Die Weltenbummler in Indien. Gerhard Moser

Die Weltenbummler in Indien - Gerhard Moser


Скачать книгу
knubbelten sich besonders dort, wo Banana-Boats, Para Sailing oder Wassermotorräder angeboten wurden. Die Inder standen in Gruppen, teilweise voll angezogen in den Wellen, bewarfen sich mit Sand oder schaufelten Sandberge auf einzelne Personen, die sich wie kleine Kinder freuten. Welch ein Getümmel. Oft kamen junge Inder und wollten mit uns einfach nur ein Selfie machen. So liefen wir bis ans Ende des Strandes, bestimmt drei Kilometer, bevor wir in eines der Lokale gingen, um etwas zu trinken. Für 4 € bekamen wir jeder einen frisch gepressten Saft und eine große Flasche Wasser. Es tat richtig gut, den Flüssigkeitsverlust aufzufüllen. Auf dem Rückweg machten wir Mittagspause im Gregs. Die Bedienung erkannte uns sofort wieder. Vermutlich hatten die 100 INR Trinkgeld einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Wir bestellten ein Pilz Curry und eine Platte Reis, die wir uns wieder teilten und trotzdem dicke satt waren. Als wir im Hotel ankamen, fingen die Angestellten gerade an, unser Zimmer zu machen. So setzten wir uns auf den Balkon und warteten, bis sie fertig waren. Danach kam das Übliche: Duschen und Mittagsschlaf. Danach gab es zum Kaffee, die gestern gekauften Kekse. Achim setzte sich zum Lesen raus, ich nahm den Laptop und fing an, das Tagebuch zu schreiben. Vilas, der Manager meldete sich für die nächsten Tage ab, da er auf eine Schulung außerhalb Goas fahren musste. Gegen halb sechs setzte schlagartig ein Riesentumult der Krähen ein. Hunderte von Krähen setzten sich in die Bäume und Palmen rund ums Hotel und schrien im Chor. Es erinnerte an Hitchcocks Vögel, nur in mehrfacher Lautstärke. Da die Moskitos jetzt auch anfingen zu beißen, verzogen wir uns lieber ins Innere.

      Später, auf dem Weg zum Abendessen am Strand, kamen wir wieder an dem kleinen Shop von Mutter Lakshmi vorbei. Heute Mittag lief sie noch durch die verschiedenen Lokale am Strand und bot ihr Sortiment an. Dort grüßte sie uns, ging aber direkt weiter. Jetzt sah sie müde und erledigt aus. „Wie war der Erfolg am Strand heute Mittag?“, fragte Achim aus Interesse. „Katastrophal. Ich war zwei Stunden unterwegs und habe nur ein Teil für 300 INR verkauft. Derzeit sind nur wenig Touristen da.“ „Aber der Strand war doch voll heute Morgen“, versuchte Achim dieses Dilemma zu verstehen. „Wir haben Wochenende und da kommen viele Inder an den Strand. Die kaufen nichts.“ Sollten wir das glauben oder einfach so stehen lassen? „Wir merken ganz enorm die Thomas Cook Pleite. In den Jahren davor kamen im Januar mindestens doppelt so viele Touristen hierher und wir hatten tolle Umsätze. Jetzt kämpfen wir Tag für Tag und kommen an manchen Tagen kaum auf das Minimum, welches wir umsetzen müssen, um existieren zu können.“ „Und was ist das Minimum?“ „Wir müssen 2.000 bis 3.000 INR (25 bis 37 €) erreichen, damit wir alles bezahlen können.“ So eng hängt alles durch die Globalisierung zusammen. Sogar das kleine Goa merkte, dass eine Flug- und Reisegesellschaft in Europa pleitegegangen war.

      Und wieder kamen wir an dem kleinen Toilettenhäuschen vorbei, welches uns täglich zum Schmunzeln brachte. Es gehörte zu einem der Lokale am Strand, lag 50 m landeinwärts und man brauchte einen Schlüssel, wenn man das stille Örtchen besuchen wollte. Auf der seitenwand des Häuschens klebte ein riesiges Plakat: „Wir akzeptieren Kartenzahlung, egal ob Visa oder Master Card“. Da die Benutzung des Örtchens kostenlos war, konnte mit der Bezahlung nur das Chelsea Lokal am Strand gemeint sein. Am Liebsten war Indern Barzahlung, egal wo, wann und wofür.

      Heute Abend, es war schon fast dunkel und die Sonne längst verschwunden, nur der bunte Himmel war noch zu sehen, gingen wir am Beach linksherum in südliche Richtung und wollten uns eines der bunt beleuchteten Lokale aussuchen. Wir blieben bei Domino hängen, einem Portugiesen, der seit seiner Kindheit in Indien lebt. Es waren nur noch zwei weitere Tische belegt. Das Essen wurde, wie fast überall, frisch zubereitet und brauchte somit eine gewisse Zeit, bis es auf den Tisch kam. Domino kam zwischendurch an den Tisch und erzählte uns von der Hochzeit, die gestern in seinem Lokal stattgefunden hatte. Wir hatten die Musik und die ausgelassene Stimmung am gestrigen Abend gehört, aber nicht registriert, dass es so nahe war. Es waren zwei Skandinavier, die sich hier gestern das Versprechen der ewigen Liebe gaben. Der Brautstrauß, den wir gestern auf dem Hochzeitsauto an der Straße gesehen hatten, hing nun unterm Dach, über dem Eingang zum Lokal.

