Das Geheimnis des wahren Evangeliums - Band 2. Johanne T. G. Joan

Das Geheimnis des wahren Evangeliums - Band 2 - Johanne T. G. Joan


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bar Kleophas aber, sein Vetter, der nicht weit davon entfernt stand sagte: „Haltet ein, warum steinigt ihr den

      Gerechten? Seht, er betet für euch die wunderbarsten Gebete.“28

      Denn sie alle schrien einmütig: „Kommt, laßt uns den Gerechten steinigen!“ Und sie erhoben sich und sagten: „Ja, laßt uns diesen Mann töten, daß er aus unserer Mitter hinweggenommen sei, denn er ist uns ein Gräuel.“29

      Gilberto fiel plötzlich das XP-Symbol ein, das im Zusammenhang mit dem Kaiser Konstantin stand und wollte wissen: “Übrigens, ist das XP-Symbol nicht auf eine Vision Konstantins zurückzuführen? Was bedeutet XP eigentlich?“

      Carlucci winkte ab und sagte:

       Chi-Rho-Symbol. Bildnachweis Nr. 64

      „Die ganzen Visionen, die angeblich von Kaisern empfangen wurden, muss man sehr mit Vorsicht genießen, denn antike Kaiser hatten gerne Visionen und begründeten ihre Entscheidungen damit. Wenngleich sie natürlich nur solche bekannt gaben, die sich bewahrheiteten und für politische Zwecke eingesetzt werden konnten.“

      „Trotzdem würde es mich interessieren, was es mit dem Zeichen auf sich hat!“, insistierte Gilberto.

      „Konstantin der Große soll eine Erscheinung am Himmel, deren Bedeutung sich der Kaiser zunächst nicht habe erklären können, empfangen haben. Auch das ganze Heer, das ihn begleitete, sei Zeuge dieser Erscheinung gewesen.

      Anschließend soll ihm Christus im Traum befohlen haben, dieses Zeichen auf die Schilder seiner Krieger und auf das neu als Feldzeichen eingeführte Labarum als Abwehrzeichen im Kampf mit den Feinden einzusetzen mit den Worten: „In diesem Zeichen wirst du siegen“, das tat er dann und siegte. Aus diesem Grund wird dieses Symbol auch als das Konstantinische Kreuz bezeichnet.“

      „Irgendwie erinnert mich die Melodie des Satzes „In diesem Zeichen wirst du siegen“ an den Satz: „Auf diesen Stein wirst du meine Kirche bauen?“

      „Ja, da ist was dran!“ wunderte sich Carlucci und referierte weiter:

      „Unklar ist, ob Konstantin die Vision vor der entscheidenden Schlacht bei der Milvischen Brücke gegen Maxentius 312 oder vor der entscheidenden Schlacht gegen Licinius bei Chrysopolis empfangen hat. Man vermutet, dass es sich um die Schlacht auf die Milvischen Brücke handelte, die einstürzte und bei der das feindliche Heer ertrank.“

      „Und die Vision war einerseits das Zeichen XP, andererseits die Stimme, die Konstantin aufforderte das Zeichen für seinen Kampf zu nutzen?“

      „Nicht ganz, denn es sind zwei verschiedene Visionen überliefert.“ Gilberto wurde plötzlich hellhörig und machte sich sogleich Notizen:

      „In der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober soll Konstantin in einem Traum von Jesus aufgefordert worden sein, «das Zeichen Gottes am Himmel», ein sogenanntes Staurogramm, auf den Schilden seiner Soldaten anbringen zu lassen und so in den Kampf zu ziehen. Er tat angeblich, wie ihm befohlen wurde. So berichtet es der christlich-lateinische Rhetor Laktanz um 315 in seiner Schrift“

      „Also das Zeichen XP.“

      „Ja, aber 337 nach Christus, also 22 Jahre später will Eusebius von Cäsarea von Konstantin selbst eine andere Version seiner Vision gehört haben: Konstantin habe Gott in Gebeten um ein wunderbares Zeichen angefleht und in der Tat ein solches von ihm erhalten; er habe einmal zur Mittagsstunde am Himmel ein Kreuz ganz aus Licht und die Sonne überlagern, gesehen – zusammen mit dem Schriftzug «Durch dieses siege!».

      „Soso! Eusebius von Cäsarea!?“, wiederholte Gilberto ein wenig spöttisch.

