Usus Belli. Thorsten Klein

Usus Belli - Thorsten Klein


Скачать книгу
an. Zum Teil mit Finten, die die Schüler nicht einmal bei ihrem Meister gesehen hatten.

      Nun verstand Hotsumi auch den Respekt, den der Meister diesem Fremden entgegenbrachte. Der Respekt des unterlegenen Kampfkünstlers.

      Die anderen Schüler sahen mit Erstaunen sowohl die Angriffe des Fremden, als auch das Ausweichen und Verteidigen ihres Mitschülers. Den hatten sie bisher ob seiner Zurückhaltung beim Kampf für ein Weichei gehalten. Nun sahen sie, was er konnte.

      Hotsumi vermutete, genau das habe Richard Sabota beabsichtigt. Denn plötzlich, nach einem letzten Angriff, den er nicht zum siegreichen Ende führte, trat er einen Schritt zurück und verneigte sich vor seinem Gegner. Wie ein Meister, der die Leistung seines besten Schülers anerkennt.

      Der schien froh zu sein, so aus dem Kampf zu kommen, und verneigte sich tiefer, als es der Respekt erfordert hätte.

      Ort: Psyche, Berlin, im Reichstagsgebäude

      il caskar bekam Respekt vor Takhtusho. Nur zähneknirschend zwar, aber immerhin Respekt. Dieses Gefühl ließ er nur langsam zu.

      Immerhin hatte Takhtusho Fähigkeiten, die il caskar immer mehr vermisste. Kein Wunder, dass der besser war, als er. Er hatte auch diesen Menschen entdeckt, der dem Kummerritter so ähnelte. Mitten im Sitzungssaal des Reichstages. Und trotz der Dunkelheit.

      „Ob der den Fußboden reinigt?“, fragte il caskar. In der Hoffnung, Richard Kummers Reinkarnation sei als Reinigungskraft in diese Welt zurückgekehrt.

      „Mit Benzin? Wohl kaum.“

      „Das ist Benzin? Will der die Bude abfackeln?“

      „Sieht so aus.“

      „Wir nehmen ihn fest, präsentieren ihn der Polizei und sammeln Pluspunkte. Bei den Nazis, den Bullen und beim Hohen Rat.“

      Takhtusho hielt il caskar zurück. „Hast du vergessen, dass die SS jetzt die Polizei ist. Der Typ hat mit Ether gesprochen. Ether ist die SS. Die wissen also Bescheid. Ich glaube kaum, wir bekommen mit dieser Enthüllung bei irgendjemandem Pluspunkte. Sakania sagt immer, der Hohe Rat surfe auf den Ereignissen, ohne sie zu beeinflussen.“

      „Sakania sagt …“, maulte il caskar. „Mag sein, du machst nur, was Sakania sagt. Aber ich muss nicht auf deine kleine Prinzessin hören.“

      „Und warum nicht? Wenn sie doch recht hat. Dieser Mensch scheint ein schweres Verbrechen begehen zu wollen. Wären wir nicht da, würde es seinen Lauf nehmen. Also lass ihn machen und wir überlegen, was sich daraus machen lässt.“

      „Einverstanden“, stimmte il caskar nach kurzem Überlegen zu. „Wir nutzen es zu unseren Gunsten.“

      Ort: Psyche, Berlin, im Polizeipräsidium

      „Wie wollen Sie das zu Ihren Gunsten nutzen, Herr Polizeipräsident? Es sind doch nur Fotos.“

      Jörgensen, ehemals Chef der Berliner politischen Polizei und jetzt Polizeipräsident von Berlin, sah den Kriminalrat Renatus verdattert an. „Ja aber … Erkennen Sie denn die Frau auf den Fotos nicht, Renatus?“

      Der schüttelte den Kopf und der Polizeipräsident seufzte. „Sie müssen mehr in die Gesellschaft gehen, Renatus. Sie kapseln sich ab. Diese Frau, die hier nackt zu sehen ist, hat letztes Wochenende geheiratet.“

      „Dann muss man ihr gratulieren. Jetzt wird sie solche Bilder nicht mehr nötig haben. Obwohl das schade ist. Sie ist sehr schön. Vor allem nackt.“

      Der Polizeipräsident drohte mit dem Finger. „Ich weiß nicht, ob die Sitte bei Ihnen in den richtigen Händen ist, Renatus. Die vielen leichtlebigen Frauen, die Sie alle anschmachten. Wer soll da stark bleiben?“

      „Sie vergessen, lieber Graf, dass ich bereits mit zwei Frauen verheiratet bin. Das ist Weiblichkeit genug.“

      Der Polizeipräsident lachte. Dieser Renatus und seine Witze. Der war der eingefleischteste Junggeselle, den man sich vorstellen konnte. Und der begehrteste. Ohne das scheinbar zu merken. „Geben Sie mir die Fotos“, bat er stattdessen. „Ich bin mit dem Reichsführer SS zum Essen verabredet. Die werde ich ihm zeigen. Er wird prächtig verdauen, wenn er sie gesehen hat.“

      Nur Renatus Lächeln zeigte, dass genau das seine Absicht gewesen war, als er die Bilder übergab.

