Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane. Pete Hackett
in Bewegung setzte, beachtete er Jube Dwyer schon nicht mehr. Er wusste genau, dass es keinen Mann in seiner Crew gab, der es darauf ankommen ließ, dass er einen Befehl wiederholte. Er zügelte sein Pferd vor Will und starrte finster auf ihn hinab.
„Sei froh, dass ich jetzt keine Zeit habe, mich näher mit dir zu befassen. Aber die Unterhaltung darüber, was hier passiert ist, ist nur aufgeschoben. Nein, sag jetzt nichts. Fang nicht wieder zu lügen an. Ich kenne dich, und ich kenne Chad. Heb deinen Revolver auf, hol dein Pferd her, und steig auf. Wir reiten auf der Fährte der Jefford-Bande.“
„Was ist passiert?“
„Jefford hat das Geld für die Herde, die McDunn in Silver City in meinem Auftrag verkaufte“, erwiderte Bancroft dumpf. „McDunn, Wallace und Harper sind tot. Ich habe Brandon nach ihnen ausgeschickt, als sie zu lange ausblieben. Er hat sie gefunden, oder vielmehr das, was die Geier und Coyoten von ihnen übrig gelassen haben. Jess und Larry sind verschwunden. Den Spuren nach hat Jefford, dieser blutige Schuft, sie als Geiseln mitgenommen. Ja, verdammt noch mal, während du hier draußen auf Chads Ranch herumstrolchtest, musste ich alle Hebel in Bewegung setzen, um einen Verfolgertrupp in die Sättel zu bringen. Wer weiß, ob wir Jeffords Vorsprung je aufholen. Aber ehe ich Chad bitte, mitzukommen, wirst du dich gefälligst bei ihm und seiner Frau entschuldigen!“
Will wechselte die Farbe, schluckte und murrte: „Wüßte nicht, was Kelly mit unserer Jagd auf Jefford zu tun hat.“
„Nein? Dann will ich es dir sagen.“ Mit gefährlich funkelnden Augen beugte sich Bancroft auf seinem Pferd vor. „Ganz New Mexico weiß, was Ringo Jefford für ‘n gerissener Hundesohn ist. Ich bin leider nicht mehr jung genug, um es allein mit ihm aufzunehmen.“
„Du hast mich, Jube und die anderen. Wir sind alle verdammt fix mit den Kanonen. Was, Jungs?“
„Großartig, ja!“ Bancroft lachte ächzend. „Wenn es irgendein Problem gibt, dann bist du gleich mit der Kanone da! Das ist alles, was du kannst, außer Schürzen jagen und lügen! Aber um mit Jefford fertig zu werden, um ihm das Geld abzujagen und deine Brüder herauszuhauen, bedarf es mehr als eines Dutzends schneller Schießeisen, du Narr! Da gehört ein Mann her, der nicht nur mit dem Colt, sondern auch mit seinem Verstand umzugehen weiß, ein Mann, der sich auf Spuren versteht wie ‘ne Rothaut. Ich kenne keinen besseren Hombre für diesen Höllenjob als meinen ehemaligen Sattelpartner Chad Kelly. Und deshalb, mein Junge, wirst du dich auf der Stelle bei ihm entschuldigen.“
Mit zuckenden Mundwinkeln trat Will einen Schritt zurück. „Wenn du willst, dass Kelly mitreitet, dann streich mich von deiner Liste!“
Bevor die meisten begriffen, was geschah, hatte Bancroft das zusammengerollte Lasso von seinem Sattel losgemacht. Der blitzschnelle wuchtige Hieb traf Will quer übers Gesicht. Die Haut platzte auf. Der Sohn des Ranchers stürzte zu Boden. Kein Klagelaut kam zwischen seinen zusammengepressten Zähnen hervor.
Mit unbewegter Miene hängte Bancroft das Seil an den Sattel zurück, wendete seinen Rotfuchs und ritt zu Chad. „Ich entschuldige mich für ihn“, sagte er mit Überwindung. „Ich hoffe, dass eines Tages doch noch ein richtiger Mann aus ihm wird, vielleicht wenn wir die Jagd auf Jefford zu Ende gebracht haben. Chad, du weißt nun, um was es geht. Ich bin kein Mann der vielen Worte. Wenn ich sage, dass ich nur mit dir eine Chance habe, die vierzigtausend Dollar und meine Jungs zurückzuholen, dann meine ich das auch so.“
Jube Dwyer und die anderen Bancroft-Cowboys waren wieder aufgesessen. Insgesamt waren es zehn Mann, die der Rancher zusammengetrommelt hatte. Jeder trug einen Revolver am Gürtel und ein Gewehr im Sattelfutteral. Außerdem führten sie Lastpferde mit, die mit wetterfest verpackten Bündeln beladen waren. Alle Männer blickten abwartend auf Chad.
„Bist du sicher, Tom, dass Jess und Larry bei Jefford sind?“, fragte dieser.
