Die Eiswolf-Saga. Teil 1-3: Brudermord / Irrwege / Wolfsbrüder. Drei historische Romane in einem Bundle. Holger Weinbach

Die Eiswolf-Saga. Teil 1-3: Brudermord / Irrwege / Wolfsbrüder. Drei historische Romane in einem Bundle - Holger Weinbach


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war es nicht gewohnt, von Faolán auf diese Weise angegangen zu werden und war daher sehr überrascht. „Entschuldige, dass ich mir Sorgen gemacht habe. Es ist mir nun einmal nicht entgangen, dass der Abt dich heute schon wieder zu sich gerufen hat. Dass ich mir darüber meine Gedanken mache, ist wohl nicht verwerflich.“

      „Was hat es schon zu bedeuten, wenn ich öfter vom Abt gerufen werde?“

      „Nichts hat es zu bedeuten! Und jetzt beruhige dich wieder. Ich bin dir in freundschaftlicher Absicht gefolgt, glaube mir. Wenn nicht, kann ich auch wieder kehrt machen.“

      Als Faolán darauf nichts erwiderte, sprach Ering noch einmal die heutigen Geschehnisse an. „Was war der Grund für dieses Gespräch? Steckst du in Schwierigkeiten?“

      Faolán blickte zu Boden und dachte kurz nach. Die anfängliche Anspannung fiel von ihm ab und sein Kopf wurde wieder klarer. „Entschuldige bitte mein Aufbrausen, Ering. Nein, ich stecke nicht in Schwierigkeiten. Zumindest noch nicht, soweit ich das beurteilen kann.“

      „Wie soll ich das verstehen? Entweder steckst du in Schwierigkeiten oder nicht. Oder hast du etwa vor, in welche zu geraten? Berichte doch einfach, was vorgefallen ist. Vielleicht kann ich dir eine Hilfe sein, mein Freund.“

      Faolán zögerte mit einer Antwort wie bereits bei Abt Degenar. Eine innere Stimme riet ihm, nicht zu viel zu verraten. Doch ebenso verspürte er auch den Impuls, sich jemandem anzuvertrauen. Wenn nicht Ering oder Konrad, wem sonst könnte er sich noch anvertrauen?

      Nach kurzer Überlegung offenbarte Faolán seinem Freund alles. Er ließ nichts aus, weder die Geschichte mit den Wachen auf dem Markt, noch die Begegnung mit Svea. Ering erfuhr beinahe alles, sogar woher Faoláns nächtliche Ruhelosigkeit rührte. Nur eines erwähnte Faolán nicht: den Namen des Mädchens. Diesen wollte er ganz für sich behalten, wollte ihn hüten wie einen Schatz.

      Als Faolán seine Schilderung beendete, fanden sich beide Novizen auf dem Boden wieder, den Rücken an eine angenehm kühle Steinwand gelehnt. Das Licht der Lampe war bereits erloschen, so lange hatte Faolán gesprochen. Er fühlte sich sehr erleichtert und er spürte, dass sich die Welt für ihn verändert hatte. Oder hatte sich nur sein Blick für die Dinge geändert?

      Ering schwieg nachdenklich, was Faolán wiederum nicht ertragen konnte. „Was denkst du? Was hat das alles zu bedeuten?“

      „Möglicherweise macht sich Bruder Ivo zurecht Sorgen um dich. Zumindest könnte die Situation für dich gefährlich werden.“

      „Jetzt fang du nicht auch noch damit an! Was kann denn an der ganzen Angelegenheit gefährlich werden? Dass ich ein Mädchen im Wald getroffen habe, wird wohl nicht die Grundfesten der Welt erschüttern.“

      „So würde ich das nicht sehen. Es kann durchaus die Grundfesten deiner Welt erschüttern, wenn es nicht bereits geschehen ist. Wenn ich mich nicht täusche, fühlst du dich bereits zu diesem Mädchen hingezogen – jetzt bleib’ ganz ruhig und lass’ es mich erklären.“

      Faolán setzte sich wieder, nachdem er bei Erings Behauptung aus Protest aufgesprungen war. Wie konnte man nur auf eine so aberwitzige Idee kommen, er könne sich zu einem fremden Mädchen hingezogen fühlen?

      Ering fuhr indes fort: „Nach allem, was du berichtet hast und was ich in den Büchern unseres Klosters gelesen habe, würde ich deine Gefühle für dieses Mädchen als Zuneigung zum weiblichen Geschlecht bezeichnen. Im Allgemeinen nennt man diese Gefühle auch Liebe. Mir fehlt diesbezüglich natürlich einschlägige Erfahrung, um alles richtig verstehen zu können. Sollte es sich bei dir aber tatsächlich um diese Art der Liebe handeln, hast du als Novize ein beträchtliches Problem! Diese Liebe allein könnte sich bereits als Gefahr erweisen. Bei der Zuneigung eines Mannes zu einer Frau verhält es sich wohl so, dass der Mann alles dafür erbringen würde, um die Gunst der Angebeteten zu erlangen. Vieles in den Büchern deutet darauf hin. In diesem Falle wärest du am Ende sogar bereit, die Regula Benedicti zu missachten und alle Strafen auf dich zu nehmen, nur um dieses Mädchen wiedersehen zu können. Frage mich nicht, weshalb es sich so verhält, darüber schweigen die Schriften. Fakt ist, dass du durch eine solche Liebe deine Mönchsweihe gefährdest, vielleicht sogar mehr!“

