5 lange und 7 kurze Krimis. A. F. Morland

5 lange und 7 kurze Krimis - A. F. Morland


Скачать книгу
er.

      Sie lachte ihn aus. Der Lift fuhr an. Zlanabitnik packte Helen an den Schultern und schrie sie an: „Davon haben Sie nichts! Ich warne Sie! Sie kleine miese Schnüfflerin!“ Er holte mit der Rechten aus, um sie zu schlagen, während sein Gesicht rot wie eine Tomate wurde.

      Aber er kannte Helen nicht, noch nicht mal im Mindesten. Er hatte die Hand noch zum Schlag erhoben, da packte Helen seinen Arm, drehte sich selbst um, zog mit einem Ruck seinen Arm unter der Schulter durch, drückte mit ihrer Rechten seinen Arm über ihren linken Unterarm im Hebel, dass Zlanabitnik vor Schmerz aufbrüllte. Während er abgelenkt war, krümmte sich Helen, riss ihn über ihren Rücken hinweg, so dass er mit voller Wucht an die Wand des Lifts schlug und am Boden liegenblieb, sie völlig verdattert anstarrte und mit den Augen rollte.

      Der Lift hielt, Helen stieg aus und sagte zu einem jüngeren Mann, der erst auf sie und dann völlig verwirrt auf seinen obersten Chef blickte: „Erklären Sie diesem Gentleman bitte, dass ich seine Art, einer Frau zu nahe zu treten, sehr missbillige! Guten Tag!“ Und so ging sie. Niemand hielt sie auf. Erst als sie schon mit ihrem geliehenen kleinen Flitzer aus dem Werkstor fuhr, begannen sich die beiden Werkschutzleute zu regen, weil ein aufgeregtes Telefon schellte. Vielleicht, dachte Helen, gilt es mir, und sie gab Gas.

      Niemand folgte ihr. Sie gab am Flughafen ihr Auto ab. bestieg eine Stunde später die Maschine nach San Francisco und schwebte in den Lüften, als Mr. Zlanabitnik den Stab der engsten Mitarbeiter um sich versammelte.

      Hätte sie sehen und hören können, was diese Konferenz für sie selbst bedeutete, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Aber natürlich konnte sie nicht hellsehen, und so ballte sich über einem einzelnen Menschen die ganze Macht eines großen Konzerns zusammen, wo man entschlossen war, diese Frau wie ein quälendes Insekt zu vernichten, zu zertreten, aus der Welt zu schaffen. Mord kam dafür nicht in Frage. Der Deburo-Konzern wendete feinere und sichere Methoden an, wenn ihm jemand lästig zu werden drohte. Aber, wie gesagt, Helen Teflin ahnte davon nichts, sie hielt Gewaltanwendungsversuche für wahrscheinlich, aber gerade das gehörte nicht zu den Praktiken des Konzerns.

      Als sie drei Stunden später in ihre Wohnung kam, war die zwar immer noch peinlich aufgeräumt, aber Helen hatte ein viel zu gutes Gedächtnis, um nicht zu sehen, dass Besuch im Apartment gewesen war und sich bis in die hintersten Winkel der Schubladen umgesehen hatte. Sie merkte das bereits beim Eintreten. Ein Hauch eines süßlichen Parfüms hing in der Luft, der schon deshalb nicht normal war, weil sie gerade diese Art von Parfümen hasste. Das war Kaufhaus-Parfüm der Billigklasse, und ihrer Schätzung nach war der Besucher also eine Frau gewesen, dazu eine mit dem Geschmack einer Prostituierten.

      Sie rief Inspektor Wyan an, berichtete ihm, und er hörte sich das erst bis zu Ende an, dann sagte er: „Wollen Sie einen Tipp von mir?“

      „Ich dachte, Sie klären so etwas auf.“

      Unbeirrt sagte er: „Mein Tipp lautet: Nehmen Sie die Finger von der Sache! Im Harrison-Werk hat sich jetzt ein Mann gemeldet, der behauptet, er hätte das Ventil nach dem Unfall wieder geöffnet. Ich hoffe, Sie verstehen, was ich damit sage. Die anderen, sagt dieser Mensch, hätten ihn nicht beobachtet, weil sie alle um den Toten gestanden hätten. Der Mensch, von dem ich rede, heißt McCook, ist Hilfsarbeiter und hat seit heute Morgen Urlaub. Seine Aussage hat er vor einem Notar abgegeben, ist ins Flugzeug gestiegen, um irgendwo — kein Aas weiß, wo — Urlaub zu machen. Wir können ihn nicht verhören. Die Kommission, die morgen kommt, kann das auch nicht. Basta! Und deshalb weiß ich jetzt, wie der Hase läuft. Lassen Sie die Finger heraus, damit Sie so hübsch bleiben, wie Sie sind! Das ist eine schmutzige Geschichte, wie ich meine, und für schöne Frauen wie Sie ist das reines Gift.“

      „Danke für das Kompliment, aber dann hätte ich Mannequin werden müssen. Wo hat dieser McCook sein Zuhause?“

      „Ledigenwohnheim der Harrison Werke, das liegt hinter dem Kraftwerk. Die Leute hier nennen es nur Bullenkloster.“

      „Vielen Dank, Inspektor. Sie hören von mir.“

      „Lieber wäre mir, Sie würden die Finger davon lassen. Ich habe ein feines Gefühl für Sachen, die von Minute zu Minute immer dreckiger werden.“

      „Keine Sorge, ich passe schon auf mich auf. Alles Gute!“, wünschte sie Wyan, und das hatte er nötig.

