die Verandatür, durch die sie das Haus betreten hatten.
Der Cowboy begriff, dass ihm befohlen wurde, in seiner derzeitigen Position auszuharren und diese beiden Zugangspunkte zu überwachen. Er nickte.
Der Revolverheld wurde vom schwarzen Flur verschluckt.
Allein mit seiner Atmung bewachte Brent das Arbeitszimmer und die Türen, die hinein führten. Der Raum war so leblos wie eine Fotografie und das Haus lag in Stille. An der Wand, die er zuvor nicht genauer betrachtet hatte, hing ein Gemälde, ein Familienporträt. Ihm wurde schwer ums Herz, als er sah, dass ein Junge darauf abgebildet war.
Ein Mann schrie und wurde unvermittelt zum Schweigen gebracht.
Brent zog seine Waffe und sah in den Flur, in den sein Partner verschwunden war, erblickte aber nur Dunkelheit. Der Cowboy war als Gesetzesbrecher gänzlich unerfahren, aber er hatte Geschichten von seinem Vater gehört und wusste es besser, als blindlings in eine Szene zu rennen, besonders, wenn Long Clay der Protagonist war. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Arbeitszimmer.
Eine Gestalt erschien aus dem gegenüberliegenden Flur.
Brent richtete seine Pistole darauf. Auf der anderen Seite seiner Waffe stand der Achtjährige aus dem Portrait, in Schrecken versetzt.
Der Cowboy schob seinen Revolver ins Holster, stürzte vorwärts, schlug dem Jungen eine Hand über den Mund, warf ihn zu Boden und drückte ihm ein Knie in den Bauch. Brent wollte dem Kind sagen, dass er ihm nicht wehtun würde, aber Long Clay hatte darauf bestanden, dass er stumm blieb, sofern die Lage nicht bedrohlich war – jedes englische oder ein einziges, schlecht ausgesprochenes Wort auf Spanisch würde ihn als Gringo zu erkennen geben. Zum Glück für den Cowboy war der auf dem Bauch liegende Junge so verängstigt, dass er sich nicht allzu sehr wehrte.
Am Ende des Flurs, in den Long Clay verschwunden war, blitzte ein weißes Licht auf, gefolgt von einem leisen Knall, den Brent als gedämpften Pistolenschuss erkannte. Dem Cowboy wurde schwer ums Herz.
Der Junge sah nach Westen und entdeckte den getöteten weißen Hund. Seine großen Augen füllten sich mit Tränen und sein Brustkorb unter dem Knie des Cowboys zog sich krampfhaft zusammen. Brent schmeckte bittere Selbstverachtung, hielt den Jungen aber am Boden fest – er wusste, dass alles noch viel schlimmer werden könnte.
Leise Schritte erklangen im dunklen Flur.
Brent hob seinen Revolver. Ein Streichholz flammte dreimal auf und verlosch. Als er das Signal erkannte, senkte der Cowboy seine Waffe.
Long Clay erschien aus dem Flur. In seinen angewinkelten rechten Arm gebettet befand sich eine lackierte Holzkiste.
Sich völlig darüber im Klaren, dass er weder mit dem Revolverhelden argumentieren noch ihn besiegen könnte, hoffte Brent, dass der ehemalige Partner seines Vaters nicht zu der Sorte Mann gehörte, die ein überwältigtes Kind verletzen oder töten würde.
Der Revolverheld legte die Holzkiste auf das Sofa, steckte seine Waffe ins Holster und kniete sich neben den Heranwachsenden. Der Junge zitterte unter Brent, wie es der weiße Hund vier Minuten zuvor getan hatte. Long Clay griff in seine Hemdtasche, zog eine Pflaume heraus und steckte sie dem Jungen in den Mund.
Erleichtert legte der Cowboy ein Taschentuch über die verstopfte Öffnung und band es zu. Die beiden Männer fesselten den Jungen an Händen und Füßen, legten ihn auf einen Orientläufer und rollten ihn auf wie einen Burrito.
Der kleine Teppich atmete.
Long Clay klemmte die Holzkiste unter seinen rechten Arm, trat durch die Glastür und verschwand in der Nacht.
Brent blickte zu dem atmenden Läufer, dem abgeschlachteten Hund und dem dunklen Westflur, an dessen anderem Ende möglicherweise ein unschuldiger Mann ermordet worden war. Gift verpestete das Blut des Cowboys.
Er fluchte leise, eilte durch die Glastür, stahl sich durch die Hintergärten von vier Häusern und betrat ein hohes Wäldchen aus Kreosotbüschen, in dem Long Clay wartete. Die Diebe zogen ihre Gummimasken ab, warfen sie und die Holzkiste in zwei Robbenledersäcke und eilten zu einer angrenzenden, unbefestigten Straße. Brent war ein fitter Mann, aber üblicherweise saß er auf einem Pferd, wenn er sich schnell fortbewegen musste, und seine Oberschenkel und Pobacken brannten, als er sich den langen, schnellen Schritten seines Partners anpasste.
Ein magerer Hund, der wie ein Kojote aussah, kam aus einer Tür und folgte den Dieben unablässig bellend für zwanzig Yards. Long Clay stieß ihm einen Pistolenlauf ins Auge und drückte ab. Seine Schädeldecke dämpfte die Explosion vollständig.
Die Männer verließen den Westrand von Nueva Vida, betraten die dunkelgrauen Badlands und begannen, sich in einem Kreis nach Osten zu bewegen. Während sie über die sandbedeckte Ebene liefen, rieb und klebte Brents blutgetränktes Hosenbein abwechselnd an seiner Haut.
»Warum mussten wir diese merkwürdigen Masken tragen?«, fragte der Cowboy.
»Wär dir ein Halstuch lieber gewesen?«
Brent sah den hochgewachsenen, schlanken Mann an, konnte aber nicht entscheiden, ob die Frage ihn verärgert hatte oder nicht. »Halstücher wären einfacher gewesen.«
»Glaubst du, dass