5 lange und 7 kurze Krimis. A. F. Morland
Wirklichkeit beschrieb das Flugzeug dabei eine abfallende Linie und fiel nicht einfach durch.
Kaum war die CV 440 in den Wolken, gab es keine Sicht mehr. Und als Horell versuchte, sie weiter nach unten zu bringen, tauchte auf einmal dicht vor der Kanzel etwas Dunkles, Großes auf, huschte vorbei, und da gab es einen Ruck. Es war, als würde der CV 440 das Seitenleitwerk abgerissen.
Instinktiv zog Horell die Maschine wieder hoch, dabei gerieten sie aus den Wolken, hatten wieder Sicht und wurden von der grellen Sonne geblendet, auf die sie zuhielten.
„Das Seitenruder hat was abbekommen. Es ist kaum noch zu handhaben“, sagte Horell. „Aber ich habe sie wieder auf Kurs. Seht ihr was?“
Und ob sie etwas sahen. Rechts von ihnen war die eine Jetstream zu sehen, die sich entfernte. Die zweite Maschine tauchte gerade in diesem Augenblick aus den Wolken. Aber davon waren nur die Kanzel und ein Stück von der linken Tragfläche zu erkennen. Alles andere war in Flammen und pechschwarzen Rauch gehüllt. Die Maschine, deren Tanks offenbar in Flammen aufgegangen waren, beschrieb einen Halbkreis und tauchte wieder in die Wolken hinein, fast senkrecht, wie der Baron meinte. Die zweite Jetstream verschwand daraufhin auch in den Wolken, und Horell rief dem Navigator zu: „Los, Durchsage an die Bodenstation! Das war glatte Piraterie von diesen Hundesöhnen.“
„Wir haben keinen Kontakt mehr, Roy“, sagte Mores. „Alles tot. Unsere Anlage ist im Arsch.“
„Guten Morgen zusammen!“, brummte Horell. „Ich muss sehen, dass ich landen kann. Mit dem Leitwerk!“ Doch nach kurzer Zeit sagte er: „Es lässt sich wieder ganz gut bedienen. Da muss nur etwas geklemmt haben. Ich gehe wieder auf Nordkurs, und solange wir keinen Funkkontakt haben, fliegen wir nach Kompass. Was macht der Peilfunk?“
Nach einer Weile antwortete Mores: „Peilantenne abgerissen. Kein Empfang.“
„Also müssen wir tiefer, damit wir auf Sicht fliegen und den Standort feststellen können. Charlie, sieh mal hinten nach, was außer der Antenne noch kaputt ist!“
Bradley erhob sich und ging nach hinten. Der Baron blickte ihm durch die Tür nach. In den Sitzen saßen alle noch wie vorhin. Aber sie schienen durchaus gesehen zu haben, was passiert war. Helen Teflin jedenfalls sah aus wie ein Käse.
17
„Haben Sie noch einen Notruf gefunkt?“, fragte Zlanabitnik, der dem blonden, drahtigen Jim Jancton gegenüber saß.
„Nein. Nichts. Von der ganzen Geschichte hat kein Aas etwas erfahren. Die Jetstream ist ins Meer gestürzt. Feierabend. Und die anderen haben sich gehütet, große Reden über Funk zu halten. Sie sind wieder zurück. Die Kerle haben Glück gehabt, ich meine die in der Convair. Wir wissen jetzt, wem sie gehört und wer darin mitfliegt.“
„Na und?“
„Goringer Frachtflug. Ziemlich kleiner Laden. Oft hat Goringer kein Geld, sein Personal zu bezahlen. In letzter Zeit ist er für eine mexikanische Spedition geflogen. Damals, als der Film in Biafra lief, war er auch mit einer Maschine dabei, und die wurde ihm abgeschossen. Er hat noch zwei Flugzeuge. Die Convair und eine noch ältere DC 3. Die CV fliegt ein gewisser Roy Horell, bis vor drei Jahren Captain bei der Luftwaffe, Trinker, Weibergeschichten, Heroin, Ende. Die großen Gesellschaften haben ihn nicht genommen, obgleich er entwöhnt ist. Blieb ihm gerade noch Goringer. Der nun hat ihm Charles Bradley, den wir ja schon mal als Werkspilot hatten, auf die Kiste gepflanzt. Bradley hat ja die Lizenz verloren und muss wieder fünf Jahre pinnen, bis er sie zurückbekommt. Also Copilot. Und dann Mores als dritter Mann. Mores war früher bei Panam, aber die haben ihn gefeuert, weil er etwas mit einer Stewardess anfing, die das nicht wollte. Mores hat Schulden. Ein Spielertyp, sonst harter Bursche. Und die Passagiere sind außer der Teflin, die Schwester, die offenbar freiwillig mitging, so dass mit Entführung und so nichts drin ist. Außerdem kennen wir nun ganz genau die Leute, die uns das eingebrockt haben. Also einmal Baron Strehlitz, ein Deutscher, hier in den Staaten ziemlich populär durch seine Hilfsaktionen, Expeditionsfilme und so. Also einer, der massig viele Freunde hat.“
„Und weiter?“, fragte Zlanabitnik ungeduldig.
