5 lange und 7 kurze Krimis. A. F. Morland

5 lange und 7 kurze Krimis - A. F. Morland


Скачать книгу
zweimal im Schnee notgelandet. Am besten sind vereiste Seen, aber um diese Jahreszeit ... Also Schnee kriegen wir. Und da liegt eine Bauchlandung für uns drin. Nur da. Sie wissen Bescheid?“

      „Und eine Bauchlandung hier auf dem Platz?“

      „Nicht mit dieser Kutsche, Sir. Die Convair hat einfach zu viel Möglichkeiten am Bauch, die hängenbleiben und die Kiste aufreißen. Nein, bei Schnee weiß ich, was ich habe. Leben, Sir, ist alles. Die Kiste von meinem schönen Chef interessiert mich einen Dreck. — Also, Charles, Nordkurs!“

      Der Baron ging nach hinten, sagte den anderen schonungslos die Wahrheit, weil er nichts von frommen Lügen hielt, die nachher womöglich alle weiteren Anweisungen unglaubwürdig machen könnten. Le Beau sah seinen Freund ernst an.

      „Wie sehen wir dabei aus?“, fragte er.

      „Der Pilot ist ein alter Fuchs. Das habe ich nun auf diesem Flug schon mehrmals feststellen können. Er wird uns so heil herunterbringen, wie das möglich ist. Und du kannst das Fahrwerk ja nachher reparieren“, spottete Alexander lächelnd. „Schließlich hast du mal Flugzeugmechaniker gelernt.“

      „Hör auf mit den Witzen! Was machen wir denn irgendwo in diesem Kaff Vermillion? Wo liegt das überhaupt?“

      „Am Peace River in Alberta. Es ist da relativ flach, so dass Horells Plan klappen könnte. Vielleicht, falls alles gut geht, eine echte Chance.“

      Auch hier irrte er. Vorn im Cockpit wussten sie schon mehr als er. Kaum war er zurück, sah er es ihren Gesichtern und dem Kompass an, dass etwas geschehen sein musste. Und dann bewies es ihm auch ein Blick durchs Fenster.

      Sie hielten jetzt Nordwestkurs. Halb rechts, also im Norden, stand eine kohlrabenschwarze Wolkenwand, die vom Boden bis hinauf ins Endlose zu reichen schien. Gelbe Streifen umrandeten dieses Wolkengebirge.

      Der Baron sprach nicht. Er blickte nur aufs Barometer, dessen Zeiger den Tiefstpunkt erreicht hatte.

      Horell machte ein düsteres Gesicht. Als er Alexander bemerkte, sagte er: „Das wirft alles über den Haufen. Aber ich versuche, diesem verdammten Unwetter zu entgehen. Wir kriegen nicht mehr Höhe. Das kostet auch zu viel Sprit. Ich muss um den Schlamassel herum. Schaffen wir das, gehen wir wieder auf Nordostkurs. Aber das bedeutet für uns so viel Benzin, dass wir Mühe haben, bis zur Schneegrenze zu kommen. Bleiben noch die Berge. Wir könnten auf einer Hochebene landen, auf einem Plateau. Sehen Sie, Mr. Strehlitz. dort unten, da haben wir Schnee — schön glatt und vom Wind vereist. Klasseschnee für eine Bauchlandung. Aber da sind überall noch viel zu viele Felsen. Wir brauchen glattes Gebiet.“

      „Wollen Sie dann da oben im Gebirge sitzen?“, fragte Alexander.

      „Das ist doch halb so wild. Irgendwo sind da auch Menschen.“

      „Ich sehe nirgendwo ein Haus.“ Immerhin gelang es Horell, die Maschine um den Orkanausläufer herum zubringen. Sie flogen jetzt wieder mit Nordkurs genau über den schneebedeckten Gipfeln der kanadischen Rocky Mountains. Und auf einmal schien die Sonne. Sie schien, als wäre nie etwas gewesen. Der Schnee unten auf den Gletschern leuchtete gelbweiß herauf. Bläulichweiß wirkten nur die Gipfel und mit Neuschnee bedeckten Matten der höheren Lagen.

      Aber je weiter sie kamen, desto schneebedeckter waren die Berge. Und dann hatte Bradley das riesige Schneefeld entdeckt. Genau das Plateau, von dem Horell gesprochen hatte.

      Horell flog tiefer. Aber als der Vogel im Tiefflug über das scheinbar glatte Plateau flog, sahen sie, dass überall von einer höher liegenden Felswand losgerissene Brocken herumlagen, die das Flugzeug bei der Landung zerfetzt hätten.

      „Aus, dein treuer Vater! Weiter!“, sagte Horell.

