Blick auf den Nil. Karim Lardi
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Karim Lardi
Blick auf den Nil
Roman
© 2020 Karim Lardi
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359
Hamburg
ISBN | |
Paperback: | 978-3-7497-7865-2 |
Hardcover: | 978-3-7497-7866-9 |
e-Book: | 978-3-7497-7867-6 |
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Inhalt
1. Die ewige Fahrt
2. Nile View
3. Zwischen Räucherstäbchen und Dieseldämpfen
4. Magische Klänge
5. Der Schlüssel zum Glück
6. Begegnung
7. Unter der kleinen Pergola
8. Junge Blogger
9. Die Tochter des Nil
10. Das Märchen
11. Ayman
12. Die Fischer am Nil
13. Die vergessenen Gassen
14. Laura und der Nil
15. Ein Fest im „Paradiso“
16. Saif
17. Vom Euphrat zum Nil
18. Die Disputation
19. Das Café im Viertel
20. Der Odem des Nordens
21. Der Apfel Europas
22. Brief aus Berlin (1)
23. Brief aus Berlin (2)
24. Brief aus Berlin (3)
25. Sandsturm
26. Exzess
27. Die verratene Taube
28. Im Polizeipräsidium
29. Die Kinder des Nil
30. Die Mutter
31. Auf zum Tahrir!
32. Die Kamelschlacht
33. Die verirrte Kugel
34. German Clinic
35. Der Narr vom Tahrir-Platz
36. Die Soldaten
37. Ein Punkt am Horizont
38. Mit oder ohne Bart?
39. Abschied
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Die ewige Fahrt
Als Laura an diesem Vorfrühlingsmorgen das Flugzeug verließ und die Treppe hinunterging, schlug ihr eine für diese Jahreszeit ungewöhnliche Hitze entgegen, wie aus einem Backofen, dessen Tür plötzlich geöffnet wurde.
Um sie herum drängelten sich plötzlich die Passagiere auf engstem Raum, als flüchteten sie vor einem unsichtbaren Verfolger.
„Vergessen Sie die deutschen Gepflogenheiten! Sind Sie in Ägypten, machen Sie es wie die Ägypter! Hier geht Nichts ohne Nahkampf. Hier sind wir zu Hause, hier gelten unsere Regeln. Hier zählen nur diese!“, sagte eine füllige Frau scherzend und zeigte auf ihre pummeligen Ellbogen, als sie sah wie unschlüssig Laura weiterging.
Alle lachten brummig als Laura anfing, sich in dem Gewimmel durchzukämpfen.
Bis sie an der Grenzkontrolle angelangt war, klebten ihr bereits die Kleider auf der Haut, als hätte sie einen langen Marathonlauf hinter sich.
„Was hat eine so wunderschöne Blondine in zarten Jahren hier verloren und was treibt sie allein hierher?“, fragten die verschlingenden Blicke des jungen Grenzpolizisten. Sie muss doch von allen guten Geistern verlassen sein, muss er sich wohl gedacht haben.
Mit ihren leuchtend blonden Haaren, die ihr wie Seide auf die Schultern fielen und in ihrem pastellrosa knielangen Rock, der hin und her schwang, sah sie nämlich unverschämt gut aus. Er starrte sie mit flehender Bewunderung an und rieb sich über seine Augen. Sie hatte eine zarte, rosafarbene Haut, war rund, üppig wie eine reife Mango. Die Königin der exotischen Früchte. Eine Folter für das arme orientalische Auge.
Der junge Grenzpolizist schien unübersehbar zu genießen, was er sah. Er konnte gegen den Adam in sich nicht ankämpfen. Seine leicht versonnen schmachtenden Blicke verrieten dies.
„Großer Gott, lass mich daran ersticken“, sagten sie flehentlich.
Wie gebannt starrte er auf sie, von Kopf bis Fuß als würde er sie mit Laserblicken scannen und sie in seiner geistigen Datenbank zur späteren Verwendung speichern, als, wie aus dem Himmel, die scheppernde Stimme seines Kollegen, ihm tadelnd einen scharfen Befehl in einem provinziellen Dialekt zurief:
„Yalla Abdalla, schuf Schurlak!!! Los an die Arbeit!“
„…und werde nicht sentimental!“, plärrte er aus vollem Hals.
Es folgte gehemmtes Gelächter.
Der junge Grenzpolizist stieß einen Seufzer aus, hob seine Kappe und kratzte sich am Hinterkopf, als wäre es ihm etwas peinlich, bei seiner wahren Absicht ertappt zu werden. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die anderen uniformierten Kollegen schnaubend auflachten.
Sie arbeite als Archäologin, „Ilm al-athar! Ilm al-athar!“, versuchte sie ihm auf Arabisch zu erklären, als er sie hinter einem erhöhten, vergitterten Schalter in gebrochenem Englisch nach dem Ziel ihrer Reise fragte und ihren deutschen Pass stirnrunzelnd in seinen Händen drehte.
„Arch--aeo--log--ist?!“, sagte er wichtigtuerisch und täuschte Erstaunen vor, während seine Brauen hoch bis zum Haaransatz schnellten und seine Augen hastig hin und her hechelten, als würde irgendwie der Begriff in ihm schwer wurmen.
„Ich weiß, Sie können sich es nicht vorstellen, aber das ist ein Beruf und sogar ein aufregender“, sagte sie lachend auf Englisch.
„Dass es noch etwas Anderes geben könnte als deutsche Touristinnen, liegt wahrscheinlich jenseits seines Vorstellungsvermögens…übersteigt seinen Horizont“, kommentierte sarkastisch die füllige Frau, die das Gespräch mitbekommen hatte, schob ihren Kaugummi von rechts nach links und ließ die Wimpern flattern.
Er runzelte die Stirn und überhörte ihren Kommentar. „Laura Talbrück“, flüsterte er vor sich hin mit übertriebener Ernsthaftigkeit, ihren für ihn komplizierten Namen buchstabierend und auf seinem Computer mit einem Zeigefinger zögerlich tippend.
Genüsslich drückte er seinen dicken Stempel in ihren roten Pass. Das feurige Erröten seiner Wangen verriet den Sturm der glühenden Empfindungen, die über ihn gerade hinwegfegten. Schnell erhaschte er verstohlen noch einen letzten Blick und wischte sich den Schweiß von der Stirn, was die Kollegen mit noch lauterem Gekicher quittierten.
„Gepriesen sei der Prophet!“, sagte er als Laura sich zum Gehen umwandte, und verzog seine Lippen zu einem langen lautlosen Pfeifen.
„Die goldenen Sommersprossen scheinen einem den Verstand geraubt zu haben“, frotzelte der Provinzler aus dem gegenüberliegenden Schalter mit einer gespielten, betörenden Stimme, ganz nebenbei, ohne ihn anzusehen.
Laura drückte sich dichter an eine Säule der Gepäckhalle und wartete auf ihre Tasche. Neugierig beobachtete sie, was um sie herum geschah. Die Fluggäste wurden immer nervöser, drängelten sich um