Es war anders damals!. Horst Viergutz
als Unterkünfte und Werkstätten. Das Essen war miserabel. Es hatte den Anschein, als ob man uns jetzt die allgemeine Knappheit von Lebensmitteln in Deutschland spüren lassen wollte. Oft verließen wir noch hungrig den Speisesaal. Zu meinem Glück (oder Unglück) dauerte mein eigener Aufenthalt in Heldrungen nur ein paar Wochen. Ich erkrankte und wurde in ein Krankenhaus in Erfurt eingeliefert.
Es war im Frühjahr 1945, als ich zum ersten Mal in Erfurt die Wucht der befürchteten nächtlichen Bombenangriffe zu spüren bekam. Jede Nacht wurden wir von den heulenden Sirenen geweckt, um uns schleunigst in die Luftschutzkeller zu begeben. Soweit ich konnte, half ich dann, die Patienten, die nicht selbst laufen konnten, in die Keller zu tragen. Die ersten Bomber kamen mit dem Anbruch der Dunkelheit, und außer kurzen Pausen, in denen es Entwarnung gab, folgten noch mehr bis in die frühen Morgenstunden. Das bedeutete, dass wir fast die ganze Nacht Patienten hin und her schleppten. Tagsüber patrouillierten dann Jagdbomber über der Stadt, die den Verkehr so gut wie lahmlegten. Die Einwohner nutzten die Pausen, entweder morgens oder abends, um ihre Besorgungen zu machen. Kurz vor Ostern ging ein Gerücht um, dass amerikanische Truppen in Erfurt einmarschieren würden. Als das nicht der Fall war, fing die Bevölkerung an zu plündern. Ihr Ziel waren Militärdepots, und in der Hauptsache hatte man es auf Lebensmittel abgesehen. Ich beteiligte mich an einem dieser Streifzüge und kam in ein Bekleidungslager, das bis unter die Decke vollgestopft war mit neuen Wehrmachtsuniformen. Ich suchte mir einen Wintermantel aus, der mit Lammfell gefüttert war. Während meines Aufenthalts im Krankenhaus hatte ich mich in eine junge Krankenschwester vernarrt, der gab ich diesen schönen Mantel, als ich Abschied nehmen musste. Schon ein paar Tage nach Ostern, es war Mitte April, wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Da ich Angehöriger einer halb-militärischen Einheit war und Uniform trug, musste ich mich bei der Stadtkommandantur melden.
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