68er Student. Torsten Ewert

68er Student - Torsten Ewert


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ihm, wenn die Gelegenheit es ergab, bei Operationen zuzuschauen.

      Vom glattrasierten Schädel wurde die Kopfschwarte gelöst und beiseite geklappt, im Halbmond Löcher in den Schädelknochen gebohrt und die verbliebenen Knochenbrücken mittels eines eingeführten Sägedrahtes durchtrennt, bis der Schädelknochen entfernt werden konnte. Dann erfolgte der Schnitt durch die harte Hirnhaut, ebenfalls zur Seite geklappt und festgenäht, darunter kamen die weichen Hirnhäute mit den sichtbaren Windungen des Gehirnes zum Vorschein, der Sitz des jetzt ausgeschlossenen menschlichen Geistes.

      „Skalpell bitte.” Der operative Eingriff begann. Filigrane, langwierige chirurgische Arbeit.

      Zuletzt Verschluss der Hirnöffnung und den Patienten kommen lassen.

      Auf der Allgemeinstation zählte zu den pflegerischen Aufgaben, das Messen von Puls und Blutdruck, auch das Abfragen der Patienten nach ihrem Schlaf, dem Appetit und ihrer Verdauung. Besonders ältere Menschen waren übergebührlich auf diese Bedürfnisse fixiert. Das Essen war von der Küche vorgegeben, zum Ein- und Durchschlafen halfen Tabletten, auch für die Verdauung. Aber Letzteres verlangte auch immer mal wieder aktives Handeln und dabei kam es darauf an, bei diesem sorgenträchtigem Thema mit der notwendigen Ernsthaftigkeit vorzugehen und aufmunterndes Lachen zu vermeiden, das als sich lustig machen missverstanden werden konnte. Mit Geschick und entsprechender Würde setzte Peter alsbald Klistiere und beherrschte den erlösenden hohen Schwenkeinlauf, wenn alles andere versagte. In Anerkennung seines Bemühens spendierten die von dieser Arbeit entbundenen Schwestern Kaffee und Kuchen und freuten sich über Peters Eifer. Es war ihm ein Bedürfnis, ihnen in diesem Sinne zu beweisen, wie er ihren, mitunter niedrigsten Bedürfnissen nachkommenden, Beruf schätzte.

      Ebenfalls, wenn auch verhalten, ihrer Art entsprechend, aber zunehmend wohlwollender, sprach Schwester Bärbel, von seinem Eifer angetan, ihm Mut zu, bei der Stange zu bleiben und ein guter Arzt zu werden.

      „Du solltest Neurochirurg werden, hast geschickte Hände“, nickte sie anerkennend.

      „Um den Sitz der Seele zu finden, würde ich es machen. Aber ich glaube, das ist mehr die Aufgabe eines Psychiaters.“

      „Egal, auch das traue ich dir zu.“

      Peter staunte, tatsächlich, hier war jemand, der ehrlich von ihm überzeugt zu sein schien, ihn bestätigte, der sich gerne seinen Selbstzweifeln hingab. Er spürte plötzlich eine Verbundenheit mit diesem ansonsten so verschlossenen Wesen, und gegen seinen Willen konnte er nicht anders, als Schwester Bärbel beim Abschied zu umarmen. Das Leuchten in ihrem ansonsten so herben Gesicht machte ihn glücklich.

      Er fühlte sich auf dem richtigen Weg.

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