      Ort: Psyche, Berlin, Grunewald, Villa Eberbach

      il caskars Mutter übergab die Bilder.

      Die andere Frau betrachtete sie.

      il caskars Mutter betrachtete derweil diese Frau.

      Die sah wie ihr eigenes Ebenbild aus. Nur älter.

      Diese Ähnlichkeit würde der Psychanerin jedoch verborgen bleiben. Genau wie die Gleichheit der Namen, die beide Frauen trugen. Beide waren sie Gattinnen eines Generalobersts von Eberbach. Der Gatte der älteren Frau war Kommandant des Berliner Wehrkreises. Der der jünger aussehenden, einer der mächtigsten Götter des Hohen Rates. Und il caskars Vater.

      Nun galt es, il caskar auf Psyche Eltern zu verschaffen.

      Es passte alles, dachte il caskars Mutter. Vielleicht also eine Chance, den Fluch des Herzogs zu kompensieren?

      Wenn die andere Frau von Eberbach mitspielte.

      Die betrachtete die Fotos schon eine ganze Weile. „Sind Sie sich sicher?“, fragte sie.

      Die lächelte. „Hören Sie auf Ihre innere Stimme. Sagt die Ihnen nicht, das könnte Ihr Sohn sein?“

      „Leider bin ich nie in der Lage gewesen, meinem Mann Söhne zu schenken“, bedauerte die Psychanerin.

      Die jüngere Frau lächelte. Die Kinderlosigkeit dieser Ehe war ihr vertraut. Schließlich lag die in ihrer Verantwortung. Sie war die Göttin des weiblichen Herdfeuers. Und der weiblichen Fruchtbarkeit. Überall im Multiversum. Manchmal können Götter auch Dinge zu ihrem Vorteil nutzen, die sie nie geschehen ließen. Hier war das dringend notwendig.

      Nicht im Interesse der Psychanerin. Aber im Interesse der Göttin.

      „Er wird Sie auf jeden Fall als Mutter erkennen“, warb die Göttin bei der Sterblichen um Unterstützung. „Sie ähneln seiner Mutter verblüffend. Vertrauen Sie mir einfach.“

      „Und mein Mann? Was soll ich dem sagen, wenn wir plötzlich ein erwachsenes Kind haben.“

      „War es nicht ihr Mann, der nicht auf die Hochzeitsnacht warten konnte? Dann wird er auch den Rest der Geschichte verstehen.“

      „Welcher Geschichte?“

      Die jung scheinende Frau erzählte sie ihr. Eine Geschichte, die in Zeiten, die nur verheiratete Mütter tolerierte, oft vorkam. Eine Geschichte, die alles erklärte.

      Frau von Eberbach lauschte immer erstaunter dieser unbekannten Dame und erkannte: Genau so könnte es gewesen sein. In vornehmen Familien kommt so etwas manchmal vor. Sie kam aus einer der vornehmsten. Ihr Mann ebenfalls. Also musste er es verstehen.

      „Wenn er es aber nicht versteht?“, äußerte sie ihren letzten Zweifel.

      Die Göttin lächelte. „Wenn er es nicht versteht, dann ist er nicht ihr Mann. Das wird also nicht geschehen. Aber zu Ihrer Sicherheit verspreche ich Ihnen: Versteht er es nicht, werde ich Ihnen die Hilfe geben, die Sie von ihm erwarten konnten.“

      Das beruhigte die Frau.

      Ort: Psyche, Berlin, Grunewald, Villa Kowalski

      „Es beruhigt mich ungemein, dass du mir hilfst, eine bessere Kämpferin zu werden als Bcoto“, sagte Ala Skaunia.

      Keuchend. Sie war nackt und sie war außer Atem. Aber nicht, weil sie mit Kowalski Sex hatte, der ebenfalls nackt und außer Atem war. Nein. Beide kämpften. So etwas kommt in einer ehelichen Gemeinschaft schon mal vor. Aber sie bewarfen sich nicht mit Haushaltsgegenständen, sondern übten sich in echter Kampfkunst. Mit Schwertern, Äxten und anderen geeigneten Gegenständen.

      Ala Skaunia war inzwischen


Скачать книгу