Menschen und U-Boote. Manuel Schiffler
und eine bessere Bewaffnung als die vergleichsweise primitive „Turtle“.
Das Komitee der französischen Marine, das die Versuche im Juli 1801 in Le Havre beobachtete, war begeistert und empfahl den Bau von zwei weiteren, größeren U-Booten. Zwei Monate später kam Napoleon, um das U-Boot persönlich in Augenschein zu nehmen. Allerdings hatte Fulton den Prototyp zu diesem Zeitpunkt in seine Einzelteile zerlegen lassen, weil er leckgeschlagen war. Zudem hatte Fulton aus nicht näher bekannten Gründen wichtige Teile der „Nautilus“ zerstören lassen. Napoleon war darüber so erbost, dass er sich mit Fulton, den er für einen Betrüger hielt, überwarf. Die beiden weiteren geplanten U-Boote wurden nicht gebaut. Fulton ging daraufhin nach England und bat der Royal Navy seine Pläne an, die aber kein Interesse zeigte.4 Aus Sicht der Engländer verstieß der Einsatz von Unterwasserfahrzeugen gegen den Ehrenkodex der Marine. So schrieb die englische Marinezeitung Naval Chronicle 1805: „Unsere bedauernswerten Schlachtschiffe werden durch schreckliche und unbekannte Geräte, unsere Fregatten durch Unterwasserminen, unsere Steuermänner durch Taucher und unsere mutigen Matrosen durch Mörder unter Wasser ersetzt werden!“5
Danach sollte ein halbes Jahrhundert lang vergehen, bis ein weiteres U-Boot gebaut wurde.
Der deutsche „Brandtaucher“: Ein misslungener Tauchgang
Ab 1848 erstarkte in Schleswig-Holstein, das damals unter der Herrschaft des dänischen Königs stand, das deutsche Nationalbewusstsein. Die deutschen Nationalisten forderten eine Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund und griffen dänische Truppen an. Die dänische Marine beherrschte allerdings die See. In dieser Situation entwarf der Deutsche Wilhelm Bauer ab 1849 ein U-Boot namens „Brandtaucher“, um es gegen die Dänen einzusetzen. Wie seine Vorgänger war es durch Muskelkraft angetrieben. Mit Stulpenhandschuhen und Greifarmen sollten aus dem Inneren des Boots Brandsätze an den Pfeilern hölzerner Brücken oder am Rumpf von Schiffen angebracht werden. Bauer wandte sich damit an die neu gegründete Flottille des Herzogtums Schleswig-Holstein, die eine Kommission einsetzte, um die Idee zu begutachten. Die Kommission empfahl, keine Mittel zu bewilligen, weil das U-Boot „nur unter sehr günstigen Umständen wird mit Erfolg angewendet werden können“.6 Bauer ließ sich nicht entmutigen und sammelte mit Unterstützung von Offizieren der Flottille in ganz Deutschland Gelder für sein Projekt. Schließlich bewilligte das Herzogtum dann doch noch Mittel, die zusammen mit den Spenden zum Bau eines einfachen Boots ausreichten, aber nur unter Inkaufnahme von Kompromissen. So wurde die Bootswand halb so dünn gemacht wie geplant und es wurde auf die von Bauer vorgesehenen Ballasttanks verzichtet. Stattdessen wurde das Boot so gebaut, dass der Innenraum selbst teilweise geflutet werden musste, um abzutauchen.
Modell des von Wilhelm Bauer entwickelten, mit Muskelkraft angetriebenen „Brandtauchers“ im Historischen Museum in München
Am 1. Februar 1851 fand in der Kieler Förde der erste Tauchversuch des Brandtauchers statt. Er ging in aller Öffentlichkeit gründlich schief. Bauer hatte um mehr Zeit gebeten, um Verbesserungen vorzunehmen, aber seine Bedenken wurden beiseite gewischt, da die Militärs hofften, den Brandtaucher bei einer Wideraufnahme der Kämpfe einsetzen zu können.
Bauer und zwei andere Männer stiegen selbst in das Boot. Das Boot tauchte zweimal erfolgreich. Als das Boot ein drittes Mal geflutet wurde, kippte es nach hinten. Der Besatzung gelang es nicht, mit den an Bord befindlichen Handpumpen ausreichend Wasser aus dem Boot zu pumpen, um es zu stabilisieren. Während das Boot langsam auf den sieben Meter tiefen Grund sank, drang Wasser durch die undichten Wände ein. Die Männer konnten die Ausstiegsluke wegen des Wasserdrucks nicht öffnen. Sechs Stunden lang harrten sie in Dunkelheit und Kälte aus, während der Wasserspiegel im Boot langsam anstieg. Erst dann entsprach der Innendruck dem Außendruck: die Männer konnten die Luke öffnen, und es gelang ihnen aufzutauchen.7 Die Armee Schleswig-Holsteins wurde zwei Monate später auf Druck Preußens aufgelöst. Weder Schleswig-Holstein noch Preußen trieben die Entwicklung von U-Booten danach weiter voran.