Bancroft nickte. „Sonst würde ich meine Ranch nicht im Stich lassen. Du weißt, was sie mir bedeutet. Aber eher geht hier alles zum Teufel, bevor ich meine Jungs der Willkür eines Hundesohns wie Ringo Jefford überlasse! Zugegeben, Jess und Larry sind wilde Burschen, die mir schon ‘ne Menge Ärger bereitet haben. Aber das zählt nicht mehr, wenn es um ihr Leben geht. Verstehst du, Chad? Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir dürfen Jefford und seine Schießer nicht zur Ruhe kommen lassen. Wenn diese Kerle erst das Gefühl haben, in Sicherheit zu sein und ihre Geiseln nicht mehr zu benötigen, dann werden sie kurzen Prozess mit Jess und Larry machen.“
Bancrofts sonst so kühle, überlegen blickende Augen flackerten wie im Fieber. Seine knochigen Hände kneteten vor Ungeduld die Zügel. Conchita lief zu ihrem Mann und schlang einen Arm um ihn.
„Jefford ist der gefährlichste Bandit von New Mexiko. Reite nicht mit, Chad. Du hast nichts damit zu tun. Lass mich nicht allein. Señor Bancroft, Sie haben genug Männer, die Ihnen helfen werden, Jefford zur Strecke zu bringen. Sie sind reich und mächtig.“
Der hagere Rancher lachte bitter auf. „Reich? Ich bin ein armer Mann, wenn es mir nicht gelingt, diesen Schurken mein Geld wieder abzujagen! Ich wäre nicht hier, wenn ich Chad nicht wirklich brauchte. Ich streite nicht ab, dass es ein gefährlicher Ritt wird. Chad wird dennoch mitkommen. Er weiß, warum.“
Die braunen Mandelaugen der jungen Frau richteten sich mit einem flehenden Ausdruck auf das ernste Gesicht Kellys. Der breitschultrige Mann nickte langsam. „Er hat recht, Querida. Ich stehe in seiner Schuld. Ohne ihn hätten mich längst die Geier gefressen.“
„Ich habe dich nie daran erinnert, Chad“, sagte Bancroft heiser. „Ich werde es auch nie wieder tun. Nur dieses eine Mal!“
„Schon gut, Tom. Ich komme mit. Ich hole nur noch mein Pferd.“
3
Das Trommeln der Hufe jagte die im Schatten einer Felswand dösenden Banditen von ihren Plätzen hoch. Von einem Augenblick zum anderen war jegliche Müdigkeit von ihnen abgefallen. Es war die eingefleischte Reaktion von wildniserfahrenen, gefährlich lebenden Männern, dass ihre Fäuste wie der Blitz zu den tiefhängenden Revolvern fuhren. Da bog der drahtige Reiter schon um eine Felsecke. Er zügelte sein Pferd so hart, dass die wie zum Sprung geduckten Kerle in eine Staubwolke gehüllt wurden.
„Sie kommen! Sie sind hinter uns her!“
Die Halunken starrten den jungen Larry Bancroft so finster an, als gehörte auch er zu den Männern auf ihrer Fährte. Auf Larrys sonst eher fahlem mageren Gesicht brannten rote Flecken. Jefford nahm lässig seinen schwarzen dünnen Zigarillo aus dem Mund und spuckte in den heißen Staub.
„Wer, verdammt noch mal?“
„Wer schon!“, schnaubte der junge Reiter aufgeregt. „Unser Alter natürlich! Und er hat ‘nen Haufen Leute bei sich, mindestens zehn Mann, alle schwer bewaffnet. Will ist auch dabei. Sie reiten genau auf unserer Fährte.“
Jefford drehte sich halb. Seine spaltengen Augen funkelten zwei nebeneinander stehende Mitglieder seiner Bande an. „Smiley, Hooker, war es nicht euer verdammter Job, die Spuren zu verwischen, bis wir über der Grenze sind?“
Smiley war ein kleiner, wieselgesichtiger Bursche, um dessen dünne Lippen ständig ein hämisches Grinsen zu spielen schien. Eine Messernarbe an seinem rechten Mundwinkel war daran schuld. Hooker war ebenfalls nicht besonders groß, aber viel massiger gebaut, sein Gesicht bartumwuchert. Mit seiner platten Nase und den überlangen muskulösen Armen hatte er irgendwie Ähnlichkeit mit einem Menschenaffen. Außer diesen beiden Kerlen und den Bancrofts ritten noch die Ortiz-Brüder, das Halbblut Caddo und ein hünenhafter rothaariger Mann, den alle nur Redbull nannten, in Jeffords Killercrew.
Smileys grimassenhaftes Grinsen schien sich zu verstärken. Er zuckte die Achseln. „Du weißt, wir sind keine Greenhorns, Ringo. Wir haben getan, was in der Eile zu machen war. Stimmt‘s, Hooker?“
Der Gorillaähnliche grunzte beipflichtend. Jefford streifte wie zufällig die dunkel gestreifte Anzugjacke hinter dem Coltholster zurück. Der Kolben der Waffe war mit Perlmuttschalen ausgelegt. Jeffords verkniffenes Lächeln war eine einzige Drohung.