Menschen und U-Boote. Manuel Schiffler

Menschen und U-Boote - Manuel Schiffler


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Männer krümmten sich in den absonderlichsten Haltungen. Manche umklammerten Kerzen, offenbar vergeblich bemüht, die Luken zu öffnen. Andere lagen am Boden, fest ineinander verhakt. Die geschwärzten Gesichter von Verzweiflung und Todesqualen entstellt.“ 8

      Die H.L. Hunley

      Kurz darauf wurde eine neue Besatzung aus Freiwilligen zusammengestellt. Mitglieder des Bergungskommandos, das die Leichen aus dem Boot geholt hatte, gehörten zu den Freiwilligen. Sie bereiteten einen weiteren Angriff mit dem jetzt nach dem verstorbenen H.L. Hunley benannten Boot vor. Das Boot war, so wie die „Plongeur“, mit einem Spierentorpedo bewaffnet. Der neuen Besatzung gelang es schließlich, am 17. Februar 1864 vor Charleston ein Kriegsschiff der Nordstaaten, die „USS Housatonic“, zu versenken. Beim gleichen Einsatz verschwand jedoch das zwölf Meter lange Boot mit seiner Besatzung spurlos. Man vermutet, dass der Sprengkopf explodierte, als die „Hunley“ noch in direkter Nähe des Schiffs war. In diesem Fall hätte die Druckwelle der Explosion die Lungen der Männer auf der „Hunley“ zerstört und sie sofort getötet. Seitdem wurden Spierentorpedos nicht mehr eingesetzt.

      Die „Hunley“ wurde in den 1970er Jahren auf dem Meeresboden entdeckt und im Jahr 2000 gehoben. Forschern gelang es, die bis dahin unbekannten Männer der Besatzung zu identifizieren. Dazu analysierten sie zunächst die Chemie der Zähne und Knochen der Männer. Dabei fanden sie heraus, dass vier der Männer sich vorwiegend von Mais ernährt hatten und daher wahrscheinlich in den USA geboren waren. Die vier anderen Männer hatten sich vorwiegend von Weizen und Roggen ernährt und waren daher wahrscheinlich Europäer. Ahnenforschern gelang es dann durch Vergleiche der DNA der Männer mit der DNA von möglichen Verwandten, alle acht Männer namentlich zu identifizieren. Einer der Männer, Arnold Becker, war demnach ein Deutscher.9

      Die H.L.Hunley wird gehoben

       Die spanische „Ictíneo II“: Das erste U-Boot mit chemischem Antrieb

      In Spanien war der Katalane Narcís Monturiol 1859 der erste Ingenieur, der U-Boote für zivile Zwecke baute. Die „Ictíneo“ (Fischboot) war ein mit Muskelkraft betriebenes U-Boot zum Ernten von Korallen. Monturiol war auch Chemiker und beschäftige sich mit der Frage, wie die Atemluft bei längeren Aufenthalten unter Wasser erneuert werden konnte. Die „Ictíneo“ war das erste U-Boot, das mit einem chemischen Gerät zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Atemluft ausgestattet war. Sie war damit ihrer Zeit weit voraus.

      1867 entwickelte Monturiol dann die „Ictíneo II“, das erste U-Boot mit einem luftunabhängigen Verbrennungsmotor, das seiner Zeit auch weit voraus war. Der Motor war eine Dampfmaschine. Das Besondere an ihr war, dass sie nicht mit Kohle angetrieben wurde, sondern mit einer chemischen Reaktion aus Magnesiumperoxid, Zink und Kaliumchlorat, bei der Hitze entstand. Als einziges Abgas entstand dabei Sauerstoff, der in Tanks gesammelt wurde. Der Sauerstoff wurde dann für Lampen genutzt, um das Innere des Boots zu beleuchten, und um die Atmung der dreiköpfigen Besatzung bei längeren Tauchfahrten zu ermöglichen. Das Boot mit seinem kupferbeschichteten Holzrumpf konnte bis zu 30 Meter tief tauchen und war an der Wasseroberfläche bis zu acht km/h schnell. Durch das Füllen und Entleeren der Ballasttanks tauchte das Boot ab und auf, wobei zum Entleeren Handpumpen genutzt wurden, die nur ein langsames Auftauchen ermöglichten. Monturiol wollte auch dieses Boot zum Ernten von Korallen verwenden. So wie Wilhelm Bauer hatte er in einer Art frühem „Crowdfunding“ mit einem „Brief an die Nation“ private Geldgeber für den Bau des Boots gewonnen. Allerdings blieb der kommerzielle Erfolg aus. Erst danach wandte sich Monturiol an die spanischen Militärs, die letztendlich auch kein Interesse an Monturiols Vorschlägen zeigten, Raketen von dem U-Boot unter Wasser abfeuern zu lassen oder eine Kanone an einem Kran über Wasser heben und abfeuern zu lassen.10 Das Unternehmen von Monturiol musste schließlich Konkurs anmelden.

