Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse

Die Legende vom Hermunduren - G. K. Grasse


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ablegst?“

      „Längstens ein Jahr… Du bist noch etwas zu jung für die Legion oder hast du dein achtzehntes Jahr schon erreicht?“

      Belletor schüttelte den Kopf. „Werde ich auch bei dir nicht hungern müssen?“ richtete er seine verzweifelte Frage an den Legionär.

      „Nein! Du bekommst nur zu essen, nichts anderes!“

      „Ich folge dir, Herr!“ lautete damals seine Antwort und er bereute es nicht. Er bekam zu essen, eine Tunica aus dem Bestand der Legion und jeden Tag irgendwelche Aufträge.

      Mal war es die Reinigung der Unterkunft, dann das Reinigen der Uniform des Optio, dann die Pflege aller Uniformen der ganzen Truppe der Werber. Später kam die Pflege der Pferde hinzu und bald durfte er Botengänge ausführen.

      Stellte er sich geschickt an, bekam er zu Essen. War der Optio unzufrieden, gab es Prügel und mitunter kein Essen. Er gewöhnte sich daran und wusste den Luxus bald zu schätzen. Weil er Helle im Kopf war, zuverlässig und gewissenhaft, nahmen die Tage der Prügel und des Hungers schnell ab.

      Er wuchs, wurde kräftiger und lernte nicht nur den Aufbau der Legion, sondern auch noch einige wichtige Befehle kennen. Besonders gefiel es ihm, Botengänge auszuführen. Er kam mit anderen Dienstleuten zusammen, hörte dies und jenes und begann seinen alten Optio zu schätzen. Auf diese Art bemerkte er gar nicht, dass das versprochene Jahr zu Ende ging.

      Plötzlich eröffnete ihm der Optio, dass er für ihn bürgen würde. Das Zeugnis hätte er längst verfasst, ließe ihn aber nur ungern ziehen… Einen so guten Burschen habe er noch nie besessen… Er wäre traurig über die Trennung, aber ein Versprechen ist eben nun mal ein Versprechen…“

      Damit entließ ihn der Optio. Belletor überlegte noch eine Nacht lang, ob er nicht eventuell doch bleiben sollte, gelangte aber zu dem Schluss, nicht ewig Diener sein zu wollen. Einmal wollte er ‚Herr sein und zog es deshalb vor, den Optio zu verlassen.

      Der Abschied am Morgen war kühl. Er sah es in den Augen des alten Optio.

      „Herr, ich danke dir für deine Güte!“ verabschiedete Belletor sich. „Wenn du wieder einmal solch einem Streuner wie mir begegnest, erweise ihm die gleiche Ehre… Ich wäre dir auch dafür dankbar…“ Belletor wandte sich ab und wollte sich in die Horde der Probatus einreihen, als ihn der Alte am Arm zurückhielt.

      „Ich will dir noch einen guten Rat geben, mein Junge!“

      Belletor horchte auf und spürte die Wärme des Optio.

      „In der Legion wird man dich schinden, schlagen, zwingen und erniedrigen. Du wirst die Vitis des Centurio mehr fürchten als den Feind… Deine Kameraden lauern auf Schwäche, auf Fehler, auf Angst und auf dein Versagen, um selbst daraus Vorteile zu gewinnen… Viele gute Kerle zerbrachen schon daran… Dann ist da noch der Feind, ein gefährlicher Feind, brutal, ohne jede Hemmung und vor allem zielt er mit seinen Waffen auf dein Leben… Es gibt nichts, was dich schützt! Glaube an Götter… oder auch nicht… Zumeist sind sie nicht dabei, wenn du ihrer bedarfst… Das Einzige was wirklich hilft, ist ein echter Freund!“

      Belletor war, ob der Wahrheiten des Optio, erschüttert. Für einen kurzen Augenblick schien er zu schwanken.

      „Den Freund suche, mein Junge, denn nur der hält dir den Rücken frei, steht im Kampf an deiner Seite und hilft auch in größter Not… Hast du ihn gefunden, schütze ihn mit deinem Leben! Er wird dir den gleichen Dienst erweisen…“ Diesen Rat wollte der damals noch sehr junge Belletor stets beachten.

      In diesen gemeinsamen Gesprächen erfuhr Sexinius auch, wie und wo Belletor und Tremorinus aufeinander stießen und woraus sich die Erfüllung der Freundschaft, so wie vom Optio vorausgesehen, ergab.

      Sexinius erkannte noch einen anderen Umstand, der Belletor auszuzeichnen schien. Der Legionär mochte knurren, bellen und sogar beißen, aber einen guten Rat beherzigte er stets. Das hatte ihm der Optio, mit seiner Weissagung, eingebläut.

