Doc Savage - Das vergessene Imperium. Kenneth Robeson
Sie verhaften, mein guter Mann«, sagte ein Reporter entrüstet.
»Weswegen?«, fragte das Zigarre rauchende Individuum unschuldig. Es hatte leuchtende blaue Augen, die fröhlich funkelten.
»Dafür, so zu tun, als ob sie einer der größten Männer seit Richard Löwenherz seien, dafür.«
»Richard Löwenherz?«, überlegte der Kahlköpfige und verzog voller Vergnügen das Gesicht. »Irgendwie gefällt mir das. Werden Sie das in ihren Artikeln bringen, wenn Sie etwas über mich schreiben?«
»Wir schreiben nichts über Sie, Sie – Sie absolut ruhmsüchtigen Schwindler! Kommt, Leute, verschwinden wir. Doc Savage – der wahre Doc Savage – wird jetzt jeden Moment eintreffen.«
Niemand schaute sich in diesem Augenblick um. Was ein Glück war. Denn zwischen den Beinen der unliebenswürdigen Erscheinung, die Namen und Ruhm von Doc Savage für sich in Anspruch genommen hatte, schoss eine gleichermaßen unliebenswürdige Kreatur hervor.
Mit einer Schnelligkeit, die seiner bulligen Gestalt Hohn sprach, beugte sich der kahlköpfige Riese herab, hob das quietschende Tier auf und schob es sich unter einen muskulösen Arm. Dann zog er sich unter einer Stille, die unheimlich war, in das von einem Vorhang bedeckte Innere des Flugzeugs zurück.
Eine quietschende Stimme fragte: »Hat funktioniert, hm?«
»Scheint so«, erwiderte der stämmige kahlköpfige Riese mit einer Stimme, die sich deutlich von dem heiseren Geflüster unterschied, das er zuvor gebraucht hatte. Die Stimme war tief, kultiviert und bemerkenswert gefärbt. Sie verfügte gleichfalls über eine beeindruckende Macht, die nicht zu der quietschfidelen Persönlichkeit passte.
»Nicht wegen dir, du Ausbund an Hässlichkeit!«, knurrte eine schnippische Stimme. »Dein blödes Schweinchen hat beinahe die gesamte Vorstellung verraten.«
»Du lässt mein Schwein in Ruhe, du Verkehrsunfall-Jäger!«
»Es könnte ratsam sein«, ging der raue Riese mit der wohl modulierten Stimme dazwischen, »die Stimme zu senken. Die Pressevertreter könnten mithören.«
*
Sogleich beendete das Paar seinen Streit. Es war ein merkwürdiges Duo. Der Besitzer der kindlichen Stimme war ein vierschrötiger, affenähnlicher Mann, der lange, behaarte Arme dem ihm gereichten Tier entgegenstreckte.
Enge Freunde kannten ihn als Monk, aber der Name auf seinem Briefkopf lautete wesentlich beeindruckender: Lieutenant Colonel Andrew Blodgett Mayfair . Er war Industriechemiker. Vielleicht der beste auf seinem Gebiet. Jemandem, der ihm das erste Mal begegnete, konnte man verziehen, wenn er diese Behauptung anzweifelte.
Denn Monk Mayfair ähnelte nichts so sehr wie einem menschlichen Gorilla. Er war fast ebenso breit wie groß und mit einem Pelz bedeckt, dessen Färbung an an rostig gewordene Nägel erinnerte. Seine Augen waren sehr klein und funkelten tief in knorpeligen Höhlen in einem humorvollen Licht. Seine Arme waren so lang, dass er sich anscheinend die Schuhe zubinden konnte, ohne sich zu bücken.
Monk hob das quiekende Tier liebevoll auf, was zeigte, dass es ein Schwein war – aber kein gewöhnliches Mitglied der Ferkelfamilie.
Das Schwein hatte das Alter längst überschritten, zu dem die meisten seiner Art zu Frühstücksspeck verarbeitet worden waren, dennoch war es nicht größer, als es wenige Wochen nach dem Wurf gewesen war. Etwas hatte es am Wachstum gehindert.
Das Schwein war Habeas Corpus, Monks Schoßtier. Monk hatte Habeas einem Araber in Arabien abgehandelt. Der Araber hatte behauptet, Habeas würde wilde Wüstenhyänen einfangen und die Kadaver ins Lager schleifen, wo sie ein Ärgernis darstellten. Wüstenaraber dieses Stammes waren notorische Lügner, dennoch hatte Habeas seine Qualitäten. Seine Ohren waren fast so groß wie die eines Elefanten, er hatte die langen Beine eines Hundes, eine Schnauze, die so gebaut war, dass er damit in Löcher geringen Durchmessers eindringen konnte – und der Rest von ihm war vernachlässigbar.
