Der Mann, der nicht verlieren kann. Rick Reilly

Der Mann, der nicht verlieren kann - Rick  Reilly


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glatt ausmanövriert worden war, obwohl er acht der 14 besten Spieler der Welt in seinem Team hatte (Europa hatte nur einen einzigen), nahm ich Kite ein wenig auf die Schippe. Er zockelte zusammen mit Bush und Michael Jordan in seinem Viersitzergolfwagen gemächlich über den Platz, während Seve in einer Art Turbogolfschlitten von Maserati von einem Ende des Platzes zum anderen zischte, an jedem Loch aufzutauchen schien, Anweisungen auf Spanisch rief und den Spielern sagte, welche Grüns während der Runde gemäht worden waren, und ansonsten Kite ständig umkreiste. Europa gewann mit 14,5 zu 13,5. In der Woche darauf schickte Bush einen von Hand getippten Brief an Sports Illustrated:

      War Rick Reilly überhaupt da? Hat er nicht gespürt, wie am Sonntag das Comeback förmlich in der Luft lag? … Tom Kite und die US-Spieler haben es nicht verdient, von Reilly auf diese zynische, hinterlistige Weise herabgesetzt zu werden.

      Ein Fan von Amerika, ein Fan von Tom Kite,

      G.B.

      Ja, ich war da. Ich kauerte sogar bestimmt ein halbes Dutzend Mal an dem Tag ganz in der Nähe von Bush. Offenbar habe ich keinen großen Eindruck hinterlassen.

      Bob Hope sagte einmal: »Ich habe immer gerne mit Präsidenten Golf gespielt. Das einzige Problem sind die ganzen Typen vom Secret Service, die da um dich herumstehen. Du hast kaum eine Chance zu bescheißen.« Hope hätte bei einer Runde mit Bill Clinton ganz bestimmt seinen Spaß gehabt.

      Als ich 1995 im Congressional Country Club für eine Story mit Clinton spielen konnte, benutzte er sogar den Secret Service, um zu schummeln. Er genehmigte sich zwar keine Mulligans, nein, er erlaubte sich das, was die Presse anschließend »Billigans« taufte. Er spielte seinen ersten Schlag und erzählte jedem, er würde den Ball dann auch weiterspielen. Aber dann nahm er sich drei, vier oder sogar fünf Übungsschläge vom gleichen Punkt aus – das sind Billigans. (Komplett gegen die Regeln, ganz nebenbei.) Bei so vielen Bällen auf der Bahn sah es dort natürlich irgendwann aus wie beim Eiersuchen am Ostersonntag. Kein Mensch konnte sagen, welcher nun der erste Ball war. Aber zum Glück gab es den Secret Service, der wusste ja sowieso immer alles: immer der, der am nächsten zur Fahne liegt. Welcher Agent möchte schließlich nicht irgendwann Botschafter in Schweden werden?

      Clinton schien sich nicht die Spur für die vier Typen von der SWAT-Spezialeinheit in den Bäumen oder die sechs Agenten, die uns begleiteten, einer wie der andere unter der Sportjacke schwer bewaffnet, zu interessieren. Überdies waren uns 13 Golfwägelchen auf den Fersen, in einem davon das Rote Telefon, in einem der Assistent des Stabschefs, ein weiterer gebührte dem Protokollchef. Ich weiß nicht, was besagter Protokollchef von dem gehalten hätte, was mir Clinton beim Vorbeidefilieren an einem Balkon voller winkender Zuschauer sagte. Mit der rechten Hand winkte er zurück, mit dem linken Ellbogen versetzte er mir einen kleinen Stoß in die Rippen.

      »Was ist?«, raunte ich verstohlen.

      »Sehen Sie die Blonde da links?«

      »Ja, und?«

      »Die hat mir gerade zugezwinkert.«

      Ich hätte fast gesagt: »Sie wissen aber schon, dass ich von der Presse bin, oder?«

      Wie Trump war auch Clinton ein sehr unterhaltsamer Golfpartner. Im Gegensatz zu Trump konnte ihm die Runde gar nicht lange genug dauern. Eine Runde über sechs Stunden war das reinste Paradies für Clinton: mehr Zigarren, mehr Lachen, weniger Bosnien. Er nahm dich auf den Arm, haute dir auf den Rücken, lobte dich und manchmal alles zusammen innerhalb eines einzigen Par 3. Er redete über die erstaunlichsten Dinge, solange sie mit Golf zu tun hatten. »Gefällt Ihnen dieser neue Bubble-Schaft?«, fragte er mich. (Ich hatte noch nicht mal bemerkt, dass ich mit einem solchen Gerät spielte.) Er hatte einen komplizierten Schwung, den kein Mensch jemals nachmachen könnte – er bewegte sich hierhin und dorthin, nach oben, nach unten, nach links, nach rechts. Im Moment des Schlags hüpfte er auf den Fußballen wie Andre Agassi bei der Vorhand, und so erzeugte er einen Slice mit jeder Menge Schnitt. Dies plus die 24 Schläger, die er in seiner Golftasche hatte (erlaubt sind 14), plus die Jagd nach all den versprengten Billigans war für seinen Caddy, einen 70-jährigen schwarzen Gentleman, irgendwann schlicht zu viel.