      „Um seine Aussage zu untermauern, leistete Eusebius auch noch einen Eid darüber.“

      „Einen Eid auch noch! Es erinnert mich an etwas!“, entsann sich Gilberto. Er betrachtete seine Notizen und setzte seine Überlegung fort:

      „Es gibt also zwei verschiedene Versionen der Erscheinung, über die zwei verschiedene Personen berichten und zwar in einem Abstand von 22 Jahren. Man weiß nicht, um was für eine Schlacht es sich handelt und vermutet, es ging um die Schlacht auf die Milvischen Brücke, bei der die feindlichen Soldaten und vermutlich deren Anführer ertranken, als die Brücke einstürzte?“

      Carlucci nickte zustimmend und erklärte:

      „Eigentlich weiß niemand wirklich, was dieses Zeichen bedeutet, denn die Beschreibung der Vision, von der Lactantius berichtet, ist nicht ganz klar, es soll einem Chi-Rho ähneln, dem Christuszeichen, denn soviel ich weiß hat Konstantin von einem Zeichen gesprochen und nicht von zwei verschiedenen Buchstaben. Einerseits ergeben die Buchstaben XP die ersten zwei Buchstaben des Wortes Christus auf Griechisch, also Χριστός, andererseits ist das X ein Kreuz und steht für die Kreuzigung Christi. Neben dem Zeichen rechts und links sind oft die griechischen Buchstaben Alpha und Omega abgebildet.

      Die Ähnlichkeit der griechischen Buchstaben X (Chi) und P (Rho) mit den lateinischen Buchstaben X und P veranlasste in späterer Zeit die Interpretation des Symbols als Kurzform des lateinischen Pax (Frieden) oder Pax Christi, das ist die dritte Deutung.“

      „Ja, es scheint wirklich niemand wirklich zu wissen, was dieses Zeichen bedeutet“, stimmte Gilberto zu.

      „Es gibt aber noch eine Deutung“, sprach Carlucci weiter. „Nämlich für die ägyptische Bezeichnung Maa k Heru, die übersetzt das „wahre Wort“ oder das „Wort der Wahrheit“ heißt. Der ägyptische Doppellaut kH wird bei den Griechen mit dem Buchstaben X dargestellt.“

      Gilberto versuchte, sich aus den Angaben Carluccis einen Reim zu machen, und sagte:

      „Gesetzt den Fall Konstantin hätte wirklich eine Vision empfangen, dann wäre er wohl der einzige, der die Buchstaben hätte deuten können. Tat er aber nicht, er sprach lediglich von einem Zeichen. Sämtliche Deutungen des Symbols, die bisher gemacht wurden, sind demnach nur Mutmaßungen.“

      Gilberto sah noch einmal auf seine Notizen und sagte:

      „Durch das Ergebnis unserer bisherigen Forschungsarbeit haben wir Grund zur Annahme, dass die ganze Sache sich völlig anders abgespielt hat, als sie überliefert wurde. Wann immer die Verschwörung seine Anfänge gehabt hat, Konstantin war im Bilde über die Vorteile, die ihm das Christentum bringen würde. Wir haben gesehen, dass überhaupt kein Konzil zu Nizäa stattgefunden haben kann, und so verhält es sich auch mit dieser Angelegenheit. Konstantin selbst berichtete von einem leuchtenden Zeichen, das einem Chi-Rho ähnelte, er sagte lediglich, dass es sich um das Christuszeichen handelte. Wir haben gleich vier Deutungen und ich denke, dass auch in diesem Fall der Verfälscher die Finger im Spiel hat, denn der ganze Hergang trägt ein weiteres Mal die Fingerabdrücke des Verschwörers und vereint fragliche Elemente, die wir sowohl aus dem Neuen als auch aus dem Alten Testament kennen.“

      Gilberto legte eine Pause ein, während Carlucci gespannt auf die Fortsetzung der Überlegungen seines Freundes wartete.

      „Alles deutet daraufhin, dass auch in diesem Fall der Verfälscher über den Hergang der ganzen Sache auf unbewusster Ebene einen Zusammenhang zu anderen überlieferten Szenarien herstellen wollte.“

      „Ja, Moment mal! Wir befinden uns hier um 300 nach Christus!“, unterbrach Carlucci.

      „Es ist mir schon klar!“, erwiderte Gilberto, „wenn die Verschwörung viel früher stattgefunden hat, dann hat der Verfälscher offensichtlich die, die nach ihm kamen, in seine Strategie eingeweiht, denn diese Motive, die wir bereits als Fälschung entlarvt haben, wiederholen sich auch hier erneut:

      1. Die Schlacht an der Milvischen Brücke, die zusammenbrach, und der Feind, der samt Anführer im Fluss ertrank,


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