Die „Wilhelm Bauer“ brachte keinen technischen Fortschritt gegenüber den Vorgängermodellen. Allerdings gelang ihrer Besatzung der erste, zwar unfreiwillige, aber erfolgreiche Ausstieg aus einem getauchten U-Boot.
Die französische „Plongeur“: Scheitern des Pressluftantriebs
In Frankreich wurde zu jener Zeit an der Entwicklung eines weit fortschrittlicheren U-Boots gearbeitet. Das Boot namens „Plongeur“ wurde nicht mehr mit Muskelkraft, sondern mit Pressluft angetrieben, die wiederum einen Propeller antrieb. Die Pressluft wurde auf einem Begleitschiff durch eine Dampfmaschine erzeugt und über Röhren in Tanks im Inneren des U-Boots geleitet. Die Drucklufttanks nahmen den größten Teil des 45 Meter langen und 426 Tonnen schweren Stahlboots ein. Außerdem trug das Boot seine Sprengladung an einem sieben Meter langen „Spier“, der vom Bug des Boots nach vorne ragte. Genau wie bei der „Nautilus“ sollte die mit einer speerförmigen Spitze versehene Sprengladung in einen hölzernen Bootsrumpf gerammt werden. Danach sollte das Boot rückwärtsfahren und über ein Kabel aus sicherer Entfernung den Zünder aktivieren. Die „Plongeur“ hatte eine zwölfköpfige Besatzung und konnte etwas über eine Stunde lang unter Wasser fahren.
Der moderne Antrieb schuf jedoch ein neues Problem. Weil Pressluft zum Antrieb des Motors ausgestoßen wurde, musste gleichzeitig immer eine präzise Menge Ballastwasser mit eingelassen werden, um den Auftrieb konstant zu halten. Da dies nie genau gelang und das Boot nur hinten über ein Höhenruder verfügte, stieg das Boot während der Fahrt immer wieder an die Oberfläche und sank dann wieder auf den flachen Meeresgrund in etwa zwölf Meter Tiefe. Gelegentlich rammte es dabei mit dem Bug in den Meeresboden. Ein Ingenieur schlug vor, auch im vorderen Bereich des Boots ein Höhenruder einzubauen, um die Stabilität besser zu gewährleisten, was jedoch abgelehnt wurde. Stattdessen wurden die Testfahrten aufgegeben. Das Boot, das seiner Zeit weit voraus war, wurde zu einem Wassertankschiff umgebaut, ohne jemals wieder zu tauchen.
Die amerikanische „C.S. Hunley“: Die erste Versenkung eines Kriegsschiffs durch ein U-Boot
Während des amerikanischen Bürgerkriegs kam ein einfacheres U-Boot als die „Plongeur“ zum Einsatz. Die Nordstaaten blockierten die Häfen der Südstaaten, die so vom Handel abgeschnitten waren. Die Südstaaten, die nur über wenige Kriegsschiffe verfügten, versuchten diese Blockade mit U-Booten zu brechen, die mit Muskelkraft angetrieben wurden. Die ersten Tests waren jedoch desaströs. Der Ingenieur Horace Lawson Hunley ließ drei U-Boote bauen und testen. Auf dem zweiten der Boote, der „American Diver“, wurden zunächst ein primitiver Elektromotor und dann eine Dampfmaschine eingebaut. Elektromotoren und Batterien waren damals bei weitem nicht so leistungsfähig wie heute. Die Dampfmaschine funktionierte natürlich nur über Wasser. Daher entschieden sich Hunley und seine Mitstreiter, wie bereits bei der „Nautilus“ und bei ihrem ersten U-Boot, der „Pioneer“, für Muskelkraft als Antriebsform mit Hilfe einer Kurbel. Technisch war das Boot kein Fortschritt gegenüber seinen Vorgängern.
Die „American Diver“ hatte fünf Mann Besatzung. Das Innere wurde durch Kerzen beleuchtet. Das Boot tauchte nicht wirklich tief unter, sondern nur knapp unter die Wasseroberfläche. Aufgrund des begrenzten Luftvorrats musste es regelmäßig auftauchen und die Luken öffnen. Die Reichweite war auf wenige Kilometer begrenzt. Der „American Diver“ gelang es nicht, einen erfolgreichen Angriff durchzuführen, bevor sie bei einem Sturm sank. Daraufhin entwickelte und finanzierte Hunley ein drittes, größeres Boot, das von acht Männern angetrieben wurde. Am 29. August 1863 sank das Boot vor Charleston bei einem Unfall, dessen Ursache ungeklärt blieb. Möglicherweise bediente der Navigator versehentlich die Höhenruder falsch, so dass das Boot mit geöffneten Luken steil nach unten fuhr. Fünf der acht Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Das Boot wurde gehoben und wieder eingesetzt.
Am 15. Oktober 1863 sank das Boot abermals. Hunley, der selbst mit an Bord war, und die übrigen sieben Besatzungsmitglieder erstickten vermutlich. Durch den Wasserdruck gelang es ihnen nicht mehr, die Luken des gesunkenen Boots zu öffnen. Erneut konnte das Boot gehoben werden. Die Leichen mussten vom Bergungskommando zersägt werden, um sie durch die engen Luken ziehen zu