Strand Krimi Paket: Auch Mörder unter den Freunden - Thriller Sommer 2020. A. F. Morland

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musste aus der Housler Garage geholt werden. Dann wollte ich diesen Mr. Boulanger sehen. Es war zwar erst vier Uhr morgens, aber Bahningenieur Sievers wäre sicher gerne um diese frühe Zeit aufgestanden, wenn er dafür noch leben dürfte. Dass er Vater von vier Kindern war, sei nur am Rande erwähnt, aber uns Männer vom FBI lässt so eine Tatsache nicht so kalt, wie mancher meinen möchte. Das Höchste in der menschlichen Gesellschaft ist nun einmal die Familie.

      Einer der New Yorker FBI-Agenten machte sich auf den Weg zu Boulanger, der im Waldorf-Astoria abgestiegen war.

      Und nun noch ein Anruf bei Larry Blackwell in Shamokin. Tom Higgins saß neben mir, als ich telefonierte, aber das sollte so sein. Er ahnte noch nichts.

      Dann endlich hatte ich Larry an der Strippe. Er wusste nicht sofort, wer ihn aufgescheucht hatte und murrte etwas von unverschämter Störung. Als er hörte, dass ich es war, buk er kleinere Brötchen.

      „Sag mal, Larry“, begann ich, „da habe ich doch gestern angeordnet, dass sämtliche Tankstellen an der Strecke abgeklappert werden sollten. Wie sieht es damit aus?“

      „Gut, dass du davon anfängst, Rex! Da ist eine tolle Schweinerei passiert. Dieser Higgins, dieser Knilch ...“

      „Moment mal, Larry, nur einen Augenblick!“, unterbrach ich und sagte zu Tom: „Drücken Sie mal auf die Sprechanlage, dann hören Sie mit!“ Und zu Larry: „Rede weiter, Larry, aber wiederhole deinen letzten Satz!“

      „Ich sagte: Higgins, dieser miese Geier, hat uns eine Schweinerei verbraten gestern. Er war in der Tankstelle vor Shamokin. Als er hinkam, war einer von den Cops dort, um den Tankwart zu befragen. Higgins stellte sich dazu und hörte sich an, dass der seegrüne Pontiac dort getankt hätte.“

      „Was jetzt kommt, weiß ich. Aber was war mit dem Cop? Warum hat der nichts gemeldet?“, fragte ich.

      Ich hörte Larry schnaufen, dann sagte er: „Weil er dem Higgins vertraut hat! Der behauptete nämlich, er würde zu dir fahren und die Nachricht ausrichten.“

      „Danke, Larry, das war es. Wir sehen uns in etwa fünf Stunden wieder.“

      Ich legte auf und sah Higgins an, der mich schief angrinste.

      „Schöne Späße sind das, Tom! Das gefällt mir ganz und gar nicht.

      „Soll nicht mehr vorkommen, Rex“, beteuerte er aufrichtig.

      Plötzlich summte das Telefon. Einer der Beamten nahm ab, deutete dann aber auf mich, und ich ahnte schon nichts Gutes. Ich übernahm, und der Agent meldete sich, den ich zu Boulanger geschickt hatte.

      „Inspektor, kommen Sie sofort!“ sagte er. „Boulanger hat einen Selbstmordversuch unternommen. Er lebt aber noch. Kommen Sie rasch!“

      6

      Während ich mit Rotlicht und Sirenengeheul zum Waldorf-Astoria jagte, fiel mir etwas siedend heiß ein. Boulanger, Dirigent und Chef des Television-Schau-Orchesters New York, war gleichzeitig der Produzent der Grand Broadway Revue des Jahres. In seiner Revue traten die Risser Girls auf.

      Zur Zeit war die Truppe auf einem Gastspiel in Shenandoah, würde aber morgen schon wieder auf dem Broadway tanzen. Und diese Truppe hatte sich im Zug befunden, im Express 253!

      Mir kam noch eine Erinnerung: Das Plakat, das ich gestern noch gesehen hatte. Ein Plakat hier in New York. Darauf stand unter anderem Boulangers Name als der des Gesamtleiters der Revue. So allmählich kam doch wohl ein Mosaiksteinchen zum anderen.

      Vor dem Waldorf-Astoria durften wir gleich umkehren. Boulanger war im Krankenwagen zum St. Ann’s Hospital gebracht worden, und mein Kollege hatte nur noch auf uns gewartet.

      Als wir zum Krankenhaus jagten, erzählte mir der junge Agent, was passiert war. Demnach hatte Boulanger eine übergroße Dosis Schlaftabletten genommen. Jetzt würde man ihm den Magen auspumpen und Kreislaufinjektionen geben. Nach Ansicht des Ambulanzarztes bestand kein Grund zur Sorge. Der Krankenwagen war früh genug gerufen worden.