      So wie sie sich auf Gemeinsamkeiten einigten, war auch Sexinius verpflichtet, seinen Weg bis zur Legion und über die danach folgenden Tage, Monde und Jahre zu erzählen.

      Auf diese Weise erfuhr Belletor von einer glücklichen Kindheit im Schoße einer Familie, von Sexinius jüngerer Schwester und deren plötzlichem Tod, von dessen allzu früh verstorbenen Eltern, die den Tod der Schwester nicht zu verwinden mochten.

      Das Mädchen war nur vierzehn Jahre alt geworden, als ein rücksichtsloser Wagenlenker, auf einer von Roms Straßen, das Mädchen überrollte. Der Kerl floh und die Schwester starb an ihren Verletzungen. Der Rücksichtslose konnte entkommen und wurde, trotz heftiger Suche, nie gefunden. Zu dieser Zeit war Sexinius schon Probatus.

      Sexinius, von einem Hauslehrer ausgebildet, konnte Lesen, Schreiben und Rechnen, verstand sich auf das Führen des Wortes und weil er aus gutem, wenn auch nicht ritterlichem Haus stammte, stand ihm in der Legion ein guter Weg offen.

      Schon in seiner Zeit als Probatus stach er hervor. Er war schnell vom Begriff, mutig, ausdauernd, abgeklärt und was ihn besonders im Kreis Gleichgesinnter auszeichnete, auch noch witzig, ohne auf Fehlern oder Schwächen von Kameraden herumzureiten.

      Aus dem Probatus wurde ein Miles Legionarius, der, was nicht zu oft vorkam, schnell die Achtung seiner Gefährten errang. Das Glück verschlug ihn in eine der besseren Kohorten.

      Schon im dritten Jahr wurde er zum Optio berufen und als der Centurio in einem Gefecht blieb, dessen Nachfolger. Zu diesem Zeitpunkt war er gerade im vierundzwanzigsten Lebensjahr.

      In diesen jungen Jahren Centurio und noch dazu in einer Centurie der Principes, der dritten Kohorte der Legio XXII Primigenia, stellte einen außerordentlichen Glücksfall dar. Sexinius war stolz auf seinen Erfolg. Trotzdem erhob er sich nicht über Andere. Im Gegenteil, er fühlte eine Verpflichtung, die seine Berufung im Nachhinein erklärte. Durch sein Verhalten suchte er die Rechtfertigung seines Aufstiegs auch in den Augen der bisherigen Kameraden.

      Dann kam Viator und mit ihm Paratus, der Stinker. Der Geruch des Sizilianers schreckte ab. Den beiden Neuen, nicht wirklich Neulinge in der Legion, schlug Ablehnung entgegen. Viator mochten die Miles, aber Paratus trennte ihn ab.

      Statt sich der Belästigung durch den Geruch zu entziehen, was von ihm gefordert wurde, zeigte Viator, den bisher in seiner Centurie Bestimmenden, die kalte Schulter. Als diese den Versuch unternahmen, den Stinker loszuwerden, stellte sich Viator vor den Gefährten und warnte die drei Mutigen.

      Durch das Lachen der bisher dominierenden Legionäre seiner Centurie aufmerksam geworden, verfolgte er das Schauspiel, ohne selbst gesehen zu werden. Er sprach nie über das, was er sah und noch immer erinnerte er sich der gehörten Worte.

      „Tritt zur Seite, Miles! Wir wollen den Stinker entmannen und ihn samt seiner Coglioni nach Sizilien zurückschicken…“ Der Wortführer der Drei brüstete sich im Lachen.

      „Dann musst du und diese Faccia di Cazzio an deiner Seite erst einmal an mir vorbei…“ Der Miles schwieg und vollendete dann: „… ich wüsste wirklich nicht, wie dies gelingen sollte….“

      Die Worte waren kaum ausgesprochen, als der Angriff begann. Der Wortführer sprang vorwärts, griff nach seinem Pugio, statt sich zu schützen. Vielleicht glaubte er den Einzelnen überrennen zu können.

      Der Faustschlag zertrümmert des Angreifers Nase, seinen Oberkiefer und das Jochbein. Der Kerl lag, wie von der Hand der Götter getroffen, strampelnd auf dem Rücken.

      „Wollt ihr beidem Stronzo euch daneben packen? Seid ihr wirklich solche Faccia di Culo?“

      Der Angriff verebbte.

      „Siehst du, Paratus, ist doch besser so, als würdest du diese Stronzo zu Brei verarbeiten! Mit einem Schlag deiner Pranke wäre der Kleine doch nie wieder aufgestanden… Schleppt den Idioten zum Valetudinarium! Mögen euch die Götter eine gute Ausrede für den Grund seiner Verletzung geben… Denn sonst schneidet ihm der Pilus Prior seine Coglioni ab.“

      Der Verletzte brauchte einige Zeit zur


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