Der andere Mann, Brigadegeneral Theodore Marley Brooks – von denjenigen, die eng genug mit ihm befreundet waren, dass sie es sich trauten, Ham genannt – wurde als einer der cleversten Anwälte erachtet, die Harvard jemals hervorgebracht hatte. Er schliff sorgfältig die rasiermesserscharfe Schneide seines Stockdegens. An die Spitze der Klinge hatte er eine klebrige Komponente angebracht. Es handelte sich um eine Droge, und eine kleine Menge in einer offenen Wunde führte zu sofortiger Bewusstlosigkeit. Hams Stockdegen musste einem Gegner lediglich eine winzige Wunde zufügen, damit der Betreffende das Bewusstsein verlor.
»Ich habe mir sagen lassen, Schinken ist beim Frühstück hier in England sehr beliebt«, murmelte er und beäugte das Schwein. »Vielleicht schneide ich morgen eine Scheibe zu meinen Eiern ab.«
»Wenn du Habeas auch nur ein Haar krümmst«, warnte ihn Monk, »mache ich aus deinem Affen eine Fellmütze und zwinge dich, sie zu tragen.«
Ham runzelte die Stirn und blickte sich um. »Wo ist Chemistry?«
Einen Augenblick später kam eine plappernde, Pint-große Ausgabe von Monk Mayfair hinter einigen Kisten mit Ausrüstungsgegenständen hervor, wo sie gekauert hatte. Es war eine Art von Zwergaffe. Nur zu welchem Zweig der Affenfamilie Chemistry gehörte, war eine Frage, die selbst einen Experten in Verwirrung gestürzt hätte.
Chemistry warf einen Blick auf den kahlköpfigen Oger, der sich Doc Savage genannt hatte, und zog sich aufgeregt plappernd zurück.
»Das soll mich doch«, brüllte Monk. »Dieser schwachsinnige Affe von Hams fürchtet sich vor dir, Doc.«
»Und warum nicht?« Ham sah ihn mit blitzenden Augen empört an. »Das ist eine perfekte Tarnung. Sie würde jeden täuschen.«
Monk schnaubte verächtlich. Beide blickten einander funkelnd an. Das war schon ein Gegensatz, der angenehm hässliche Monk und der charmante Ham mit den scharfen Zügen, der makellos in einen Morgenrock und gestreifte Hosen gekleidet war. Es hieß, wenn Ham Brooks die Park Avenue hinabspazierte, würden die besten Schneider Seufzer ausstoßen, voller Entzücken darüber, Kleidung zu sehen, die so getragen wurde, wie sie getragen werden sollte.
Sollte es eine Umfrage hinsichtlich gut gekleideter Männer in Amerika geben, auf der Hams Name nicht auftauchte, so wäre es ein Unglück.
Zusammen mit Johnny Littlejohn waren sie Teil von Doc Savages Gruppe von Helfern. Die verbliebenen Assistenten, Colonel John »Renny« Renwick, ein Ingenieur von internationalem Ruf, und Major Thomas J. »Long Tom« Roberts, der berühmte elektrische Zauberer, hielten sich in anderen Teil der Welt auf, wo sie ihren jeweiligen Berufungen nachgingen.
Long Tom hielt sich zur Zeit in Europa auf und versuchte, einen Vorrat eines seltenen Minerals zusammenzubekommen, Rhenium, das bei der Herstellung eines neuen Typs von Röntgenröhre unerlässlich war, die eine Revolution der Chirurgie versprach, während Renny damit beschäftigt war, eine malaysische Gummiplantage daraufhin zu erkunden, wie eine Bahnlinie verlaufen müsste, die nötig war, um die Produkte auf den Markt zu bringen.
*
»Wir rollen unser Flugboot besser in den Hangar, bevor wir uns in die Stadt aufmachen«, sagte das rot bepelzte Ungeheuer, das mit »Doc« angesprochen worden war.
Er schritt zum Cockpit und ließ seinen stämmigen Körper hinter das Steuer des Piloten fallen. Ein Druck auf die Selbstzünder holte die großen Triebwerke brüllend ins Laufen zurück.
Es gab einen Hangar, dessen Tore offen waren, und er lenkte die dreimotorige Maschine ins unbeleuchtete Innere.
Sobald das Heck die Schwelle überschritten hatte, sprangen Monk und Ham aus der offenen Luke und eilten, das Tor zu schließen.
Ein Mechaniker, der erwartungsvoll grinste, rannte zur Luke.
»Also, wo isser?«
»Ist wer?«, fragte Monk misstrauisch.
»Der Amerikaner,