Krimi Paket 10 Thriller: Mord ist kein Vergnügen. Pete Hackett
„Ja. Lesen Sie denn keine Zeitungen?“
„Doch, schon, aber von Nicks Tod ist mir nichts zu Ohren gekommen. Natürlich habe ich mich gewundert, dass er sich nicht mehr gemeldet hat. Ich wollte ihn schon selbst mal anläuten, er wohnt, wohnte im ,Roosevelt', aber irgendwie bin ich davon wieder abgekommen. Offen gestanden war unsere kleine Affäre sehr einseitig. Schon das Wort Affäre ist dafür eigentlich um ein paar Nummern zu groß. Er hat sich in einem Restaurant zu mir an den Tisch gesetzt, wir sind ins Gespräch gekommen, und als wir uns verabschiedeten, bat er mich um meine Telefonnummer. Ich habe sie ihm gegeben, weil er einen netten, höflichen Eindruck machte, und weil es mir gefiel, wie er zu plaudern verstand. Er war noch einer von der alten Schule, wissen Sie. Richtig galant. So etwas gefällt einer Frau.“
„Aber klar“, sagte Bount. „Wie ging es weiter?“
„Er rief mich an, lud mich zum Essen ein. Von da an sahen wir uns ziemlich regelmäßig ... mindestens zweimal in der Woche. Er war mal bei mir, und ich habe ihn einige Male im Hotel besucht. Ich glaube, er war in mich verliebt. Als ich das merkte, ging ich zu ihm auf Distanz. Schließlich hätte er fast mein Vater sein können ... er war 43, glaube ich.“
„Sie wissen es nicht genau?“
„Doch, 43. Ich habe ihn mal nach seinem Alter gefragt, und da hat er es mir genannt.“
„Was trieb er in New York?“
„Das habe ich auch von ihm wissen wollen. Er war in manchen seiner Antworten nicht sehr präzise. Manchmal drängte sich mir sogar der Verdacht auf, dass er etwas zu verheimlichen hatte. Wenn es stimmte, was er mir sagte, dann hatte er eine größere Erbschaft gemacht und war damit beschäftigt, sein Geld möglichst nutzbringend anzulegen. Ich habe ihn immer nur mit voller Brieftasche angetroffen. Ich habe ihm gesagt, wie leichtsinnig es sei, anderen Leuten zu zeigen, was er besaß, aber darüber hat er nur gelacht. Sein Tod beweist, dass er gut beraten gewesen wäre, meine Warnungen etwas ernster zu nehmen.“
„Sie glauben, dass es Raubmord war?“
„Ich glaube gar nichts, aber mir fällt auf Anhieb kein anderes Motiv ein. Der arme Nick. Er war so sympathisch“, seufzte sie.
„War er mit Carr befreundet?“
„Das halte ich für ausgeschlossen. Wie kommen Sie darauf?“, fragte Jill. „Beide starben an demselben Gift.“
„Kann das nicht Zufall sein?“
„Durchaus, aber es liegt nahe, da eine Verbindung zu suchen“, meinte Bount.
„Ja, natürlich. Darf ich fragen, in wessen Auftrag Sie Ihre Recherchen betreiben?“
„Ich tue es auf eigene Faust. Ich kann den Ausdruck in den Augen des sterbenden Gringer nicht vergessen. Und ich vergesse auch nicht die Art, wie er Ihren Namen nannte und nach dem ,Warum' fragte.“
„Er hat meinen Namen genannt?“, flüsterte Jill und schluckte.