      4

      „Hören Sie, Inspektor“, sagte McGowan, Ex-Colonel und Chef der Polizei von Oaks. Ein weißhaariger, schlanker SpencerTracyTyp, ein Bilderbuchmann fürs heile Amerika. „Also, Wyan, ich will ja so eine Anzeige nicht weiter tragisch nehmen“, fuhr er fort und sah Wyan aus seinen glasklaren Augen an, „Nur sie besteht, und wir haben da bestimmte Gesetze. Die beiden Leute haben ihre Namen genannt, ich habe sie schon richterlich verhören lassen, also sie würden sogar einen Eid leisten.”

      „Einen Meineid, wollten Sie sagen, Colonel“,verbesserte ihn Wyan gelassen. „Solche Anzeigen wegen Erpressung kennen wir doch. Immer, wenn irgendwo mal was besonders scharf Stinkendes ausgegraben wird von uns, da kommen solche Anzeigen. Was weiter, Sir?“

      McGowan verzog das Gesicht, und sein berufsmäßiges Politikerlächeln schmolz dahin. Als Polizeiboss war er wählbar. Er war in seiner Politikerlaufbahn schon alles mögliche in der Stadtregierung gewesen, auch einmal lange Jahre Bürgermeister, aber nun hatten sie dort einen jüngeren Mann, der liberaler dachte, was schon wegen der Farbigen erwünscht war. Für den konservativen, leicht radikalen McGowan war dann der Sessel des Polizeichefs gerade richtig. McGowan war nicht scharf auf spektakuläre Erfolge, er wollte nur keine Zwischenfälle, keine Pannen, keine Skandale. Er wollte überhaupt nicht auffallen. Das bedeutete in Oaks die absolute Wiederwahl für dieses Amt, Und das Amt gefiel ihm. Alles lief ohne sein Zutun. Die Beamten waren eingearbeitet. Er konnte sich damit abfinden, da und dort ein paar passende und noch öfter ein paar belanglose, nichtssagende Worte von sich zu geben.

      „Ich möchte, dass Sie die längst fälligen Urlaubstage nehmen, Inspektor“, sagte McGowan.

      „Aha.“. '

      „Ja“, fuhr McGowan fort, „denn diese Anzeige ist ja immerhin ärgerlich. Ich weiß auch, dass man Sie irgendwo wegziehen möchte. - Was bearbeiten Sie gerade?“

      Wyan lachte geringschätzig.

      „Ich bearbeite zur Zeit siebenundachtzig Fälle. Welchen, Sir, könnten Sie erwähnt wissen wollen?“

      McGowan wand sich wie ein Wurm.

      „Aber da muss doch einer sein, ich meine, irgendwo stecken doch mächtige Leute dahinter? Zwei Meineide sind doch nicht billig!“

      „Eben, und meist fallen diese Meineid-Experten vor Gericht um, wenn man sie gut herannimmt. Und der neue Staatsanwalt, den wir haben, der legt sie aufs Kreuz. Es wäre doch gut, wenn wir sie bis zum Schwur bringen.“

      Genau das wollte McGowan nicht. Das würde womöglich Skandal, Presseaufmerksamkeit, Unruhe bedeuten. Dinge, die er nicht brauchen konnte. Er wollte lautloses Wirken.

      „Denken Sie mal an die Wahlen!“

      „Ein Erfolg für Sie, wenn wir Ihnen die Hintermänner dieser zwei kleinen Schweinehunde auf den Tisch legen. Vielleicht irgendein riesiger Konzern. Zum Beispiel so etwas wie die Deburo Werke.“ Er sah McGowan forschend an. als wollte er keine Regung seines Chefs versäumen.

      McGowan zuckte beim Namen Deburo Werke zusammen, als wäre er von der Tarantel gebissen worden.

      „Was sagen Sie? Haben Sie etwa einen Fall, wo solche Leute betroffen sind?“

      „Ja, das haben wir.“

      McGowan schnappte nach Luft.

      „Aber, Wyan, ich meine, das können wir ... Also ich bin dafür, dass Sie Ihren Urlaub nehmen. Ich gebe Ihnen noch zwei Wochen für die viele Arbeit, die Sie in letzter Zeit bewältigt haben, zusätzlich. Bezahlt natürlich.“

      Wyan wusste alles. McGowan kniff. Seine Partei bekam von den Deburo Werken


Скачать книгу