Menschen und U-Boote. Manuel Schiffler

Menschen und U-Boote - Manuel Schiffler


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starke Rauchfahne. Sie hatten außerdem weit größere Kanonen und eine größere Reichweite als die älteren Modelle, so dass sie ohne aufgetankt zu werden zweimal den Atlantik überqueren konnten.

      Die Oberste Heeresleitung setzte sich schließlich gegen Reichskanzler Bethmann Hollweg durch. Am 9. Januar beschloss der Kronrat die Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs zum 1. Februar 1917. Der U-Boot-Krieg war zunächst sehr wirksam: Allein im Februar und im März wurden Schiffe mit einer Verdrängung von fast einer Million Tonnen versenkt, also pro Monat dreimal mehr als während des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs 1915.39 Winston Churchill, damals Abgeordneter im Unterhaus, schrieb in seinen Memoiren: „1917 nahm die Bedrohung durch U-Boote ungeheure, furchtbare Dimensionen an […]. Die Drosselung der Schifffahrt war akut.“ Ein U-Boot versenkte auf einer einzigen Fahrt 54 Handelsschiffe.

      Am 6. April 1917 traten die USA in den Krieg ein. Im Mai 1917 führten die Briten und die Amerikaner dann das Konvoi-System ein. Durch das Konvoi-System ging die Zahl der Versenkungen deutlich zurück. Die U-Boote waren jetzt gezwungen, getaucht anzugreifen. Unter Wasser waren sie jedoch deutlich langsamer als über Wasser, so dass die Konvois in den Weiten des Atlantiks entweder nicht entdeckt werden konnten, oder im Fall der Entdeckung entkommen konnten. Dadurch sank die Zahl der Versenkungen von Frachtschiffen. Die Minensperre am nördlichen Ausgang der Nordsee führte außerdem zur Versenkung vieler deutscher U-Boote. Am 6. Juli 1917 hielt der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger vor dem Hauptausschuss des Reichstags eine viel beachtete Rede, in der er der Obersten Heeresleitung falsche Angaben über den angeblich weiterhin erfolgreichen Einsatz der U-Boote nachwies. Der Krieg sei weder zu Land noch zur See zu gewinnen. Erzberger, der zu Beginn des Kriegs genau wie die Nationalkonservativen einen „Siegfrieden“ angestrebt hatte, plädierte erstmals für einen Verständigungsfrieden unter Verzicht auf Gebietsannexionen. Er gewann eine Mehrheit der Reichstagabgeordneten der SPD, der Fortschrittlichen Volkspartei und es Zentrums für seine Position.40 Diese verabschiedeten die Friedensresolution des Reichstags vom 19. Juli 1917, in der ein Verständigungsfrieden angestrebt wurde, ohne jedoch die Bedingungen genauer festzulegen. Der Vorstoß wurde jedoch von der Obersten Heeresleitung mit Hilfe der konservativen Parteien im Reichstag als „defätistisch“ zurückgedrängt. Bethmann Hollweg trat zurück, und fortan waren die Reichskanzler nur noch Marionetten der Obersten Heeresleitung, die sich um den Reichstag nicht mehr scherte. Die Rede von Matthias Erzberger und die Friedensresolution konnten zwar den Krieg nicht beenden, hatten aber dennoch historische Bedeutung. Sie waren wichtige Schritte auf dem Weg zur Stärkung des Parlaments und, gemeinsam mit der militärischen Niederlage, zum Sturz des Kaiserreichs 16 Monate später.41

      Die deutschen U-Boote hatten den Krieg im Atlantik verloren. Sie hatten ihn nicht verloren, weil ihre Verluste hoch waren, sondern weil ihnen die technischen Mittel fehlten, um ihren Gegner zu finden. Luftaufklärung und gute Horchsysteme existierten damals noch nicht. Nach Einführung des Konvoi-Systems gab es einfach nicht genug deutsche U-Boote, um in den Weiten des Ozeans die Konvois aufzuspüren.

       Deutsche und österreichische U-Boote im Mittelmeer

      Am wirksamsten waren die deutschen U-Boote im Mittelmeer, wo sie britische Handelsschiffe auf dem Weg von Gibraltar zum Suez-Kanal versenkten. Aber wie konnten deutsche U-Boote so fern von deutschen Häfen operieren? Italien war ja im Ersten Weltkrieg zunächst neutral und dann gegen Deutschland in den Krieg eingetreten.

      Die kaiserliche Marine operierte von Häfen an der Adria, die damals zu Österreich-Ungarn gehörten, das mit Deutschland verbündet war. Ihr Hauptstützpunkt war Kotor im heutigen Montenegro. Die U-Boote wurden 1915 mit der Eisenbahn in Einzelteilen zerlegt nach Pola an der Adriaküste transportiert und dort zusammengesetzt. Die dort eingesetzten Boote waren viel kleiner als die im Atlantik operierenden Boote. Die Österreicher verfügten nur über Klein-U-Boote der Klasse UB I mit 28 Metern Länge und 14 Mann Besatzung, die lediglich in der Adria eingesetzt werden konnten. Die kaiserliche Marine verfügte auch über 50 Meter lange Boote der Klasse UB II, die im gesamten Mittelmeer eingesetzt wurden. Dennoch waren sie mit einer Verdrängung von 300 Tonnen und 23 Mann Besatzung nicht besonders groß; außerdem waren sie recht langsam und mit einer 50mm-Kanone eher leicht bewaffnet. Das hinderte sie aber nicht daran, zahlreiche Handelsschiffe zu versenken.