„So ist es. Es hörte sich an, als wollte er fragen: Warum hast du das getan, warum hast du mich getötet?“
„Das ist völlig absurd. War es nicht eher so, dass er sich vor dem Tode fürchtete und zu wissen begehrte, warum sein Ende ihm die Chance nimmt, mir weiterhin seine Liebe zu zeigen?“
„Das ist durchaus möglich“, meinte Bount, „aber ich habe Anlass, zu glauben, dass meine Version der Wahrheit näher kommt.“
Jill Larks Wangen röteten sich. „Das ist unverschämt“, zischte sie. „Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie damit zum Ausdruck bringen? Sie bezichtigen mich des Giftmordes! Ich habe keine Worte für diese ... diese Unterstellung. Sie ist schlechthin grotesk. Es mag zutreffen, dass ich Nick nicht geliebt habe, aber ich hatte weder einen Grund ihn zu hassen, noch ihn zu töten.“
„Es ist anzunehmen, dass er reich war. Dafür sprechen nicht nur seine Hinweise auf die angeblich gemachte Erbschaft, dafür spricht auch sein nicht gerade billiger Hotelaufenthalt. Bei dem Toten wurde kein Geld gefunden. Auch in seinem Hotelzimmer fand sich nichts von Wert. Sie gehören zu den wenigen, die ihn näher kannten und die gewusst haben dürften, was er besaß.“
Jill sah erschöpft aus. Sie schloss kurz die Augen, dann hob sie die Lider und sagte mit einer Mischung aus Resignation und Konzentration: „Sie sind Detektiv. Sie jagen nach Schuldigen und greifen nach der erstbesten Motivation, die sich Ihnen bietet. Okay, ich wusste, dass Nick vermögend ist, aber ich kenne viele vermögende Männer, wenn Sie wollen, nenne ich Ihnen sogar die Namen. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich sie umbringe, um mich selbst zu bereichern! Ich verdiene in dieser Position ausgezeichnet. Ich bin mit meinem Leben zufrieden. Ich habe nicht den geringsten Grund, es zu verändern oder gar kriminell zu werden. Sehe ich denn aus wie eine Mörderin?“
„Nein“, erwiderte Bount wahrheitsgemäß.
Jill stieß die Luft aus. „Vielen Dank“, meinte sie sarkastisch. „Sie sind wahrhaftig ein harter Mann. Sie schlagen einem die Verdächtigungen um die Ohren, dass es nur so kracht. Ich wusste nicht, dass Nick tot ist. Jetzt, wo es mir zu Ohren gekommen ist, werde ich die Polizei anrufen und mich als Zeugin zur Verfügung stellen, das verspreche ich Ihnen. Ich befürchte nur, ich werde kein Licht in das Verbrechen bringen können. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer den armen Nick auf dem Gewissen hat.“
„Wo hat er gelebt, ehe er nach New York kam?“
„Im Mittelwesten. In einer Fünftausend-Seelen-Gemeinde“, erwiderte Jill. „Er hat mir einmal den Namen des Ortes genannt, aber ich habe ihn vergessen.“
„Er hieß nicht Gringer. Der Name war erfunden.“
Jill starrte ihm ins Gesicht. „Warum denn das?“, fragte sie verblüfft.
„Ich weiß es nicht. Seine Papiere waren falsch. Der Polizei zufolge handelte es sich um ganz erstklassige Fälschungen, um Profiarbeit.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Es beweist, dass Nick einiges zu verbergen hatte. Fest steht allerdings, dass er nicht zu den gesuchten, registrierten Verbrechern gezählt haben kann. Seine Prints sind in Washington nicht gespeichert.“
„Würden Sie mir einen Gefallen tun, bitte?“
„Das hängt davon ab, wie er beschaffen sein soll“, meinte Bount vorsichtig.
„Arbeiten Sie für mich.“
„Wie stellen Sie sich das vor?“
„Als Privatdetektiv sind Sie auf die Honorare Ihrer Klienten angewiesen. Lassen Sie mich Ihre Klientin sein. Ich habe Nick nicht geliebt, aber er hat mir viel bedeutet. Es käme mir schäbig vor, wenn ich nicht alles menschenmögliche versuchte, um sein schreckliches Ende klären und sühnen zu lassen. Sind Sie sehr teuer?“
„Kommt ganz darauf an, was Sie darunter verstehen. Qualität kostet Geld. Ich unterhalte ein großes Büro mitsamt Stab und bekenne mich zu der Schwäche, nicht schlechter als andere leben zu wollen. Billig bin ich also nicht“, schloss Bount. .
„Nein, das halte ich nicht durch“, seufzte Jill Lark. „Am Ende fordern Sie ein paar Hunderter für den Tag. Falls die Aufklärung der Sache Wochen oder Monate in Anspruch nehmen sollte, müsste ich dabei pleite gehen. Schade! Ich würde wirklich gern etwas tun, um Ihnen zu beweisen, wie viel mir daran liegt. Nach Lage der Dinge werde ich mein Angebot wohl zurückziehen müssen.“
„Ich räume Ihnen einen Sondertarif ein“, sagte Bount. „Zweihundert, pro Tag. Was halten Sie davon?“
Jill Lark presste die Lippen zusammen und überlegte. Dann sagte sie: „Einverstanden. Aber wenn Sie nach zwei Wochen nicht vorangekommen sind, muss ich aussteigen.“
„Bis dahin ist alles klar“, versprach Bount.
„Was macht Sie dessen so sicher?“
„Ich habe da so meine Erfahrungen“,