      Nachbildung des mit einer luftunabhängigen Dampfmaschine angetriebenen „Ictineo II“ im Hafen von Barcelona

      Durch die künstliche Erzeugung von Sauerstoff beim chemischen Antrieb des U-Boots und die chemische Bindung von Kohlendioxid hatte Monturiol Lösungen für zwei wichtige Probleme gefunden, den Unterwasserantrieb und die Versorgung mit Atemluft. Diese innovativen Technologien sollten erst viele Jahrzehnte später wieder auf U-Booten genutzt werden.11

       Die „Sub Marine Explorer“: Tragischer Tod im Pazifik

      Etwa zeitgleich entwickelte der Deutsch-Amerikaner Julius Kröhl ebenfalls ein U-Boot, das dem Ernten von Korallen und Perlen diente. Den Bau und Einsatz des Boots finanzierte der Unternehmer durch die Ausgabe von Aktien an der New Yorker Börse. Die zwölf Meter lange „Sub Marine Explorer“ wurde im Dezember 1866 in Einzelteile zerlegt und mit dem Schiff nach Panama gebracht und dort wieder zusammengebaut. Das Stahlboot konnte 40 Meter tief tauchen. Die Besatzung konnte durch Schleusen am unteren Rand des Boots aussteigen, um Austern und Perlen zu fischen. Die „Sub Marine Explorer“ war, so wie die „H.L. Hunley“, nur mit Muskelkraft angetrieben.

      Anders als die „H.L. Hunley“ verfügte sie jedoch über Presslufttanks. Aus diesen Presslufttanks konnte Luft abgelassen werden, um den Druckausgleich beim Abtauchen vorzunehmen, denn das Boot hatte unten zwei offene Luken. Außerdem konnte mit der Pressluft Wasser aus den Ballasttanks gepresst werden, um das Boot zum Auftauchen zu bringen. Die Energie dafür kam von einer Dampfmaschine auf einem Begleitschiff, mit deren Hilfe die Presslufttanks – so wie auf der „Plongeur“ – befüllt wurden.

      Das Wrack der „Sub Marine Explorer“ auf der Insel San Telmo im Golf von Panama

      Nach den ersten Einsätzen starb Julius Kröhl, vermutlich an Malaria. Der zweiten Besatzung wurde genau die Fähigkeit, rasch auftauchen zu können, zum Verhängnis. Die Männer starben allesamt, und das U-Boot wurde aufgegeben. Noch heute liegt es verrostet am Strand der Insel San Telmo.12 Sehr wahrscheinlich war die Todesursache die damals noch unbekannte Dekompressionskrankheit. Wenn Menschen längere Zeit unter hohem Wasser- oder Luftdruck stehen, akkumuliert sich in ihrem Blut Stickstoff. Wenn sie dann rasch auftauchen, bildet der Stickstoff Bläschen, die dann mit einiger Verzögerung zu Unwohlsein bis hin zum Tod führen können. Erst 2001 wurde das Wrack von einem Unterwasserarchäologen identifiziert, nachdem es Einheimische bis dahin für ein Wrack eines japanischen Klein-U-Bootes aus dem Zweiten Weltkrieg gehalten hatten.13

      Um 1870 ließ der Entwicklungsstand der U-Boote noch viel zu wünschen übrig. Die U-Boote waren langsam, ihre Reichweite war sehr begrenzt, sie verfügten über keine effektive Bewaffnung, und sie waren für ihre Besatzungen lebensgefährlich.

       Jules Verne beflügelt die Phantasie der U-Boot-Erfinder

      1869 veröffentlichte Jules Verne seinen Roman „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“. In dem Roman geraten Professor Aronax und zwei Begleiter an Bord des geheimnisvollen U-Boots „Nautilus“ unter seinem Kapitän Nemo. Die „Nautilus“, deren Namen Jules Verne zu Ehren von Robert Fulton gewählt hatte, versorgt sich ausschließlich aus dem Meer: Die Nahrung kommt von Meerestieren, die Energie indirekt aus unterirdischen Kohleflözen. Mit der Kohle wird in einem Unterseehafen Meerwasser destilliert, womit einerseits Trinkwasser gewonnen wird, andererseits Natrium, aus dem zusammen mit Quecksilber Natriumamalgam gewonnen wird. Aus diesem wird chemisch Strom erzeugt, womit die „Nautilus“ mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 Stundenkilometern angetrieben wird. An Bord erleben Professor Aronax und seine Begleiter zahlreiche Abenteuer. Sie fahren zum Südpol, entdecken spanische Galeonen und das sagenumwobene Atlantis. Schließlich fliehen Aronax und seine Begleiter, während die „Nautilus“ vor Norwegen in den Strudel des Malstroms gerät.

      Das Boot ist unbewaffnet bis auf einen Sporn, mit dem es Schiffe rammt. Damit sollen die nicht näher ausgeführten Ungerechtigkeiten


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