Liebe fragt nicht. Bernd Urlaub

Liebe fragt nicht - Bernd Urlaub


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was sie sagen sollte.

      Dann begriff sie, worauf die Frage von Werner hinauslief.

      „Du willst dich also wirklich freiwillig melden? Sag mal, warum lässt du es nicht auf dich zukommen. Eingezogen wirst du doch sowieso und momentan bist du bei der Flak doch gut aufgehoben…

      „Flakhelfer, das sind doch keine richtigen Soldaten."

      Es lag eine Spur von Verachtung in den Worten, wie Werner sie aussprach.

      „Aber ungefährlich ist euer Einsatz auch nicht."

      „Ach was, ich will Offizier werden und Verantwortung übernehmen. Ich will einen richtigen und wichtigen Beitrag zum Endsieg leisten."

      Oh je, jetzt war man bei einem Thema, das Franzi am liebsten vermieden hätte. Jedes Mal, wenn sie darüber sprachen, endete es im Streit.

      „Sag mal Werner, glaubst du wirklich noch an einen Sieg Deutschlands. Die Fakten sehen doch ganz anders aus. Du musst doch nur die Karte ansehen, wie weit die Alliierten schon vorgedrungen sind. Wer soll sie aufhalten. Glaub mir, Hitler ist am Ende."

      „Ist dir klar, dass das was, du da sagst, Hochverrat ist. Wenn ich dich nicht so gerne hätte, müsste ich dich melden. Mit solchen Reden untergräbst du den Glauben an den Führer und an sein Werk. Hat er nicht auf so wunderbare Art und Weise dieses Attentat überlebt. Das kann kein Zufall sein. Die Vorsehung hat ihn dazu bestimmt, Deutschland zur alten Größe zu führen."

      „Da muss er sich aber beeilen, dein Führer. Sonst ist es zu spät. Sag mal bist du blind. Jetzt, wo die Amerikaner und Briten und ihre Verbündeten eine zweite Front in Frankreich errichtet haben?" „Ach was, Rommel treibt sie schon wieder ins Meer zurück. Der Führer hat schon die passende Antwort parat. Wir haben auf jeden Fall die besseren Soldaten. Die Amis können doch nur siegen, weil sie mit ihrer Luftwaffe alles zusammen bomben. Das ist doch kein fairer Kampf."

      „Seit wann ist Krieg fair? Und davon abgesehen, die Amis haben wenigstens eine Luftwaffe. Unseren Adlern haben sie ja gehörig die Flügel gestutzt."

      Langsam wurde Werner wütend. Er hatte sich das Zusammensein mit Franzi ganz anders vorgestellt. Im Grunde genommen wusste er auch, dass seine Freundin in manchen Dingen recht hatte. Aber er wollte sich seinen Idealismus nicht kaputt machen lassen. Schließlich hatte man ihn und seine Kameraden so erzogen, dass die arische Rasse die beste sei, allen anderen überlegen. Dass das deutsche Volk dazu ausersehen sei, die Weltherrschaft anzutreten. Wie konnte es sein, dass Amerikaner und Engländer und sogar die Untermenschen aus Russland nun plötzlich die Sieger sein sollten.

      „Ich sag dir was, Franzi! Bald werden die neuen Waffen, die Wunderwaffen in großer Zahl zum Einsatz kommen. Mein Vater arbeitet an einem solchen geheimen Projekt mit. Und dann werden wir unsere Feinde dahin zurückjagen, wo sie hergekommen sind. Ins Meer und in in die unendlichen Steppen Russlands. Wir dürfen diesen Krieg nicht verlieren."

      „Da hast du recht!" Franziska lächelte spöttisch „Wir dürfen diesen Krieg tatsächlich nicht verlieren. denn unsere Gegner werden uns zur Rechenschaft ziehen, für das, was wir anderen Völkern angetan haben. Sie werden uns zur Rechenschaft ziehen für die Verbrechen an den Juden und all den anderen."

      Werner schwieg einen Moment. Er fühlte sich immer mehr in die Enge getrieben.

      „Aber Franzi, die Juden sind die Feinde der Menschheit. Überall haben sie ihre Finger im Spiel und sind darauf aus, ehrliche Menschen um ihr Hab und Gut zu bringen. Es war höchste Zeit, dass der Führer den Kampf gegen das internationale Finanzjudentun aufgenommen hat."

      „Ich will dir was sagen, Werner. Ich war zufällig Zeuge, wie man vor einem Jahr Hunderte von Juden zum Bahnhof getrieben hat, wo sie die Fahrt in ihre Vernichtung angetreten haben. Da waren hochgeachtete Bürger dabei, die sogar ihr Leben für Deutschland im ersten Weltkrieg eingesetzt haben."

      „Mag ja sein, dass Einzelne von ihnen in Ordnung waren. Aber warum streiten wir uns über Dinge, die längst entschieden sind. Gib mir lieber einen Kuss, wer weiß wie oft wir uns noch sehen können. Es wird gemunkelt, dass wir übernächste Woche nach Schweinfurt abkommandiert werden. Die Luftangriffe werden immer intensiver."