      »Stellen Sie sich nicht immer auf die Zehenspitzen!«, blaffte er irgendwann. »Sie sind doch verdammt noch mal keine Ballerina!«

      Dem Protokollchef fiel die Kinnlade herunter. Den Agenten des Secret Service stellten sich die Nackenhaare auf. Eine kurze, peinliche Pause. Dann sagte Clinton bloß: »Stimmt, sollte ich lieber lassen.« Bei den ganzen Billigans und den sonstigen Spinnereien war schwer zu sagen, was für eine Runde er gespielt hatte, aber auf seiner Scorekarte stand eine 82. Später meinte er zu mir, das wäre die beste Runde seines Lebens gewesen.

      (Kurze Story über Trump und die Clintons: Einmal brachte Hillary ihren Bruder, Hugh Rodham, mit nach Winged Foot, obwohl beide dort keine Mitglieder sind. Rodham erschien in Shorts – ein absolutes No-Go in Winged Foot. Lange Hosen sind Pflicht, Punkt. Für Hugh Rodham, einen Mann von beachtlicher Körperfülle, war im Pro-Shop keine Hose in seiner Größe aufzutreiben. Der Hausdiener sagte zu einem Caddy: »Besorgen Sie Mr. Rodham ein paar Regenhosen zum Drüberziehen.« Der Caddy überlegte, wer in etwa Rodhams Größe haben könnte, ging zum Schrank von Trump, schnappte sich dessen Regenhose und eilte wieder hinaus. Rodham spielte in Trumps Regenhose. Als Trump von der Geschichte erfuhr, rastete er komplett aus. Er sorgte dafür, dass ihm Winged Foot eine komplett neue Regenausrüstung anschaffte. Clintons Läuse!)

      Der größte Tag für Freunde des präsidialen Golfvergnügens war der 15. Februar 1995, der einzige Tag, an dem jemals drei Präsidenten in einem Flight zusammenspielten. Die Rede ist vom Bob Hope Desert Classic mit dem amtierenden Präsidenten Clinton, Bush senior und Ford; den Vierten in der illustren Runde gab Bob Hope höchstpersönlich. Es war ein einzigartiger Moment. Ich male mir immer aus, wie Hope irgendwann sagt: »Sie sind mit dem Abschlag dran, Mister President«, und die drei krachen mit den Köpfen zusammen, weil sie gleichzeitig versuchen, den Ball aufs Tee zu setzen.

      Bush spielte eine 93, Clinton 95 und Ford 103. Und wir wissen, dass diese Scores echt sind. Das Ganze wurde auf NBC übertragen. Bush war allerdings eine Gefahr für die Zuschauer. Beim ersten Loch prallte sein Ball von einem Baum ab und traf eine ältere Dame auf die Nase, ihre Brille ging zu Bruch, das Gesicht war voller Blutspritzer. Am 14. Loch traf er einen Zuschauer mit dem Ball am Bein. Seine Gattin Barbara meinte nur noch kopfschüttelnd: »Als ob wir nicht schon genug Gewalt im Fernsehen hätten.«

      George W. Bush war ein recht ordentlicher Golfer – etwa Handicap 15 –, aber er hörte 2003 mit dem Golfen auf, und zwar aus »Solidarität« mit den Soldaten im Irakkrieg. Nein wirklich, ganz im Ernst. Was bräuchte es wohl, damit Trump mit dem Spielen aufhört? Einen nuklearen Winter?

      »Die Bushs schummeln nicht«, behauptet Crenshaw standhaft. »Bush junior geht zum ersten Abschlag und sagt dir: ›Sieh dir den Ball hier an, den werde ich heute kein einziges Mal versetzen. Ich spiele ehrlich, vom ersten bis zum letzten Schlag.‹ Und er hält sich daran.«

      Crenshaw war mit Bush junior irgendwann so gut befreundet, dass George W. ihn einmal sogar zum Übernachten ins Weiße Haus einlud. Crenshaw spielte da gerade das Kemper Open auf der PGA Tour unweit von Washington. Nach der ersten Runde jedoch schaffte es Crenshaw mit seinem bekannt katastrophalen Orientierungssinn, sich auf dem Weg zum Weißen Haus zu verfahren. Irgendwann stand er auf dem Highway am Straßenrand und kämpfte mit der Straßenkarte. Ein Polizist blieb stehen und fragte ihn, wo es denn hingehe.

      »Tja, hm, das glauben Sie mir ja sowieso nicht«, stammelte Crenshaw, puterrot im Gesicht. »Ich logiere heute im Weißen Haus.«

      Als der Cop sich von seinem Lachanfall erholt hatte, eskortierte er ihn persönlich ans Ziel.

      Barack Obama liebte Golf und spielte besonders gerne mit – Achtung, anschnallen: – Sportjournalisten. Ganz im Ernst. Er spielte Dutzende Male mit Michael Wilbon und Tony Kornheiser, den Moderatoren der ESPN-Show Pardon the Interruption. Obama ist ein absoluter Sportverrückter, deshalb passte das einfach perfekt. Ich weiß das, weil er einmal mein Partner im Fantasy Football (vergleichbar den in Europa beliebten interaktiven Fußballmanagerspielen, Anm.d.Ü.) für eine ESPN-Kolumne war. Er hatte viel mehr


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