„Zwei seiner Leute sind bei ihm. Ein gewisser Michel Dupont. Das ist ein Typ, bei dem man nie weiß, was er gerade machen wird. Also was ich über den gehört habe, reicht mir eigentlich. Und schließlich noch der Chauffeur von Strehlitz, und das ist einer von der Sorte, die nur einmal zuschlagen müssen.“
„Mr. Jancton, ich will wissen, wie alles überhaupt passieren konnte. Ich habe mich darauf verlassen gehabt, dass Ihre Bewachung ...“
„Pech, und es gibt kein Kraut dagegen. Die haben das ganz einfach gemacht, aber dennoch wiederum raffiniert. Es ist passiert, was sollen wir uns aufregen. Die Jungs in der Jetstream haben auch versucht, was sie konnten und wollten die Convair mit einem an sich guten Trick lahmlegen, ihnen die Propeller rasieren und damit ... Na ja, es ist misslungen, weil Horell zu schnell in die Wolken ging. Sie müssen sich dabei irgendwie die Tanks aufgerissen haben. Es ist damit zu rechnen, dass die CV auch etwas abbekommen hat. Zumindest kann sie nicht funken. Die Boys in der zweiten Maschine haben nichts gehört.“
„Aber warum haben sie denn die CV aus den Augen gelassen?“
„Weil sie nicht wussten, ob jemand das abgestürzte Flugzeug gesehen hat. Sie hatten keine Lust, sich von einem Küstenflugzeug aufgabeln zu lassen. Der Luftraum ist doch überwacht, und bestimmt ist die CV im Leitstrahl gewesen.“
„Gewesen, hätte, könnte, müsste! Jancton, Sie beziehen eine Riesensumme. Trotzdem ist die Teflin weggeholt worden. Wissen Sie, was das bedeutet? Für uns und auch für Sie? Jancton, wir müssen die Teflin wieder einfangen. Wir müssen! Jancton, sonst platzt eine Bombe. Das Neueste scheint Ihnen entgangen zu sein. Wallace von der ,Time‘ hat eine Enthüllungsserie angekündigt. Und sinnigerweise produziert er sich damit im Fernsehen. Senator Jackson ist bereits bei uns gewesen und wollte wissen, ob sich das auch auf uns bezieht. Der Name unseres Konzerns sei flüchtig von Wallace erwähnt worden.“
„Dann treten wir Wallace ein bisschen auf die Zehen.“
„Damit würde es Zeit, doch es ist schon zu spät. Der Generalstaatsanwalt hat Anklage gegen Hamilton erhoben. Angeblich hat er Zeugen, dass Hamilton die Teflin bewusst falsch beurteilt hat. — Jancton, ich sage Ihnen, es stinkt bis zum Himmel! Wir müssen wissen, wohin die Teflin gebracht wird.“
„Das wissen wir schon. Sie soll nach Vancouver kommen. Ins Grand Hotel. Im 4. Stock hält man für sie nicht nur zwei Zimmer, sondern auch ein Double bereit. Der Mann, der es arrangiert hat, ist der Sekretär des Barons.“
„Woher wisst ihr das?“
„Zufall, aber wir wissen es.“
„Und wo steckt die Teflin?“
„Fragen Sie lieber, wo die CV 440 steckt. Niemand weiß es. Wie ich erfahren habe, wartet man bereits seit Stunden. Ich habe alles eingesetzt, um die Landung zu überwachen. Die Maschine gilt als vermisst.“
„Das wäre — man sollte nur nicht zu voreilig hoffen — die eleganteste aller Lösungen“, meinte Zlanabitnik nachdenklich.
„Vielleicht haben Sie recht. Ich jedenfalls verlasse mich nicht so sehr darauf, bevor ich das nicht ganz genau weiß.“
„Und was passiert zur Zeit?“, fragte der Manager.
„Die Maschine wird gesucht. Aus dem Funkleitstrahl ist sie raus, aber dann hatte der Nationale Verteidigungsschutz sie auf Radar, doch später ist sie tiefer geflogen, als die Radargeräte sie orten können. Und weil sie auch landwärts flog, interessierte sich die National Defense Control nicht weiter dafür. In Vancouver jedenfalls wird sie mit dem zuletzt gemeldeten Kurs nie ankommen. Sie fliegt weit daran vorbei nach Norden. Und dort ist ein Orkantief. Falls sie wirklich noch fliegen sollte, ist sie jetzt mitten in dem Tief drin. Treibstoff hat sie auch kaum noch, wenn sie überhaupt vollgetankt gewesen war in Oaks. Was auch noch bezweifelt wird.“
„Fazit: Der Ofen ist also für