Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane. Pete Hackett
Zaster. Die Ranch hochbringen? Noch mehr Weideland und Kühe? Ich hab die Schnauze voll davon. Ich denk nicht dran, dafür meinen Skalp gegen Ringo Jefford und seine Bande zu riskieren.“
McDunns Mundwinkel verkniffen sich. Er starrte die Söhne seines Ranchers brennend an. „Verdammt noch mal, für wen macht der Boss denn das alles? Für wen rackert er sich die Seele aus dem Leib, he? Habt ihr vergessen, dass die Ranch, das Land, die Rinder eines Tages euch und eurem Bruder Will gehören werden?“
„Eines Tages!“ Jess Bancroft spuckte aus. „Wenn wir grau, sattellahm und halbtot geschunden sind, was? Vorausgesetzt, wir kommen hier mit heiler Haut davon. Du bist ein Narr, Jim. Du tust ja fast so, als sei es dein Zaster.“
„Ich hab hier das Kommando. Der Boss verlässt sich darauf, dass ich den Herdenerlös auf den Cent genau bei ihm abliefere. Jefford bekommt die Bucks nur über meine Leiche.“ Sein Blick bohrte sich wieder in die Dunkelheit. „He, Jefford, du Hundesohn, du wartest umsonst. So billig bekommst du die Beute nicht.“
Ringo Jeffords lässige Stimme klang jetzt eine Spur schärfer. „Wie du willst, Cowboy. Vorwärts, Amigos, beweisen wir diesem Strohkopf, dass er keine Chance hat.“
Verschwommene Geräusche sickerten aus der Nacht: Hufgestampfe, Leder knarrte, das Klirren von Metall. McDunn schob entschlossen den Winchesterlauf über eine Felskante.
„Lasst sie ‘rankommen! Schießt erst auf mein Zeichen! Nur ruhig, Jungs, wir haben genug Munition, um einen ganzen Indianerstamm aufzuhalten.“
Die Männer atmeten gepresst. Anfangs waren die Bewegungen in der Finsternis vor ihnen mehr zu ahnen, als richtig zu sehen. Dann schälten sich allmählich schwarze Reitergestalten aus der Nacht. Die Banditen ritten lässig und ohne auf Deckung zu achten heran, so, als könnte ihnen keine Kugel etwas anhaben.
„Jetzt!“, zischte der Vormann. „Gebt es ihnen!“
Die Finger an den Abzugsbügeln krümmten sich. Es klickte nur metallisch. Einer der Cowboys fluchte erschrocken. Ein Zucken jagte über McDunns Miene. Blitzschnell betätigte er den Repetierbügel, zielte auf den vordersten schemenhaften Reiter und drückte wieder ab. Nichts!
Jeffords spöttisches Gelächter erfüllte die Nacht. Keuchend warf sich McDunn herum. „Zu den Pferden!“
„Zu spät!“, meldete sich Jess‘ eisige Stimme beim Feuer. „Du hättest tun sollen, was Larry dir vorschlug. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, Jim.“
McDunn und die beiden anderen Cowboys der Bancroft-Ranch starrten den hageren Ranchersohn in fassungslosem Entsetzen an. Jess hatte einen Fuß auf die prall mit Geldscheinen gefüllten Ledertaschen gestellt. Er hielt die Winchester im Hüftanschlag. Die Mündung deutete auf den Vormann. Im blass-roten Schein der niedrig züngelnden Flammen glich Jess‘ von Narben gezeichnetes Gesicht mit den tiefliegenden Augen einer Teufelsmaske. Larry trat neben ihn. Sein junges bleiches Gesicht war von derselben grausamen Entschlossenheit erfüllt wie die Miene seines Bruders.
„Nein!“ Das Wort kam wie ein heiseres Stöhnen aus McDunns Kehle. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. „Um Himmels willen, Jungs, ihr könnt doch nicht …“
„Doch, Jim!“, unterbrach Jess ihn hart. „Wir haben die Patronen in euren Gewehren präpariert, und wir werden auch dafür sorgen, dass niemand erfährt, was hier geschehen ist …“
Ehe McDunn eine Bewegung machen konnte, stach ein Feuerstrahl aus Jess Gewehr. Der Vormann prallte rücklings gegen die Felsendeckung. Die Winchester entglitt ihm. Ächzend presste er beide Hände gegen die Brust. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor. Jess schoss nochmals, und McDunn stürzte, als sei ihm der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Der Mann rechts von ihm hatte seinen Karabiner weggeworfen und versucht, den Revolver zu ziehen. Jetzt fiel er ebenfalls. Steif wie ein Brett kippte er vornüber. Larry Bancrofts Kugel hatte ein hässliches Loch in seine Stirn geschlagen.
