Lebendige Seelsorge 3/2020. Erich Garhammer

Lebendige Seelsorge 3/2020 - Erich Garhammer


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Blick genommen und den Männern gleichgestellt. So spricht die Pastoralkonstitution Gaudium et spes zwar von einer „grundlegenden Gleichheit aller Menschen“ (Nr. 29). Kirchenrechtlich ist dieser Absatz in can. 208 CIC/1983 jedoch bloß rudimentär normiert: „Unter allen Gläubigen besteht, und zwar aufgrund ihrer Wiedergeburt in Christus, eine wahre Gleichheit in ihrer Würde Tätigkeit, kraft der alle je und nach ihrer eigenen Stellung und Aufgabe am Aufbau des Leibes Christi mitwirken.“ Auch wenn Frauen heute in der katholischen Kirche schon viel bewirken können, etwa in der Seelsorge tätig sind, an Universitäten lehren oder in Ordinariaten mitgestalten, ist die volle Gleichberechtigung noch keineswegs in Sicht. Ein Blick in die Anfänge des Christentums zeigt, dass die ersten Christinnen und Christen gleiche Aufgaben und Funktionen wahrnehmen durften. „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Paulus zitiert in Gal 3,28 den „ekklesiologischen Spitzensatz“ (Heininger, 63) der frühen Kirche und betont, dass aufgrund der Taufe ethische und soziale Hürden und auch jegliche unterschiedlichen Bewertungen und Funktionalisierungen der Geschlechter überwunden sind. Manche Exegeten sehen darin die Erfahrung eines Bruchs mit der festgelegten Rollenverteilung von Männern und Frauen (vgl. Dautzenberg, 196ff.), andere lediglich einen eschatologischen Charakter.

      Jacqueline Straub

      geb. 1990, studierte katholische Theologie in Freiburg i. Br., Fribourg und Luzern und arbeitet als Journalistin, Buchautorin und Referentin. Bekannt wurde sie durch ihren öffentlichen Einsatz für das Frauenpriestertum in der römisch-katholischen Kirche. So zählte sie der britische Sender BBC im Jahr 2018 zu den inspirierendsten Frauen der Welt.

      GLEICHBERECHTIGUNG BEI JESUS

      Jesus selbst behandelte Frauen gleichberechtigt. Viele begleiteten ihn auf seinen Reisen, und er diskutierte mit ihnen, obwohl es in der damaligen Zeit verpönt war, gar der jüdischen Gesellschaftsordnung widersprach. In der damaligen patriarchalischen Gesellschaft waren Frauen auf die gleiche Stufe von Kindern und Sklaven gestellt. Die Gestaltung des öffentlichen Lebens war reine Männersache. Jesus ließ sich aber nicht davon abhalten, allen Menschen die Frohe Botschaft zu verkünden. Dass Frauen in der Bibel namentlich genannt werden, muss als außerordentlich betrachtet werden und zeigt, dass sie von großer Bedeutung für Jesus waren. An den Dreh- und Angelpunkten seines Lebens waren es stets Frauen, die Jesus begleiteten und ihm beistanden. Eine Frau, Maria, brachte Jesus zur Welt. Sie ist es auch, die ihn bei der Hochzeit zu Kana im Johannesevangelium zum ersten Wunder drängte. Seine Mutter wusste, dass ihr Sohn ein besonderes, von Gott auserwähltes Kind ist. Den längsten Dialog im Neuen Testament (Joh 4,6-15) führt Jesus mit einer Frau, dazu noch mit einer, die von der jüdischen Gesellschaft verachtet wurde, da sie Samariterin war.

      Bei der Kreuzigung Jesu waren es gemäß dem Matthäus- und Markusevangelium nur Frauen, die beim Kreuz standen. Sie werden sogar mit ihren Namen erwähnt. Frauen spielten auch nach dem Tod Jesu eine zentrale Rolle. Etwa die Jüngerin Maria Magdalena. Sie pflegte eine besondere Beziehung zu Jesus. Dies gefiel nicht allen Jüngern. So wird im apokryphen Evangelium nach Maria ein Dialog zwischen Petrus und Maria Magdalena genannt, der deutlich zeigt, dass der Petrus des Maria-Evangeliums – von Eifersucht geplagt – einfach nicht begreifen konnte und wollte, dass Maria Magdalena einen religiösen Wissensvorsprung erhielt: „Hat er etwa mit einer Frau heimlich vor uns gesprochen und nicht öffentlich? Sollen wir selbst umkehren und alle auf sie hören? Hat er sie mehr als uns erwählt?“ (Peters, 146).

      Dass Maria Magdalena eine Sonderstellung in der Jesus-Nachfolge hatte, zeigt deutlich ihre Erwählung zur ersten Zeugin der Auferstehung am Ostermorgen. Christus gibt ihr den Auftrag, den anderen Männern und Frauen die Frohe Botschaft zu verkünden, dass Gott den Tod überwunden hat. Und dies, obwohl eine Frau in der damaligen Zeit gar kein öffentliches Zeugnis ablegen durfte. Indem Jesus Christus sie erwählt, sprengt er die gesellschaftlichen Regeln und lässt so ein neues Zeitalter beginnen. Das brachte ihr schließlich den Titel „Apostelin der Apostel“ ein, den die beiden Kirchenväter Hippolyt von Rom (170–235) und Augustinus (354–430) bereits verwendeten.

