Lebendige Seelsorge 3/2020. Erich Garhammer
gegeben hat, das entscheidende Kriterium einer vom Papst eingesetzten Kommission sein, ob es heute oder in Zukunft welche geben darf. Der Auftrag der Kirche ist es, evangeliumsgemäß zu sein und am Reich Gottes mitzubauen – und zwar entsprechend den Herausforderungen der jeweiligen Gegenwart. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, müssen Theologie und Kirche um die Frage ringen, was evangeliumsgemäß ist, immer wieder neu nach dem Willen Gottes fragen und die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums beleuchten (vgl. Gaudium et spes 4).
Welche Weiheämter also entsprechen einer Kirche, die Zeichen und Werkzeug des Heils sein soll?
Die Frage nach den Frauen in der Kirche und die Forderung nach den Weiheämtern für Frauen sind ein Zeichen der Zeit. Die Argumente gegen ihre Zulassung sind nicht tragfähig, und die Diskriminierung von Frauen aufgrund einer angeblichen eindeutig schöpfungstheologisch fundierten Geschlechterdualität ist nicht christlich. Die Forderung darf aber nicht zu kurz greifen und nicht versäumen zu fragen, welche Weiheämter denn die katholische Kirche braucht: Welche Weiheämter also entsprechen einer Kirche, die Zeichen und Werkzeug des Heils sein soll? Die MHG-Studie jedenfalls sieht zwischen dem Klerikalismus, der sakralisierten Machtfülle von Priestern und dem Missbrauch von Macht in sexualisierter Form einen Zusammenhang. Darum müssen Frauen nicht paternalistisch vor der Gefahr des Klerikalismus bewahrt werden (vgl. Nr. 100). Vielmehr muss die Kirche jedweden Klerikalismus ausmerzen und sich fundamental mit den Weiheämtern auseinandersetzen.
EINE CHRISTLICHE KIRCHE
Ich sehe keinen Grund, warum in der katholischen Kirche Frauen und Männer differenziert und hierarchisiert werden müssten. Die Taufformel im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Galatien erinnert an die Aufhebung aller ‚Schubladen‘ dieser Art im Christentum: „Denn alle, die ihr in den Messias hineingetauft seid, habt den Messias angezogen wie ein Kleid. Da ist nicht jüdisch noch griechisch, da ist nicht versklavt noch frei, da ist nicht männlich und weiblich: denn alle seid ihr einzig-einig im Messias Jesus.“ (Gal 3, 27f). Ich sehe den Auftrag, den die Kirche hat: Zeichen und Werkzeug des Heils, des Reiches Gottes zu sein. Diesem Auftrag muss die Sozialgestalt der Kirche, müssen sämtliche Strukturen und Ämter, insbesondere auch Amtsträger*innen und schließlich das Volk Gottes entsprechen.
LITERATUR
Bode, Franz-Josef (Hg.), Als Frau und Mann schuf er sie. Über das Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche, Paderborn 2013.
Bucher, Rainer, Die neue Ordnung der Geschlechter und die Ohnmacht der katholischen Kirche. Zum Ausklingen der patriarchalen Definitionsmacht, in: Eder, Sigrid/Fischer, Irmtraud (Hg.): … männlich und weiblich schuf er sie … (Gen 1,27). Zur Brisanz der Geschlechterfrage in Religion und Gesellschaft (Theologie im kulturellen Dialog 16), Innsbruck 2009, 281-296.
Demel, Sabine, Frauen und kirchliches Amt. Grundlagen – Grenzen – Möglichkeiten, Freiburg i. Br. 2012.
Heimbach-Steins, Marianne, Ein Dokument der Defensive. Kirche und Theologie vor der Provokation durch die Genderdebatte, in: Herder Korrespondenz 58 (9/2004), 443-447.
Heimbach-Steins, Marianne, Die Gender-Debatte – Herausforderungen für Theologie und Kirche (Kirche und Gesellschaft 422), Köln 2015.
Katholische Nachrichten Agentur, „Sich zu engagieren, ist teilweise sehr frustrierend“. Theologe kritisiert Umgang der Kirche mit Engagement; abrufbar unter: https://www.domradio.de/themen/reformen/2019-12-15/sich-zu-engagieren-ist-teilweise-sehr-frustrierend-theologe-kritisiert-umgang-der-kirche-mit.