      Noch hatten sie Benzin. Aber dafür fanden sie auch keine einzige Stelle mehr, wo sich Gelegenheit zum Landen geboten hätte. Dumpf blickten die Männer voraus. Horell hielt die Maschine jetzt wieder mehr zur Küste hin, als sähe auch er am Ende nur noch die Chance, im Küstengebiet zu wassern. Eine Notlandung dort war wegen der Riffe und oft dicht unter der Wasseroberfläche verborgenen Schären nicht besser als eine Landung auf Feldern.

      Aber sie hatten wenigstens jetzt mit dem Wetter Glück. Deshalb traf sie das, was kam, völlig unerwartet. Aber noch war es nicht soweit. Sie flogen mit Nordkurs, immer noch auf der Suche nach einer Landegelegenheit. Unter ihnen nahm das Schneeland zu, je weiter sie nach Norden kamen. Und dann mussten sie wieder weit bis zum Meer einem Sturmausläufer ausweichen. Als sie endlich wieder über dem Gebirge flogen, hatte sich unter ihnen das Bild völlig gewandelt. Vom Sturm waren Schneeschauer über die Landschaft gezogen und hatten alles, auch die Täler mit dem weißen Tuch des Todes eingehüllt. An einem Septembertag.

      Wieder hatte die Sonne den Sturm abgelöst, doch diesmal wirkte sie nicht heiter, sondern bleich wie das Land unten.

      Als wenn es Horell geahnt hätte, was kommen würde, hielt er nun mit Ostnordkurs landwärts vom Gebirge weg. Routinemäßig blickte er zur Tankanzeige und sagte: „Damit kommen wir zurecht. Noch gut für zweihundert Meilen, wenn kein Sturm kommt.“

      „Das Barometer marschiert aufwärts“, meinte Mores.

      „Prima, dann klappt ...“

      Er hätte es nicht beschreien sollen. Plötzlich setzte der rechte Motor aus. Er sprang wieder an, als ihn Horell auf Vollgas drückte, aber dann blieb er endgültig weg, und der Propeller kam zum Stehen. Die CV verlor rapide an Höhe. Aber Horell gelang es, die Backbordmaschine auf höhere Drehzahl zu bringen. Nun hielt die Convair ihre Höhe, kam aber nicht mehr so rasch weg und lag mit Schlagseite nach Steuerbord.

      Horell begann sich beängstigend oft nach einer Landefläche umzusehen. Aber der Baron sah keine. Unten wimmelte es von schroffen Felsen, von viel zu schmalen Tälern und ... dort, da kam die Chance!

      Horell hatte es gesehen.

      „Einmal drüber, und ihr alle seht genau hin. Wir dürfen nichts übersehen. Ich kann nicht zu viel Gas wegnehmen, sonst fällt sie gleich durch.“

      Sie donnerte einen Felseinschnitt entlang, der immer breiter wurde, ein großes Tal bildete, das völlig eben aussah. Schnee bedeckte das Land, und niemand konnte wissen, ob darunter nicht scharfe Kanten, Felsspitzen oder sonst etwas vorhanden war, womit man ein bauchgelandetes Flugzeug in Stücke reißen konnte. Aber es schien wirklich alles glatt zu sein.

      Horell zog den nun recht schwerfällig reagierenden Vogel herum, noch eine Schleife. Dann blubberte der Backbordmotor, setzte aus, kam wieder, ging weg, kam erneut, und da war es soweit. Horell konnte nicht mehr überlegen, nicht mehr warten, nicht mehr suchen. Er musste ’runter. Nichts weiter als das. Und er musste es auf der Stelle tun.

      Kurz vor dem Aufsetzen zog Horell die Maschine noch ein wenig hoch. Der Motor machte einen letzten Versuch, zog tatsächlich an, und so kamen sie zuerst mit dem Heck auf. Es polterte, kratzte und knirschte, dann prasselte es, als würden Tausende von Steinen auf den Rumpf geschüttelt. Ein Schlag, der alles durcheinander schüttelte - dann nichts mehr. Nur Stille, absolute, tödliche Stille.

      Horell schnallte sich los.

      „Raus! Nur raus!“, schrie er. „Auch der letzte Tropfen kann noch explodieren! Raus aus der Mühle!“

      Es war, als wiche eine Lähmung von allen. Der Baron stürzte nach hinten, sah die entsetzten Gesichter der beiden Frauen, sah Le Beau, der bereits dabei war, die junge Schwarze loszuschnallen, und sah James, der irgendwo mit dem Kopf angeschlagen zu sein schien und eine Platzwunde an der Stirn hatte, die heftig blutete.

      „Raus jetzt, bevor sie hochgeht!“

      Mores hatte schon die Tür erreicht und stieß sie mit Bradleys Hilfe auf. Eisiger Wind wehte herein. Schnee stob bis in ihre Gesichter. Wie ein Todeshauch ...

      19

      Der Schnee hatte eine verharschte Oberfläche, vereist vom eisigen Nordwind. Unter dem Harsch war es grundlos weich, und die Männer sanken bis zur Brust ein. Der Baron ergriff


Скачать книгу