Der dritte Weidereiter rettete sich mit einem verzweifelten Sprung in die Dunkelheit auf der anderen Seite der Felsklötze. Aber das Klappern der Hufe auf dem steinigen Grund war schon zu nahe. Jess schrie: „Aufgepasst! Lasst ihn nicht entkommen, sonst fliegt alles auf!“
Pferde wieherten und schnaubten, Steine kollerten, dann ging alles im Krachen mehrerer Revolver unter. Der langgezogene Schrei dazwischen klang nur wie ein schwaches fernes Echo. Gleich darauf zügelte Ringo Jefford seinen hochbeinigen Rapphengst neben dem niedrigen Campfeuer. Mit seinem dunkel gestreiften Anzug, der Kragenschleife und dem flachkronigen schwarzen Hut sah Jefford wie ein Berufsspieler aus. Ein 38er Remington Revolver ruhte in seiner nervigen Rechten. Sein schmales, gut geschnittenes, aber kaltes Gesicht zeigte keine Regung. Nur das Funkeln in seinen dunklen Augen schien sich zu verstärken, aber daran konnten auch die Flammen schuld sein.
„Erledigt!“, sagte er knapp. „Habt ihr das Geld?“
Jess schwang die prall gefüllten Ledertaschen auf die Schulter. Die Narbe auf seiner Wange leuchtete wie ein Kreidestrich. Ein wildes Grinsen spannte seine dünnen Lippen. „Genug für uns alle! Wir werden uns drüben in Mexiko verdammt schöne Tage machen, was, Ringo? Larry und ich kehren nie mehr auf die Ranch zurück. Kein Mensch wird ahnen, dass Tom Bancrofts Söhne mit der berüchtigten Jefford-Bande unter einer Decke stecken.“
Er lachte rau und laut. Die kaltäugigen, schwerbewaffneten Reiter, die hinter Jefford zwischen den Felsen auftauchten, grinsten. Lässig hob der schlanke, dunkel gekleidete Bandenboss die Schultern.
„Worauf wartet ihr noch? Steigt auf die Pferde. Wir teilen erst, wenn wir auf der anderen Seite der Grenze sind.“
2
„Chad!“ Der verzweifelte Aufschrei der jungen, schwarzhaarigen Frau hallte in den hitzeflimmernden Hügeln, die sich rings um die kleine Ranch ausdehnten. Keuchend versuchte sich die hübsche Mexikanerin aus dem Griff der harten Fäuste zu befreien. Doch der hochgewachsene wie ein Cowboy gekleidete Mann, dessen Wangen von blonden Bartstoppeln bedeckt waren, lachte nur heiser. Wilde Gier glitzerte in seinen graugrünen Augen.
„Da hab ich ja ‘ne richtige kleine Wildkatze erwischt, was? So viel Feuer im Blut, das gefällt mir, Muchacha. Warte, ich werde dich schon zähmen, du Biest! Versuch nur ja nicht, mir die Augen auszukratzen, sonst holt dich der Teufel!“
Seine Fäuste umklammerten die Handgelenke der jungen Frau wie Schraubstöcke. Er presste sie heftig an sich. Die Nähe ihres biegsamen, sich windenden Körpers machte ihn noch verrückter. Unter seinen Stiefeln knirschten die Scherben des Tonkrugs, mit dem die Mexikanerin ihm zuvor frisches, klares Quellwasser zum Trinken angeboten hatte. Der staubbedeckte Cayuse des Blonden war hastig an einem Vordachpfeiler des niedrigen, mit Erdschollen gedeckten Ranchhauses festgeleint.
„Chad!“, schrie die Frau wieder.
Ihre Gegenwehr erlahmte allmählich. Entsetzen flackerte in ihren mandelförmigen braunen Augen.
„Schrei nur!“, keuchte der Halunke, während er ihre Arme nach hinten zwang. „Er hört dich ja doch nicht. Er ist irgendwo weit draußen auf der Weide. Seine verdammten Rinder gehen ihm ja über alles, genau wie meinem Oldman. Gib es auf, Puppe! Hier sind wir ganz allein und niemand.
„Irrtum, Will! Wenn du sie nicht auf der Stelle loslässt, schieße ich dir eine Kugel durch den Kopf, ohne dass es mir hinterher leid tut!“
Die metallisch klingende Stimme riss Tom Bancrofts zweitältesten Sohn herum. Der große, breitschultrige Mann, dessen wettergegerbtes Gesicht auf kein bestimmtes Alter schließen ließ, war lautlos wie ein Indianer zwischen den Kreosotbüschen an der Hüttenecke aufgetaucht. Das gleißende Sonnenlicht versilberte den langläufigen Frontiercolt in seiner rechten Faust. Der Mann stand so unbeweglich wie ein Felsblock, und genauso hart und unerschütterlich wirkte er auch. Eiseskälte schimmerte in seinen blauen Augen.
„Du hast geglaubt, ich merke nicht, wie du schon seit Tagen hinter mir her spionierst, Will, was? Als ich heute deine Fährte auf meinem Land entdeckte, da wusste ich, wohin du reiten würdest. Ich