So Gut Wie Tot. Блейк Пирс
überraschten sie. Jedes Haus besaß entweder Zaun oder Mauer sowie hohe, automatisierte Tore. Cassie war sich nicht sicher, ob die wohlhabenden Hausbesitzer sich um Sicherheit und Privatsphäre sorgten oder ob es in der Gegend ein Kriminalitätsproblem gab. Vermutlich war es das erste.
Während sie mit ihrem kleinen, betagten Fahrzeug durch die Straßen fuhr, entdeckte Cassie einige der Nachbarn, die sie aus ihren glänzenden Sportswägen und dunklen SUVs heraus argwöhnisch betrachteten. Sowohl sie als auch ihr Auto passten nicht in die Gegend und das fiel auf.
Einige Häuserblocks weiter erblickte sie einen Coffee Shop. Sie war zu nervös, um Hunger zu haben, zwang sich aber dazu, ein Cornetto zu essen und eine Flasche Wasser zu trinken.
Da die Frau vermutlich in der Modeindustrie arbeitete und es sich um eine wohlhabende Wohngegend handelte, wollte Cassie unbedingt einen guten Eindruck machen. Sie suchte die Toilette auf, wo sie ihr Haar glättete und sämtliche Krümel des knusprigen, Mascarpone-gefüllten Gebäckteils von ihrem Oberteil entfernte.
Dann fuhr sie zum Haus und parkte genau zwei Minuten vor zwei vor dem verzierten, schmiedeeisernen Tor.
Sie zitterte nervös und wünschte, ihrer Fähigkeit, den Job zu beurteilen, mehr vertrauen zu können. Sie würde eine Kurzschlussentscheidung treffen müssen, obwohl es viele Variablen zu bedenken gab. Was, wenn sie etwas Wichtiges übersah?
Es fühlte sich wie ein großer Vertrauensvorschuss an, nach ihren bisherigen Erfahrungen überhaupt daran zu denken, erneut als Au-Pair zu arbeiten. Wäre sie nicht so entschlossen, um Jacquis Willen in der Gegend zu bleiben, hätte sie niemals in Erwägung gezogen, den Job anzunehmen.
Cassie zwang sich dazu, tief durchzuatmen und ruhig zu bleiben. Dann lehnte sie sich aus dem Autofenster und drückte den Buzzer am Tor.
Nach einem kurzen Augenblick öffnete sich das Tor und sie fuhr die gepflasterte Einfahrt hinauf, die sich durch den Garten schlängelte.
Sie parkte unter einem italienischen Olivenbaum neben einer Dreifachgarage und fühlte sich durch die Tatsache ermutigt, dass keine weiteren Autos zu sehen waren. Hoffentlich bedeutete das, dass sie die erste Anwärterin war, die das Anwesen erreicht hatte.
Cassie ging den Pfad zu einer riesigen Holztür entlang. Sie klingelte und hörte das Geräusch weit entfernt im Haus.
Sie hatte erwartet, von einem Hausmädchen oder einem Assistenten begrüßt zu werden, aber einige Augenblicke später hörte sie das Klackern von High-Heels und die Tür wurde von einer Frau um die vierzig geöffnet. Sie strahlte unmissverständliche Autorität aus.
Sie war mindestens einen halben Kopf größer als Cassie, was aber hauptsächlich an ihrem exquisiten Paar pfauenblauer Lederstiefel und deren hohen, abgerundeten Absätzen lag. Ihr dunkles Haar lag in kunstvollen Wellen auf ihren Schultern. Eine schwere Goldkette glitzerte an ihrem Hals und goldene Kettchen klingelten an ihren Armen, als sie die Tür weit öffnete.
„Buongiorno“, sagte sie. Auch ihre Stimme klang autoritär. „Sie müssen wegen des Au-Pair-Interviews hier sein?“
„Guten Tag. Ja, das bin ich. Mein Name ist Cassie Vale. Ich weiß, ich bin früh. Die Dame, mit der ich gesprochen habe, hat mich auf halb drei bestellt, aber ich hatte Angst, zu spät zu kommen.“
Cassie war sich bewusst, nervös vor sich hinzuplappern, also schloss sie schnell den Mund.
Doch die Frau schien an ihrer Pünktlichkeit Gefallen zu finden. Ihr perfekt geschminkter Mund verzog sich zu einem Lächeln.
„Pünktlichkeit ist Höflichkeit. Ich bestehe darauf – sowohl bei mir selbst als auch bei allen, mit denen ich arbeite. Vielen Dank also für Ihre Verbindlichkeit. Ich bin Ottavia Rossi. Bitte kommen Sie herein.“
Glücklich, bereits einen positiven Eindruck gemacht zu haben, folgte Cassie ihr schüchtern.