      Dabei gingen die Deutschen im Mittelmeer bis 1917 weitestgehend nach Prisenordnung vor. Den Besatzungen versenkter Schiffe wurde die Möglichkeit gegeben, auf Rettungsboote zu steigen. Da im Mittelmeer keine U-Boot-Fallen eingesetzt wurden und die Frachter nicht bewaffnet waren, war die Einhaltung der Prisenordnung leichter möglich als im Atlantik. Ein einziges U-Boot, die im Mittelmeer eingesetzte U 35, versenkte 224 Handelsschiffe und zwei Kriegsschiffe. Es gilt als „erfolgreichstes“ U-Boot der Welt.

      Der britische Frachter „Maplewood“ wird am 7. April 1917 von dem deutschen U-Boot U 35 beschossen

      Es gab allerdings Fälle, in denen Passagierschiffe versenkt wurden, ohne dass die Menschen vorher auf Rettungsboote gehen konnten: So wurde das italienische Passagierschiff „SS Ancona“ am 8.11.1915 versenkt. An Bord des Schiffs befanden sich italienische Reservisten, die aus New York nach Neapel unterwegs waren. Als ein deutsches U-Boot einen Warnschuss abgab, versuchte die „SS Ancona“ zu entkommen. Daraufhin versenkte das U-Boot sie mit einem Torpedo.42 Außerdem wurde das britische Passagierschiff „SS Persia“ am 30.12.1915 ohne Warnung versenkt, nachdem der Kapitän des deutschen U-Boots geglaubt hatte, durch sein Periskop Geschütze und Soldaten an Bord entdeckt zu haben.

       Die Oberste Heeresleitung will von der drohenden Niederlage ablenken

      Das Kalkül der Generäle, dass Großbritannien aus dem Krieg ausscheiden werde, bevor die USA genügend Truppen nach Europa bringen könnten um den Kriegsverlauf zu beeinflussen, war gründlich schiefgegangen. Hinzu kam, dass im Spätsommer 1918 der Obersten Heeresleitung klar wurde, dass auch der Krieg zu Land verloren war. Es kam ihnen nun darauf an, den Krieg so zu beenden, dass nicht ihnen die Schuld für die Niederlage gegeben würde. Bereits seit einiger Zeit hatte die Oberste Heeresleitung die inzwischen machtlosen Reichskanzler zu Sündenböcken erklärt, wenn etwas schiefgegangen war. Dieses aus ihrer Sicht bewährte Muster galt es fortzusetzen. Als Ludendorff und Hindenburg Ende September dem Kaiser reinen Wein einschenkten, hatten sie einen Plan. Der liberale Politiker Prinz Max von Baden solle als Reichskanzler eingesetzt werden und Waffenstillstandsverhandlungen einleiten. Die Generäle würden währenddessen ihre Hände in Unschuld waschen.

      Max von Baden war ein bescheidener Mann, der den Dienst an der Front abgelehnt hatte und sich stattdessen der Versorgung von Kriegsgefangenen beider Seiten gewidmet hatte. Zudem war er homosexuell, was aber nur seinem engsten Umfeld bekannt war. Er sah in dem Angebot eine Chance, eine parlamentarisch legitimierte Regierung zu bilden. Die Falle, die ihm gestellt wurde, erkannte er hingegen nicht. Er nahm die Aufgabe an und bildete Anfang Oktober eine Mehrparteienregierung unter Beteiligung der Sozialdemokraten. Die Generäle forderten dann Max von Baden ultimativ auf, Waffenstillstandsverhandlungen aufzunehmen. Die Öffentlichkeit wusste davon nichts. Nach anfänglichem Zögern tat er dies auch pflichtschuldigst angesichts der ihm geschilderten aussichtslosen Lage. Er versäumte es, diese Verantwortung an die Oberste Heeresleitung zurückzuspielen, die für die Niederlage militärisch und durch ihre Ablehnung der Friedensinitiative Bethmann Hollwegs im Dezember 1916 politisch verantwortlich war.

       Die Versenkung der „RMS Leinster“: Versuchter Auftakt zum Endkampf zur See

      Den Generälen und Admirälen reichte es jedoch nicht, die Schuld für die Niederlage Dritten zuzuschieben. Sie wollten außerdem noch mit einer letzten, heldenhaften Schlacht in die Geschichtsbücher eingehen. Diese Schlacht sollte zur See geführt werden mit der Flotte, die fast den gesamten Krieg über – abgesehen von den U-Booten – tatenlos im Hafen gelegen hatte. Aber für ein solches Himmelfahrtskommando gab es keinerlei politische Unterstützung von der neuen Regierung. In dieser Situation geschah ein Ereignis, das Historiker bis heute nicht eindeutig einordnen können. Am 10. Oktober 1918 versenkte ein deutsches U-Boot - mitten während der gerade angelaufenen Waffenstillstandsverhandlungen - den britischen Dampfer „RMS


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