      Aber es gab einen Abschiedsbrief Boulangers. Mein Kollege überreichte ihn mir. Ich las:

      „Liebe Josy, lies diesen Brief bitte nicht im Zorn. Ich weiß, ich habe Dich oft betrogen und belogen. Du musstest mir böse sein. Jetzt aber verzeih mir bitte. Ich weiß weder aus noch ein. Du willst nicht mehr mit mir zusammenleben, und ich habe begriffen, dass ich das Wertvollste missbraucht habe, was es für mich gibt: Deine Liebe und Dein Vertrauen. Bitte, Josy, trag es mir nicht länger nach, ich will nicht mehr auf dieser Welt sein. Ich habe heute etwas Schreckliches getan. Aber, weiß Gott, ich wollte es nicht. Ich bin an ein Mädchen geraten, das dabei gewesen ist. Sie erpresst mich. Erst hat sie daraus Kapital geschlagen, dass ich Dich betrog, jetzt wird sie aus meiner schlimmen Tat Geld ziehen wollen. Ich kann keinen Skandal ertragen, und es wird ein Skandal. Ich flehe Dich an, gib diesen Brief niemandem. Und wenn die Polizei ihn sehen will, versichere Dich, dass er nicht an die Presse gerät. Küss den kleinen Jean, ich war ihm ein schlechter Vater. Vielleicht solltest Du ihm seinen Vater nicht ganz so miserabel schildern. Ich habe mich oft bemüht, unter alles einen Strich zu machen und neu anzufangen. Zwischen Dir und mir. Aber es ging immer wieder daneben. Ich war zu schwach.

      Sei geküsst, liebste Josy!

      Dein Rico.“

      Kaum hatte ich den Brief durchgelesen, tippte ich dem Fahrer auf die Schulter. „Bitte anhalten! Bringen Sie meinen Kollegen zum Hospital. Und Sie, Derrick“, wandte ich mich an den jungen Agenten, „bleiben in Boulangers Nähe. Ich brauche jetzt nicht hin, er wird sowieso noch nicht okay sein.“

      Ich stieg aus. Kurz darauf hatte ich ein Taxi und ließ mich zum Hauptquartier der Polizei in der Centre Street fahren.

      Aber unterwegs kam etwas dazwischen …

      7

      Wir waren schon in der Centre Street, gar nicht mehr weit vom Polizei-Hauptquartier entfernt, als der Taxifahrer stoppen musste. Ein Stück vor uns rangierte ein Lastwagen in eine Einfahrt und blockierte den Verkehr.

      Ich spürte, wie ich müde wurde, gerade jetzt, als es hell zu werden begann. Die Sonne ließ den noch regennassen Asphalt glänzen, und genau diese grellen Reflexe waren für meine Augen das, was ihnen noch gefehlt hatte. Die Luft im Taxi konnte man auch in Stücke schneiden. Ich drehte das Fenster auf und sah müde nach vorn, wo der Lastwagen zum soundsovielten Male dazu ansetzte, in die winzige Einfahrt hineinzukommen.

      Plötzlich sah ich einen Wagen, der sich dicht rechts an dem Taxi vorbeischob, frech und dreist ein Stück Fußweg als Fahrbahn benutzte und dann von da aus in eine Parklücke stieß, wo er anhielt.

      „Haben Sie diesen Akrobaten gesehen?“, rief der Taxifahrer empört über die Schulter zurück. „Solche Heinis sollten abgeschossen werden!“

      Seine Empörung war echt, und mein Erstaunen auch, als ich sah, wer aus dem Cabriolet stieg. Das war doch die Collins! Sie und Higgins. Er war es auch, der so gekonnt in die Parklücke gefahren war.

      Ich sprang wie elektrisiert auf. „Was macht es?“, fragte ich den Taxifahrer.

      Er blickte mich erstaunt an. „Es geht ja gleich weiter, Sir. Aber wenn Sie unbedingt wollen, können Sie auch die paar Schritte zu Fuß ...“

      „Wie viel? Ich hab’s eilig!“

      Higgins und die Collins verschwanden gerade in einem Eingang neben einem noch verschlossenen Selbstbedienungsrestaurant, einer Cafeteria.

      Ich bezahlte den Taxifahrer, und als ich ausstieg, murmelte er etwas von Verrückten, die einfach nicht aussterben. Vielleicht hatte er etwas gegen die Menschheit allgemein.

      Dieser Higgins, dachte ich, als ich über die Straße lief, er gibt einem noch zusätzliche Rätsel auf. Schon die Tatsache, dass er die Collins auf seine eigene Art eingeseift hatte, missfiel mir. Es waren Methoden von Hinterhof-Privatdetektiven.

      Das Haus hatte siebzehn


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