Abenteuertour Afrika. Walter Odermatt
bekommt? Tausende von Milliarden US-Dollar wurden schon in die Entwicklungshilfe gesteckt und was hat es gebracht? Nichts als eine Abhängigkeit von diesem direkten und indirekten Geldsegen. Entwicklungshilfe ist ein riesiger Industriezweig. Die Profiteure sind mehrheitlich die westlichen Staaten und Afrika ist der Verlierer. Jeder, der lange in Afrika gelebt hat, auch die schwarze Bevölkerung, wird dies bestätigen. Afrika muss versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen. Aber zu diesem Thema wurde schon viel geschrieben und wird noch viel geschrieben. Die Interessen sind einfach zu verschieden.
Heute wollen wir Lesotho bei Sehlebathebe verlassen. Die Piste wird immer schlechter, bis sie nur noch aus einem Eselspfad besteht. Schon seit Stunden ist uns kein Fahrzeug mehr entgegengekommen. – Ein schlechtes Omen. In einer Kurve fahre ich über eine Bodenwelle und anschließend in eine vom Wasser ausgewaschene Rinne. Das Vorderrad steht 60 Zentimeter in der Höhe und unser Suri scheint zu kippen. Vorsichtig steigen wir kreidebleich aus dem schwankenden Fahrzeug. Mit Steinen versuchen wir, die Schräglage zu stabilisieren und die Furche mit Erde aufzufüllen. Anschließend fahre ich vorsichtig aus dieser misslichen Situation.
Es ist noch einmal gut gegangen. Nur mit knapper Not konnten wir ein Überschlagen verhindern. Das ist ein Zeichen; wir kehren um. Einen Tag lang fahren wir die gleiche, holprige Strecke zurück und atmen auf, als wir den ersehnten Asphalt erreicht haben.
Wird das Café Foto Albert bald vom Reisevirus geführt?
Wir ziehen weiter Richtung Westen und schon bald erspähen wir unser nächstes Ziel, den Mountain Zebra National Park. Dieses Schutzgebiet hat sich zur Aufgabe gemacht, vom Aussterben bedrohte Bergzebras das Überleben zu sichern. Das Tier hat eine kürzere Mähne als das normale Zebra und ein schmaleres Streifenmuster. Es wurde in der Vergangenheit stark gejagt und fast ausgerottet.
Auf der Rundstrecke können wir genüsslich die Zebras sowie Pferdeantilopen, Strauße und Springböcke beim Grasen und Spielen beobachten. Anschließend waschen wir uns den Staub im nahe gelegenen Swimmingpool von unseren Körpern. Diesen Pool hätten wir gerne mit den hier ansässigen Pavianen geteilt, die aber, als sie uns erblicken, fluchtartig den Pool verlassen und das Weite suchen.
Das Valley of Desolation ist alles andere als trostlos. Auf einer Wanderung hat man eine wunderbare Aussicht auf die bizarren Felsformationen und einen atemberaubenden Blick über die Weite der Karoo, eine Wüstenlandschaft, in der nur wenige Büsche und Sträucher gedeihen.
Eine schöne Stimmung herrscht auch in Graaff Reinet, das wir nach einsamen Straßenkilometern erreichen. Schmucke weiße oder bunt bemalte Häuschen, umgeben von üppigem Grün, veredeln die gepflegten Straßenzüge. Und neben all dem Fast Food und Instantkaffee gibt es wieder ein richtiges Dessert im schönen Café Polka & Bakery. Wir genießen Kaffee und Kuchen, so wie es sich für ein altes Bäckerehepaar gehört. Die Stadt ist wie eine Oase, eine kulinarische Oase in der staubigen Wüste der Karoo.
Prince Albert liegt am südlichen Ende der großen Karoo, direkt an den schroffen Swartberg Mountains. Es sind in erster Linie nicht die schmucken Kap-holländischen und viktorianischen Häuser, die uns in dieses kleine Städtchen ziehen, nein, wir haben uns hier mit einem ausgewanderten Schweizer Ehepaar verabredet. Sabine und Stephan haben vor fünf Jahren die Zelte in der Schweiz abgebrochen und sich am Rande der Wüste eine neue Existenz aufgebaut. Stephan betreibt ein Fotostudio, wogegen sich Sabine ganz dem Aufbau und Betrieb des Restaurants Café Foto Albert widmet. Spontan laden sie uns zu sich nach Hause ein und es wird ein langer und interessanter Abend. Zum Schluss verbleiben wir so, dass wir voraussichtlich Ende des Jahres für vier Wochen ihr Café führen werden. In dieser Zeit wollen sie eine längere Auszeit in der Schweiz einplanen und endlich mal wieder Weihnachten mit ihren Kindern verbringen.
Am nächsten Tag fahren wir über eine schmale unbefestigte Straße über den Swartberg-Pass. Immer wieder haben wir tolle Ausblicke auf die rot in der Abendsonne leuchtenden Sandsteinfelsen. Diese Bergkette trennt die kleine Karoo von der großen im Norden.