      In jedem Gottesdienst erinnern wir uns in der Eucharistiefeier an Christi Tod und Auferstehung. Bei diesem zentralen Ereignis waren es die Frauen, allen voran Maria Magdalena, die präsent waren und so zu ersten Zeuginnen wurden. Wäre es dann nicht im Sinne Jesu Christi, Frauen auch am Altar zuzulassen?

      Die Gleichbehandlung der Frauen durch Jesus beruht darauf, dass Frauen wie Männer in der Liebe Gottes gleichgestellt sind. „Im Christentum heißt der eigentliche befreiende und emanzipatorische Anstoß eben doch: Jesus von Nazaret.“ (Blank, 91). Dies hatte ganz konkrete Auswirkungen auf die ersten christlichen Gemeinden. Die paulinischen Briefe sind dafür Zeugnisse: Frauen hatten große Bedeutung für die christliche Mission und den Gemeindeaufbau – teilweise waren sie sogar wichtiger als ihre Männer (vgl. Röm 16,3). Christinnen in der ersten Generation führten diakonische, priesterliche, bischöfliche und prophetische Dienste aus. Dies war nur möglich, weil der sozio-kulturelle Druck der griechisch-römischen Gesellschaft noch kaum vorhanden und das Ämterverständnis noch nicht abschließend geprägt war.

      RÜCKBESINNUNG AUF JESUS CHRISTUS

      Über Jahrhunderte hinweg blieb der Gleichheitsgedanke, den Jesus so stark vorlebte, durch die wechselvolle Kirchengeschichte verschüttet, bis das Zweite Vatikanische Konzil einen Paradigmenwechsel brachte und die Gleichheit von Mann und Frau in den Konzilskonstitutionen theologisch begründete – sowohl aufgrund der Schöpfungs- als auch der Erlösungsordnung. „Jede Form einer Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der Person, sei es wegen des Geschlechts […], muss überwunden und beseitigt werden, da sie dem Plan Gottes widerspricht.“ (Gaudium et spes 29). So formulierten es die Konzilsväter vor über 50 Jahren. Ein revolutionärer Schritt für die katholische Kirche, der bis heute wenig Auswirkungen auf die Stellung der Frau in der Kirche hat. Den Fortschritt, den das Zweite Vatikanische Konzil damals brachte, deute ich als außerordentlichen Schritt, der zwar heute noch bei weitem nicht in allen Ländern und Kulturen voll und ganz umgesetzt ist, aber ein deutliches Signal für Kirche und Gesellschaft darstellt. Um diesem zentralen Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es einer weltweiten, geistgewirkten Bewegung, ja eines Aufstands, der von Frauen und Männern getragen sein muss. Neben den unzähligen Frauengruppen in der Kirche gibt es auch sehr viele Männer, welche die Anliegen der Frauen tatkräftig unterstützen. Ebenso unterstützen viele Priester weltweit die Forderung nach dem Frauenpriestertum.

      Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil verfolgten die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. einen betont restaurativen Kurs. Papst Johannes Paul II. verhängte gar ein Rede- und Schreibverbot und suchte damit jegliche Diskussion über die Gleichstellung der Frau in der Kirche zu unterbinden. So legte er in seinem Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis (1994) fest, dass die Kirche keinerlei Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Alle Gläubigen der Kirche hatten sich diesem päpstlichen Verbot zu fügen. Priester und Bischöfe, die sich weiterhin für das Frauenpriestertum einsetzten, wurden gar exkommuniziert (etwa Pater Roy Bourgeois in den USA), und in der Wissenschaft wurden Lehrverbote verhängt. Bis heute gilt, dass eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Frauenpriestertum, die von der offiziellen Lehre der Amtskirche abweicht, kaum förderlich für eine „Karriere“ in der Kirche ist. Obwohl das katholische Lehramt in den 1990er Jahren versuchte, die Diskussion über Frauen in kirchlichen Ämtern „endgültig“ (Formulierung von Johannes Paul II. in Ordinatio sacerdotalis aus dem Jahre 1994) zu beenden, gelang ihm dies nicht ganz. Jahrelang wurde zwar der Deckel auf den kochenden Topf gedrückt, aber irgendwann ging auch dem obersten Lehramt die Kraft und mithin auch die theologischen Argumente aus. Frauen ließen es sich nicht mehr gefallen, zwar als „Menschen mit gleicher Würde, aber nicht mit gleichen Rechten“ anerkannt zu werden, und erhoben ihre Stimmen. Die Frauen von Maria 2.0, die im Frühsommer 2019 in Deutschland protestierten und ein großes mediales Echo hervorriefen, zeigten, dass sie mit dem kirchlich-patriarchalen Frauenbild unzufrieden sind und auf eine grundlegende Änderung der Geschlechterverhältnisse hinwirken möchten.

      SÜDAMERIKANISCHE LÄNDER WÜNSCHEN SICH FRAUENPRIESTERTUM

      Da zahlreiche


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