      Werner wollte Franzi umarmen und küssen. Doch sie schob ihn von sich weg. Ihr war die Lust vergangen, Zärtlichkeiten auszutauschen.

      „Ich mag dich nicht küssen. Jetzt, wo du dein Leben ganz für deinen geliebten Führer einsetzen kannst, solltest du dich auch ganz darauf konzentrieren. Weißt du was? Mir reicht's. Sie stand auf und lief davon. Es war ihr egal, ob Werner nachkam oder nicht.

      Kapitel 2

      Ortsgruppenleiter Fridolin Schell blätterte zum wiederholten Male in dem Erlass, der ihm von der Kreisleitung zugestellt worden war. Darin ging es wieder einmal um die Behandlung der Fremdarbeiter. Auch den Bürgermeistern war dieser Erlass zugesandt worden. ln einem Begleitschreiben wurden Beispiele aufgeführt, wo und wann Fremdarbeiter falsch und zu gut behandelt wurden. Auch eine Verfügung des Würzburger Landrats war beigelegt, worin ausgeführt war, dass Privatwohnungen soweit sie von ausländischen Landarbeitern belegt waren, sofort zu räumen seien. Denn die Unterbringung Evakuierter und Luft-kriegsgeschädigter, sprich Ausgebombter, ging natürlich vor.

      Schell sah in Thüngersheim da einigen Handlungsbedarf. Etliche Winzer, behandelten ihre Fremdarbeiter beinahe schon, wie Familienangehörige. Nicht nur, dass die Arbeiter mit am Tisch aßen, nein einige bewohnten sogar ein Zimmer im Wohnhaus ihres Arbeitgebers. Auch hatte man sich meist einen lässigen Umgang angewöhnt. Der Ortsgruppenleiter war überzeugter Nationalsozialist, aber kein weltfremder Träumer. Er sah wohl, dass die Wehrmacht an allen Fronten auf dem Rückzug war. Aber noch war sein Vertrauen in den Führer und sein Genie hundertprozentig vorhanden. Ihm würde schon etwas einfallen, um die Fronten zu stabilisieren und den Feind zurückzuwerfen. Andererseits war Schell nicht dazu bereit, bei einer Niederlage des Deutschen Reiches bei den Verlierern zu sein. Es galt also vorsichtig zu sein und sich nach allen Seiten abzusichern. Aber jetzt musste er erst einmal dafür sorgen, dass die Anordnung der Kreisleitung und des Landratsamtes umgesetzt wurden. Aber ganz so problemlos würde das nicht vonstattengehen. Er konnte einen alten Parteigenossen, wie Hans Geiger nicht so ohne weiteres dazu bringen, seine Einstellung gegenüber seinen Arbeitern zu ändern. Zumal der immer vernünftige Argumente in der Hinterhand hatte. Außerdem wollte er es sich nicht mit ihm verderben, denn sein Weinvorrat bedurfte dringend einer Auffrischung. Sollte sich der Bürgermeister doch um die Angelegenheit kümmern. Ein bisschen Druck würde nachhelfen. Doch den würde es gar nicht brauchen.

      Ludwig Schehl war sowieso Wachs in seinen Händen. Was sollte er auch tun. Der Gemeinderat konnte beschließen was er wollte, wenn der örtliche Hoheitsträger der Partei nicht zustimmte ging gar nichts.

      Die Schachabende von Hans Geiger und seinem Freund Franz Lauk hatten Tradition. Beide waren Mitglieder des örtlichen Schachclubs. Obwohl Lauk fast zehn Jahre älter als Geiger war, waren sie sich im königlichen Spiel, ebenbürtig. Was der Ältere durch seine Erfahrung und seine analytischen Fähigkeiten voraushatte, glich Hans durch eine oftmals unorthodoxe Spielweise aus. Ihre Partien waren im Club legendär. Doch mit fortschreitender Kriegsdauer schwand die Zahl der aktiven Spieler immer mehr} so dass ein geordneter Vereinsbetrieb nicht mehr möglich war. Doch die beiden liebten ihren Sport und so traf man sich halt, soweit es ging, in regelmäßigen Abständen privat. Freilich stand dabei nicht immer das königliche Spiel im Vordergrund, sondern es kam die letzte Zeit des Öfteren vor, dass man sich über die allgemeine politische Lage und den Kriegsverlauf die Köpfe heiß redete. Zu diesen Unterhaltungen trug Franz Lauk Fakten bei, die er von den englischen und amerikanischen Kriegsgefangenen erfahren hatte und die nicht unbedingt für jedermanns Ohren bestimmt waren. Heute saß man im Weinkeller des Weingutes. Hier hatte Hans eine Probierecke eingerichtet, wo er seinen Kunden die Weine kosten ließ, die sie eventuell zu kaufen gedachten. Hier waren die beiden ungestört beim Spiel und konnten sicher sein, nicht belauscht zu werden. Was ist los mit dir?" Hans sah seinen Freund fragend an.

      „Du bist heute ziemlich unkonzentriert. So kenne ich dich gar nicht. Wenn du nicht aufpasst, ist deine Dame futsch."

      „Wegen meiner Dame musst du


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