Kates Abenteuer in Portici. Sandra Goldoni

Kates Abenteuer in Portici - Sandra Goldoni


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habt?«

      »Gerne«, sagte Will, der ihm ebenfalls seine Hand reichte.

      Riccardo packte kräftig zu, schüttelte ihm die Hand und wandte sich dann wieder seiner Mutter zu.

      »Es gibt derzeit eine hohe vulkanische Aktivität. Sie zeigt deutliche Übereinstimmungen mit dem Jahr neunundsiebzig.«

      »Damals gab es doch noch gar keine Aufzeichnungen«, brummte Hurley.

      »Wieso? Was war den neunundsiebzig?«, wollte Sharon wissen.

      Riccardo hob sachlich seinen Zeigefinger und erklärte ihr: »In diesem Jahr war der historische Ausbruch, der die Städte Pompeji und Herculaneum unter einer dicken Schicht aus Asche und Stein begrub.«

      »Ach. Ich dachte, ihr redet von dem Jahr neunzehnhundert und neunundsiebzig«, sagte Sharon. Alarmiert sah sie zu Riccardo auf. »Und ihr seid der Meinung, dass erneut solch ein Ausbruch stattfinden könnte? Aber, aber, …, dann wären wir doch alle in Gefahr?«

      »Vergiss es«, brummte Hurley. »Das war vor ein paar Jahren schon einmal so. Da haben sie mehrere Tausend Menschen evakuiert. Dabei war es nur ein Fehlalarm. Das wird jetzt nichts anderes sein und außerdem evakuieren sie nicht einmal.« Er sah mit zusammengekniffenen Augen zu seinem Onkel auf. »Verschrecke mir meine Gäste nicht, Riccardo!«

      »In Ischia war vor kurzem ein Erdbeben«, erinnerte Riccardo seinen Neffen. »Das hängt alles miteinander zusammen.«

      »Was sagt denn die Behörde dazu?«, wollte Aurora wissen.

      Riccardo wandte sich ihr zu.

      »Seit dem Jahr zweitausendzwölf haben wir die Warnstufe gelb. Erhöhte Wachsamkeit. Aber die Kurve der gemessenen Aktivitäten steigt stetig nach oben. Die Erde wölbt sich.«

      »Und was passiert, wenn die Warnstufe auf rot springt?«, wollte Rooie wissen.

      »Der Notfallplan sieht eine Evakuierung der Roten Zone vor«, erklärte ihm Riccardo. »Allerdings bezweifeln Experten, dass sechzehntausend Polizisten es schaffen werden, täglich achtzigtausend Menschen aus diesem Gebiet mit Autos, Bussen und Schiffen zu evakuieren. Vergesst nicht, dass diese Metropolregion inzwischen über viereinhalb Millionen Einwohner hat. Das ist eine ganz schöne Menge, die man da zu evakuieren hätte.«

      »Oh, aber doch nicht ausgerechnet jetzt?«, seufzte Kate.

      Hurley funkelte seinen Onkel gefährlich an.

      »Was soll das, Riccardo?«

      »Es ist Realität, Hurley. Das Problem ist, dass man die Eruptionen nicht vorhersagen kann. Es könnte nichts passieren, aber wir sollten immer damit rechnen.«

      Er nickte ihnen noch einmal aufmunternd zu, dann ging er wieder auf seinen Platz zurück.

      »Das hört sich aber gar nicht gut an«, murmelte Kate. Sie sah über Neapel hinweg zu den Feldern, die ihr Aurora gezeigt hatte. Dampf konnte sie von hieraus nicht erkennen. Alles was sie sah, war ein karges flaches Landstück.

      Will nahm sich noch ein Stück von der Apfel-Tiramisu-Torte, dann wandte er sich noch einmal Hurley zu.

      »Ist es nicht gefährlich, wenn Touristen dort herumlaufen?«, erkundigte er sich.

      »Wenn es unsicher wäre, dürften die Menschen und auch die Häuser nicht so nah bei den Feldern stehen«, antwortete ihm Hurley schulterzuckend. »Vergesst diese Felder, reden wir lieber über unsere Hochzeit.«

      Weil Sharon noch ein paar Änderungen vornehmen wollte, was die Musik und die Getränke bei der abendlichen Feier anging und Kate noch mehr von der Kirche wissen wollte, vergingen die Stunden nun wie im Flug.

      Gegen sieben Uhr wurde ihnen noch einmal üppig aufgetischt. Riccardo ließ es sich nicht nehmen auf einem gewaltigen Schwenkgrill diverse Fische zu grillen.