Marschütz, Gerhard, Wachstumspotenzial für die eigene Lehre. Zur Kritik an der vermeintlichen Gender-Ideologie, in: Herder Korrespondenz 68 (9/2014), 457-462; abrufbar unter: https://www.herder.de/hk/hefte/archiv/2014/9-2014/wachstumspotenzial-fuer-die-eigene-lehre-zur-kritik-an-der-vermeintlichen-gender-ideologie/.
Rünker, Thomas, Bischof Overbeck sieht Kirche an historischem Wendepunkt, 07. November 2018; abrufbar unter: https://www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/bischof-overbeck-sieht-kirchean-historischem-wendepunkt/.
Qualbrink, Andrea, Frauen in kirchlichen Leitungspositionen. Möglichkeiten, Bedingungen und Folgen der Gestaltungsmacht von Frauen in der katholischen Kirche, Stuttgart 2019.
Qualbrink, Andrea, Studie „Frauen in Leitungspositionen deutscher Ordinariate/Generalvikariate 2018“ Studie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, 2019; pdf-upload unter: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2019/2019-035d-FVV-Lingen-Studie-Frauen-Leitungsposition.pdf.
Schüller, Thomas, In persona Mariae. „Querida Amazonia“ macht den Weg frei für Kardinälinnen, in: Herder Korrespondenz 74 (5/2020), 41-43. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Nachsynodales Apostolisches Schreiben Querida Amazonia von Papst Franziskus an das Volk Gottes und an alle Menschen guten Willens (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 222), Bonn 2020.
Vorbereitendes Forum Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche, Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Synodalforums; pdf-upload unter: https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/SW-Vorlage-Forum-III.pdf.
[Links alle zuletzt eingesehen am 22. April 2020]
Warum ich für die Weihe von Frauen in der katholischen Kirche eintrete
Katholische Frauen haben nicht die gleichen Rechte wie Männer. Aufgrund ihres Frauseins kommen sie nicht in die Lage, zu den Weiheämtern der römisch-katholischen Kirche zugelassen zu werden. Es braucht wohl einen weltweiten Aufstand, um Jesus und seine emanzipatorische Haltung wieder in den Vordergrund zu rücken. Jacqueline Straub
Frauen seien „verunglückte Männer“, so betitelte der Theologe und Philosoph Thomas von Aquin (1225–1274) das weibliche Geschlecht. Er war nicht der erste und auch nicht der letzte Kirchenlehrer, welcher der Frau einen untergeordneten Status zusprach. Im Jahr 1880 kämpften Frauen schon seit Jahrzehnten für ihre Rechte in Gesellschaft und Politik, als Papst Leo XIII. in dem Rundschreiben Arcanum divinae sapientiae schrieb, dass der Mann der Herr in der Familie und das Haupt der Frau sei. Der Papst stellte mit seinem Rundschreiben klar, dass die Frau dem Mann Untertan sei und ihm zu gehorchen habe (Leo XIII., 389).
Die Unterordnung der Frau und ihre Fokussierung auf ihre biologische Funktion schlugen sich auch im Kirchenrecht von 1917 nieder. Dort wurde unter anderem in recht frauenfeindlicher Sprache die verheiratete Frau zusammen mit Geisteskranken und Minderjährigen genannt (can. 93 §1 CIC/1917). Ebenso findet sich darin die Vorschrift, dass Kleriker Frauen zu meiden haben, da diese deren zölibatäre Lebensweise in Gefahr bringen könnten (can. 133 CIC/1917). Auch wenn das derzeit geltende Kirchenrecht von 1983 eine Aufwertung des weiblichen Geschlechts und der christgläubigen Laien und Laiinnen vorgenommen hat, gibt es nach wie vor ungleiche Bedingungen. So heißt es in can. 1024 CIC/1983: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“ Da allein das Geschlecht zum Ausschlusskriterium wird, liegt hier eine strukturelle Diskriminierung der Frau vor (vgl. Pottmeyer, 133ff.).
DISKRIMINIERUNG DER FRAU WIDERSPRICHT DEM PLAN GOTTES
Die Geschichte des Christentums kennt zahlreiche herablassende Kommentare über Frauen und das weibliche Wesen überhaupt. Daraus wurde im Laufe der Zeit eine Theologie der Unterordnung entwickelt, die bis heute in der katholischen Kirche anhält