      Während Achim ein Gemüse Curry mit Reis bestellte, hatte ich eine Portion Penne mit roter Soße. Beides nicht scharf und sehr lecker. Auch das Naan war passend. Mit Wasser und Saft zahlten wir wieder knapp 10 €. Der helle Abendstern hing auch heute strahlend am Himmel und wir prosteten unseren Lieben zu, die uns sehen konnten, wo immer sie sein mochten. Unterwegs, am Dorfplatz, nahe des Hotels war eine große Leinwand aufgebaut und rund 20 Leute standen davor und besahen sich das Fußballspiel: Kerala gegen Goa. Es stand 0: 1 für Goa.

      Zurück auf dem Zimmer, lasen wir noch bis halb elf. Zwischendurch knallte mal wieder die Sicherung durch. Erstaunlicherweise waren aber nur das Zimmer und Teile der Außenbeleuchtung betroffen. Im Bad – Achim war eben dabei sich die Zähne zu putzen – brannten noch alle Lampen.

      26.01.20, Sonntag

      In der Nacht hatten die Nachbarn wieder den 5-Minuten-Rhythmus der Klimaanlage eingeschaltet. Nervend und schlafraubend. Um 1 Uhr kam die Dorfjugend laut jubilierend von den verschiedenen Partys nach Hause. Ihr Gesang und Lachen waren nicht zu überhören, ebenso das Bellen der Hunde, welche sie begleiteten. Kurz nach sechs ging im Zimmer nebenan die Diskussion erneut los. Konnten die sich endlich einigen, wer zuerst ins Bad ging? Nun denn, sie zogen heute ja aus. Um halb neun streckten wir uns ein letztes Mal und machten uns fertig fürs Frühstück. So kalt, wie das Rührei und der Kaffee heute waren, war das Frühstück bestimmt schon fertig, bevor wir wach wurden. Was konnten wir für 1 € auch mehr erwarten? So machten wir uns fertig und marschierten zum Strand. Unser Plan sah vor, die linke (südliche) Seite bis zum nächsten Strand zu erwandern. Wir hatten zwar keine Ahnung, wie weit das sein würde, gingen aber lustig darauf los. Auch heute waren unzählige Inder am Meer, welches derzeit den Höchststand der Flut zu haben schien. So blieben nur wenige Meter, um an der Böschung des Strandes entlangzulaufen, bevor dann der rund ein Meter hohe Absatz, worauf die Liegen standen, kam. Wir konnten nicht zählen, wie oft uns eine Liege, ein kaltes Bier oder etwas zum Essen angeboten wurde. Auch Frauen und Drogen waren im Angebot. Nach mindestens einer Stunde strammer Wanderung, war es an der Zeit, etwas zu trinken. So setzten wir uns in eine ziemlich vergammelte Hütte, da wir mit Getränken kaum etwas falsch machen konnten. Ein bestellter, frischer Ananassaft konnte auch prompt nicht geliefert werden, da kein Strom vorhanden war. So tranken wir Wasser aus der Flasche. Auf dem weiteren Rückweg mussten wir in einem Lokal Halt machen, weil mich ein menschliches Rühren nötigte, die leider nicht sehr einladende Toilette aufzusuchen. So verbanden wir das mit einem kleinen Mittagessen, da es bestimmt längst Essenszeit war. Es schmeckte lecker und kostete mit Getränken (für uns Beide) knapp 5 €. Auf dem Weg zurück sahen wir am Strand ein großes Schild: „Wir akzeptieren ihre Kreditkarte. Sollte das Gerät heute nicht funktionieren, zahlen sie bitte in bar“. Vermutlich sollte das für alle Lokale am Beach gelten.

      Am Shop von Mutter Lakshmi war heute die Tochter da. Ein alter Schwede saß bei ihr und erzählte uns, als er hörte, dass wir aus Köln kommen, dass er im Jahre 1972 Mal dort gewesen sei, weil er mit dem Auto zwischen Bonn und Köln liegengeblieben sei. Er schwärmte vom Dom und der tollen Altstadt.

      Nach der Mittagspause, in welcher Achim die Bilder des heutigen Strandganges auswertete und ich eine Stunde herrlich schlafen konnte, erledigten wir verschiedene Anrufe in die Heimat. Schon toll, dass man so weit von Deutschland entfernt recht gut telefonieren konnte. Manches Mal hörte es sich etwas verzerrt an, insgesamt aber zufriedenstellend. Auch Videoanrufe über WhatsApp klappten gut.

      Auf dem Weg zum Strand bestellten wir bei Lakshmi im Shop eine Tischdecke, die meine Schwester in Auftrag gegeben hatte. Lakshmi hatte heute kräftig Betel gekaut. Lippen und Zunge waren tiefrot. Vermutlich musste sie etwas gegen ihre Müdigkeit und die Anstrengungen tun. Da kam das Kauen der Betelnuss bestimmt gerade recht. Zum Quasseln war sie nicht aufgelegt, da noch andere „Freunde“ in ihrem Shop saßen. Am Strand gingen wir heute direkt in den ersten Laden, da uns diese Ganoven seit Tagen immer wieder einluden, in ihrem Restaurant etwas zu essen. Zunächst wurde die Musik mit enormen Bässen laut aufgedreht. Als wir uns über die Lautstärke beschwerten, drehte die Bedienung sofort leiser. Das bestellte Essen war lecker und es reichte eine bestellte Portion wieder für uns beide. Heute hatte ich Lust auf ein Bier und bestellt mir ein


Скачать книгу