Beim Betreten des geräumigen Atriums entdeckte Cassie eine Reihe farbenfroher Kunst- und Dekorstücke. Helle Gemälde, Vasen und leuchtende Teppiche stachen heraus und ließen das Haus wie eine moderne und einladende Kunstgalerie wirken.
Vor ihr führte eine hohe Treppe aus weißem Marmor in die oberen Stockwerke.
Cassies Blick wurde auf das hüfthohe Modell eines hellroten Stiletto-Schuhs gezogen, der sich rechts neben der Treppe auf einem Sockel befand. Das Design des Schuhs war gewagt und auserlesen.
Ms. Rossi lächelte, als sie Cassies Blick sah.
„Das ist unser ‚Nina‘-Modell, das Rossi Shoes damals in den Siebzigern zu internationalem Ruhm verholfen hat. Das Design war seiner Zeit Jahrzehnte voraus. Die Farbe hat die Menschen war schockiert, aber nicht vom Kaufen abgehalten.“
„Er ist wunderschön“, sagte Cassie.
Sie vermutete, dass Ottavia Rossi die Eigentümerin der internationalen Firma war, bei der es sich offensichtlich um ein etabliertes Familienunternehmen handelte, wo es doch bereits in den Siebzigern erfolgreich Schuhe verkauft hatte.
Ms. Rossi führte sie um die Treppe herum und einen Korridor entlang. Cassie reckte den Hals und warf einen kurzen Blick in die Durchgänge, die in eine große, moderne Lounge und eine strahlende Küche führten, wo ein Koch beschäftigt war.
Weiter hinten im Gang befand sich eine geschlossene Tür, die Ms. Rossi öffnete und Cassie hineinbat.
Bei dem eleganten Raum dahinter handelte es sich um ihr Arbeitszimmer. Sie setzte sich hinter den geschwungenen, weißen Tisch und bat Cassie, auf der anderen Seite Platz zu nehmen.
Cassie bemerkte plötzlich, dass sie mit leeren Händen gekommen war. Sie hatte keinen Lebenslauf vorbereitet, ihre Personalien nicht ausgedruckt und weder von ihrem Pass noch von ihrem Führerschein eine Kopie angefertigt. Diese Frau war eine Geschäftsfrau und würde das sicherlich erwarten. Cassie fühlte sich furchtbar, das vergessen zu haben.
„Es tut mir so leid“, begann sie. „Ich bin erst kürzlich in Italien angekommen und habe meinen Lebenslauf noch nicht auf den neuesten Stand gebracht. Diese Gelegenheit kam so unerwartet, dass ich mich sofort auf den Weg gemacht habe, um mehr zu erfahren.“
Zu ihrer Erleichterung nickte Ms. Rossi.
„Das verstehe ich. Ich bin in meiner Jugend selbst viel gereist – Sie müssten Anfang zwanzig sein, nicht wahr?“
Cassie nickte. „Ja. Ich habe meinen Reisepass bei mir, wenn Sie einen Blick darauf werfen möchten.“
„Danke.“
Ms. Rossi nahm den Pass und blätterte kurz durch die Seiten, bevor sie ihn Cassie zurückgab.
„Nun, können Sie mit einen kurzen Umriss Ihrer bisherigen Arbeit geben?“, fragte sie.
Als Cassie das hörte, wurde ihr schlecht. Ihr war klar, dass sie keine Zeugnisse ihrer bisherigen Anstellungen in Europa vorzuweisen hatte. Ihr erster Arbeitgeber war Verdächtiger einer Mordverhandlung und hätte vermutlich nichts Gutes über sie zu sagen – Cassie war sich sogar sicher, dass er versuchen würde, ihr die Schuld in die Schuhe zu schieben und darauf zu bestehen, unrechtmäßig beschuldigt worden zu sein.
Ihr zweiter Arbeitgeber war tot; während Cassies Anstellung ermordet worden. Niemand in dieser Familie würde ihr ein Zeugnis ausstellen. Ihre Situation war nicht nur desaströs, nein, es war eine Katastrophe.
KAPITEL SECHS
Cassie schwieg, ihr Verstand raste. Sie wusste, dass Ms. Rossi auf ihre Antwort wartete und dass ihr Zögern für Fragen sorgen würde. Aber sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte.
Das Wort ‘Mord’ reichte, um jeden potentiellen Arbeitgeber zu verjagen. Die Umstände spielten keine Rolle, sie war das Risiko einfach nicht wert.
Und das nahm Cassie niemandem übel. Sie begann, sich zu fragen, ob sie möglicherweise Pech brachte – oder ob ihre eigenen Entscheidungen diese furchtbaren Vorfälle verursacht hatten.
Ihre einzige Möglichkeit war es, die aktuellen Erfahrungen auszublenden und sich stattdessen auf ihre Arbeit in den Staaten zu konzentrieren.
Sie räusperte sich und begann