Nicht weit entfernt liegt Südafrikas bedeutendste Höhle, die Cango Caves. Die Standard-Führungstour erschließt nur den vordersten Teil der 1,6 Kilometer langen Höhle, daher entscheiden wir uns für den Adventure Trail. Wir denken, allzu schlimm wird es sicher nicht, doch wir irren uns!
Unsere kleine Gruppe startet schon bald zum Dom, einer 100 Meter langen Eingangshalle. Es ist mucksmäuschenstill, als die Höhlenführerin das Ave Maria singt. – Die Akustik ist fantastisch. Der zweite Raum, etwas kleiner, ist voll von kolossalen Stalagmiten und Stalaktiten. Riesige Orgelpfeifen aus Jahrtausende altem Kalk hängen von den Decken.
Doch nun wir es abenteuerlich. Schon beim ersten Hindernis kneifen zwei aus unserer Gruppe; sie trauen sich nicht durch den Kamin des Teufels – eine horizontale enge Röhre von fünf Metern Länge muss durchkrochen werden. Als unsere Führerin sagt: »Erst kürzlich ist eine Touristin neun Stunden hier steckengeblieben«, wird uns allen etwas bange. Behutsam nehmen wir die Aufgabe an und kriechen ohne Halt durch den glitschigen Tunnel. Doch kaum sind wir durch, müssen weitere enge Spalten und niedrige Durchbrüche gemeistert werden. Kopf voran schieben wir uns durch den Schlitz des 30 Zentimeter hohen Briefkastens, der seinem Namen alle Ehren macht. Am Schluss sind wir uns alle einig: Diese Tour hatte es in sich.
Auf der weiteren Strecke zieren unzählige Straußenfarmen die Landschaft. Wir befinden uns in Oudtshoorn, dem Zentrum der südafrikanischen Straußenzucht. Wir verzichten auf eine Besichtigungstour, kaufen uns aber ein Langhals-Steak, das wir am Abend genüsslich auf dem südafrikanischen Braii grillen. – Genüsslich ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck: Das Wetter hat umgeschlagen. Kaum ist die Kohle am Glühen, fängt es an zu regnen. Mit dem Schirm versuche ich, das Straußensteak und die Maiskolben vor dem Regen zu schützen, doch der Schirm ist nicht groß genug, dass auch ich noch Platz darunter hätte. Mit der einen Hand halte ich den Schirm und mit der andern das Bier. Das Ganze hat auch seine Vorteile: Egal wie oft man aus der Dose trink, es ist immer gleichviel drin.
Wer das Meer liebt, findet an den endlosen Sandstränden von Plettenberg Bay sein Paradies, doch diese Gegend hat für uns keine Seele. Endlose Ferienhäuser und B & Bs kleben an den Hängen mit Sicht auf das Meer, doch die meisten haben nur den Blick auf den eigenen Stacheldraht und die hohe Mauer. Es herrscht eine immerwährende Angst vor der ausufernden Kriminalität.
Ein weißes Mercedes-Cabriolet hält neben unserem Suri und die Dame mit der weißen Sonnenbrille fragt in Schweizerdeutsch: »Seid ihr die ganze Strecke von der Schweiz bis hierher gefahren?«
In letzter Zeit passiert uns das öfter. Speziell an der Gardenroute gibt es viele ausgewanderte Europäer oder solche, die ferienhalber mit dem Mietwagen unterwegs sind. Ohne Auto werden wir kaum beachtet, doch halten wir irgendwo mit unserem abenteuerlich aussehenden Fahrzeug, werden wir angesprochen und über die Reise ausgefragt. Der Suri ist eindeutig unser Türöffner.
Der Name der Dame ist Janneke und sie lädt uns zu sich nach Hause ein. Sie haben eine wundervolle Villa auf Thesen Island, direkt an der Lagune. Max, ihr Mann ist ursprünglich aus Uri und als Willkommensgruß flattert die Urner Fahne mit dem Uri-Stier vor ihrem Haus. Die beiden haben fast ihr ganzes Leben in Pretoria verbracht und sind nach der Pensionierung nach Knysna gezogen.
»Wisst ihr«, meint Max, »so wie wir machen es die meisten. Rund um Johannesburg spielt das Big Business, aber um das Leben genießen zu können, ist es der falsche Ort. Die Gardenroute hat eines der besten Klimas der Welt. Hier ist die Kriminalität kleiner, es gibt viele Sportmöglichkeiten und auch das kulturelle Leben kommt nicht zu kurz.«
Liebe Janneke, lieber Max, vielen Dank für eure Gastfreundschaft. Es ist immer wieder interessant, für eine kurze Zeit in das Leben von Auswanderern zu blicken.
Anschließend an Mossel Bay fahren wir zum südlichsten Punkt Afrikas. Auf dem Weg dorthin durchqueren wir charmante Städtchen wie Witsand und Struisbaay, die ein Easy-living-Ambiente verbreiten, spektakuläre Ausblicke auf den Indischen Ozean und wilde Küstenszenerien inklusive.
Über die Seidenstraße zum südlichsten Punkt Afrikas
Gewiss, es gibt kürzere Routen zum