      »Du musst ihn noch mit etwas Zitrone beträufeln, dann schmeckt er, zu dem Wein, den Aurora euch servieren lässt ausgezeichnet«, erklärte er Kate, wobei er ihr ein Stück Thunfisch auf ihren Teller lud. Will ließ sich eine Makrele geben während sich Hurley und Sharon für Lachs entschieden. Nach dem Essen gesellten sie sich an ein paar Stehtische, die zwischen dem gemauerten Pavillon und den Olivenbäumen standen. Rund um das Haus leuchteten bunte Lampions und leise, im Hintergrund konnte Kate italienische Musik klingen hören.

      »Es ist einfach traumhaft hier«, sagte sie, wobei sie über das weite Land zum Meer hinübersah und den Sonnenuntergang beobachtete.

      »Es könnte keinen schöneren Ort geben, um sich das Jawort zu geben«, bestätigte sie Will.

      Etienne und Jon kamen jetzt auch zu ihnen an den Tisch.

      »Habt ihr Riccardo gehört?«, wollte Jon wissen.

      Will stellte sein Weinglas ab und nickte.

      »Ja. Aber Hurley meint, dass es schon öfter falsche Meldungen gegeben hat und wir nicht weiter darüber nachdenken sollen.«

      »Das ist rischtig«, sagte Etienne. »Außerdem sind wir nur über das Wochenende ’ier. Da wird schon nischt’s passieren.«

      Kate war erleichtert, dass auch Etienne so dachte.

      Lautes Kindergekicher lenkte sie ab.

      Rechts von sich, konnte sie Hurley sehen, der Derek und Jojo auf der Wiese nachrannte und Fangen mit den Kindern spielte. Jojo lachte schallend auf, als Hurley stolperte und schlitternd im Gras landete.

      Kate beugte sich etwas zu Despina hinüber, die am Nebentisch mit Allen, Aurora und Granny stand.

      »Die Kinder haben anscheinend ihren Spaß hier«, sagte sie.

      »Oh ja«, sagte Despina. »Aber nicht mehr lange. Ich werde sie in einer halben Stunde ins Bett schicken. Dann haben wir auch endlich Feierabend.«

       Jack

      Nachdem Despina ihre Kinder ins Bett gebracht hatte, stellten sie die Musik ein klein wenig lauter und tanzten ausgelassen auf der Wiese. Dabei unterhielten sie sich über die kommenden drei Tage und waren gegen vier Uhr schließlich so müde, dass sie einer nach dem anderen in ihren Ferienunterkünften verschwanden. Kate dachte im Bett noch ein wenig über Riccardos Worte nach, dann, als Will plötzlich neben ihr ein lautes schnarchendes Geräusch von sich gab, spürte sie den Boden vibrieren, so, wie wenn ein Lastwagen an dem Haus vorbeifahren würde. Sie setzte sich rasch auf und wandte ihren Blick zum Fenster hinaus. Draußen sah alles friedlich aus. Sie stand auf, ging leise in die Küche und schenkte sich ein Glas Wasser ein. Beim Trinken, wackelte der Boden erneut. Weil sie noch nie ein Erdbeben erlebt hatte, wusste sie nicht, ob das gerade eins gewesen war. Rasch stellte sie das Glas wieder ab, rannte zur Tür, öffnete sie und sah hinaus.

      Es war noch dunkel. In der Ferne konnte sie nur ein paar Grillen zirpen hören, ansonsten war alles still. Ihre Freunde schliefen sicher alle tief und fest.

      Ihr Blick wanderte den Hang des Vesuvs hinauf.

      Alles war ruhig und friedlich.

      Jetzt fielen ihr wieder diese Felder ein, doch um sie sehen zu können, musste sie auf die andere Seite des Gebäudes gehen. Sie ging wieder hinein, durchquerte den Raum und öffnete die Terrassentür. Als sie draußen stand, bemerkte sie Etienne, zwei Wohnungen weiter. Er sah ebenfalls über Neapel hinweg.

      »Etienne?«, hauchte Kate.

      Er wandte sich zu ihr um.

      »Kate?« Neugierig lief er über die Wiese an Despina und Allens Terrasse vorbei, auf sie zu. »Kannst du nischt schlafen?«

      »Ich dachte, die Erde hätte kurz gebebt. Aber vielleicht bilde ich mir das nur ein. Riccardo hat mich mit seiner Geschichte ganz durcheinander gemacht.«

      »Isch weiß. Er ’at uns erzählt, wie es damals war und was passieren kann, wenn so ein Vulkan ausbrischt. Und der Boden ’at tatsäschlisch gewackelt, Kate.«

      »Du hast es auch gespürt?«

      »Ja.


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