      „Und was ist, wenn ich ohnehin kein Mönch werden möchte?“, antwortete Faolán trotzig. „Was kümmert mich da noch die Weihe?“

      Ering wollte seinen Ohren nicht trauen. Seine Augen weiteten sich, als handele es sich bei dieser Bemerkung um die unmöglichste aller Vorstellungen. Dennoch blieb er ruhig, als er sprach. „Es besteht natürlich die Möglichkeit, sein Dasein außerhalb des Klosters zu bestreiten. Deinen Worten entnehme ich allerdings, dass du noch unschlüssig bist. Falls du unvorsichtig und übereifrig handelst, könntest du dir jedoch alle Wege in eine hoffnungsvolle Zukunft in diesem Kloster verbauen. Du hast hier einige Fürsprecher!“

      „Und noch mehr Gegner!“

      Ering nickte zustimmend. „Und trotzdem solltest du genau bedenken, was du tun wirst, ganz gleich wie deine Entscheidungen ausfallen werden.“

      „Ich tue nichts anderes mehr als bedenken, doch es hilft nicht weiter. Bedenke dies und bedenke jenes! Wie oft habe ich das heute schon zu hören bekommen! Ich drehe mich im Kreis bei all dem Nachdenken. Und um eine Entscheidung geht es mir im Augenblick auch gar nicht. Zwischen welchen Möglichkeiten soll ich mich denn entscheiden? Es gibt nur mein bisheriges Leben, das zur Wahl steht!“

      „Jede kleine Entscheidung, kann dazu führen, dass du dein Leben in eine Bahn lenkst, die dich eines Tages vor eine viel schwerwiegendere Entscheidung stellt. Spätestens dann wirst du dich meiner Worte erinnern. Aber solange du noch keine Alternative zum jetzigen Weg siehst, würde ich diesen an deiner Stelle weitergehen, statt einen vagen Irrweg einzuschlagen. Vielleicht liegt deine Bestimmung ja doch hier im Kloster.“

      „Du sprichst beinahe schon wie Bruder Ivo und Abt Degenar in einer Person! Wenn ich immer nur auf Sicherheit gesetzt hätte, so wäre ich schon lange Drogos Freund. Und bei dir verhält es sich ähnlich. Wenn du immer nur den sicheren Weg gewählt hättest, hättest du dich für Drogo entschieden, als die Wahl bestand!“

      Der ernst gemeinte Kommentar rief zu Faoláns Überraschung bei Ering ein langsam anschwellendes Lachen hervor. Der versuchte erst jeden Laut zu unterdrücken, doch dadurch wurde der Lachreiz nur noch stärker. Schließlich prustete er los. Faolán wurde von der Heiterkeit angesteckt und begann ebenfalls vor sich hinzukichern. So saßen die beiden glucksend auf dem Steinboden und versuchten möglichst keinen Lärm zu machen, der sie am Ende noch verraten würde.

      Als ihr Lachen langsam versiegte, wischte sich Faolán Tränen aus den Augenwinkeln. „Ich danke dir, Ering. Es hat gut getan, mit dir zu lachen. Ich weiß zwar noch immer nicht, wie ich die heutigen Erlebnisse deuten soll, doch ich bin froh, dass ich mich dir anvertrauen konnte.“

      „Jederzeit wieder. Ist ein Freund nicht genau dazu da, selbst wenn er sich wie der Abt und der Cellerar in einer Person anhört?“

      Faolán musste erneut lachen. Die beiden Freunde standen nun auf und machten sich auf den Rückweg zum Dormitorium. Kurz bevor sie sich trennten, um den Saal nicht gleichzeitig zu betreten, hielt Faolán Ering noch einmal zurück.

      „Eines ist mir vorhin ganz klar geworden. So wie du zu mir gesprochen hast, habe ich zumindest für deine Zukunft keine Zweifel. Du wirst eines Tages mehr als nur ein einfacher Mönch in diesem Kloster sein. Vielleicht wirst du eines Tages sogar der Abt dieser heiligen Hallen sein.“

      „Vielleicht …“, gab Ering mit einem verschmitzten Lächeln zurück und in diesem Augenblick wurde Faolán bewusst, dass sein Freund weitaus höhere Ziele anstrebte als Abt zu werden. Faolán nickte wissend, und dann trennten sie sich endgültig, um sich wieder in die Ruhe des Dormitoriums zu begeben.

      * * *

      Die darauffolgenden Wochen schleppten sich zäh dahin, und Faolán konnte den nächsten Markttag kaum erwarten. Seine Pflichten ließen ihm zwar weder Zeit noch Raum für Tagträume, doch wenn er zum Nachdenken kam, befand sich immer nur Svea in seinem Kopf. Sie schien sich einen festen Platz in seinen Gedanken einzurichten.

      Meist


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