Verschollen in der Höllenschlucht. Sandy Palmer

Verschollen in der Höllenschlucht - Sandy Palmer


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mich net ganz ungefährlich, da hinabzusteigen.“

      „Ich kenne das Gelände“, sagte Professor Steinhaus. „Ich weiß genau, wie es beschaffen ist. Schon seit zwei Jahren befasse ich mich mit der Höllenschlucht.“

      „Wie soll ich denn das verstehen?“, erkundigte sich der junge Bergsteiger, der sich auf diese Worte keinen Reim machen konnte.

      „Ich bin Geologe“, gab der Fremde endlich eine Erklärung ab, „und in der Höllenschlucht vermute ich besondere Vorkommen. Deshalb beschäftige ich mich schon solange mit dieser Gegend hier.“ Er machte eine umfassende Handbewegung über die ganze Umgebung hin.

      „Und was habe ich damit zu tun?“, wollte Toni wissen.

      „Sie sollen mich in die Höllenschlucht führen“, meinte Professor Steinhaus. „Ich will von dort Gesteinsproben haben. Diese sind für meine Forschungen von größter Bedeutung.“

      Toni schüttelte den Kopf und verbiss sich krampfhaft ein Lächeln. Die Vorstellung, mit diesem kleinen dünnen Männchen in die Höllenschlucht steigen zu müssen, war zu amüsant. Doch er erkannte, dass es dem 'Professor mit seinem Ansinnen Ernst war, und so versuchte er, ihn umzustimmen.

      „Ich habe Ihnen schon gesagt, dass es ein gefährlicher Weg da hinab ist“, sagte er. „Allein würde ich es wagen, doch mit Ihnen nie und nimmer. Da könnte ich die Verantwortung net dafür übernehmen.“

      Eine Weile ging der Professor sinnend hin und her. Er schien den Toni ganz vergessen zu haben, der ihn abwartend anschaute. Schließlich aber blieb der Preuße ruckartig vor dem Toni stehen und sagte in bestimmtem Ton: „In Ordnung, dann gehen Sie eben allein, wenn ich Ihnen nur eine Last bin.“

      Toni glaubte im ersten Moment, nicht richtig gehört zu haben. Was sagte dieser Preuß da? Wagte er es, über ihn zu bestimmen? Er war zwar arm, doch von keinem Menschen auf der Welt abhängig. Das hatte ihn schon immer mit Stolz erfüllt, und diese persönliche Freiheit wollte er auch unter keinen Umständen aufgeben.

      „Ich glaube, jetzt haben wir zwei uns net richtig verstanden“, wandte er ein.

      „O doch“, widersprach Professor Steinhaus und reckte sich ein wenig, damit er Toni in die Augen sehen konnte. „Ich habe gerade gesagt, dass Sie für mich in die Höllenschlucht steigen werden. Gegen Bezahlung, selbstverständlich.“

      Nun fand der Toni den Professor aus Preußen gar nicht mehr so spinnig, im Gegenteil. Gegen ein angemessenes Honorar war er schon bereit, diesen Weg anzutreten. Dennoch wandte er ein: „Das Risiko ist groß, das ich eingehen werde!“

      „Ich weiß, doch es soll Ihr Schaden nicht sein.“ Professor Steinhaus zückte seine Brieftasche und entnahm ihr fünf nagelneue Hundertmarkscheine. Diese reichte er dem jungen Burschen.

      Zunächst glaubte der Toni, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Eine solche Geldsumme auf einmal hatte er nur selten in Händen, und besitzen tat er sie erst recht nicht. Hastig griff er danach.

      „Das ist die Anzahlung“, sagte Professor Steinhaus da, und dem Toni drohten die Augen aus den Höhlen zu treten vor lauter Überraschung. „Wenn Sie mir genügend Gesteinsproben mit heraufgebracht haben aus der Höllenschlucht, dann bekommen Sie dieselbe Summe noch mal.“

      Hatte der Tanner Toni im Stillen noch ein wenig gezögert, weil er sich der Gefahr, in die er sich begab, genau bewusst war, dann zauderte er jetzt keine Sekunde mehr. War das Risiko auch groß, die Bezahlung war es auch. Und das war im Endeffekt entscheidend.

      „Einverstanden“, sagte der Toni schnell, damit es sich der Professor nicht noch einmal überlegen konnte. Bei den Preußen wusste man ja nicht so genau, wie sie in ihren Reaktionen waren und ob sie bei einem einmal geschlossenen Pakt auch blieben.

      „Wann können Sie sich denn auf den Weg machen?“, fragte der Professor jetzt und strich sich eine Strähne seines weißen Haares aus dem Gesicht.

      „Wann immer Sie wollen. Sie haben mich ja engagiert.“

      „So schnell wie möglich“, sagte der alte Mann da. „Ich komme mit meinen Untersuchungen und Ausrechnungen nicht weiter, wenn ich die Gesteinsproben nicht habe.“

      Dem Toni schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er der Monika nichts von dieser gefährlichen Tour erzählen durfte, sie würde sich nur ängstigen und ihn wahrscheinlich flehentlich bitten, diesen gewagten Kletterpart nicht zu unternehmen. Aber er brauchte dieses Geld, brauchte es sogar ganz dringend. Er hatte sich vorgenommen, sein Häusl so schön wie irgendmöglich zu machen. Vielleicht war es ihm mit diesen tausend Markerln sogar möglich, einen Raum anzubauen, damit die Moni nicht gar so beengt leben musste, wo sie ein so stattliches Heim von zu Hause her gewöhnt war.

      Toni war dumpf entschlossen, diesen gefährlichen Auftrag auszuführen, und zwar heimlich. Er wollte die Monika überraschen mit dem großen Geldbetrag.

      „Ich brauche drei Tage, um mich vorzubereiten“, erklärte er. „Ich muss mir eine Spezialausrüstung leihen, denn so viel Zeug habe ich net. Solche Touren gehe ich ja gewöhnlich mit unseren Touristen net.“

      „Das sehe ich ein“, nickte Professor Steinhaus. „Lassen Sie sich nur Zeit mit den Vorbereitungen. Ich möchte kein Risiko eingehen, denn die Proben sind sehr wichtig. Während der nächsten Tage werde ich mich im Wirtshaus einquartieren. Dort gibt es doch sicher Zimmer?“

      „Selbstverständlich“, nickte der Toni. „Der Wirt wird sich freuen über einen so berühmten Gast.“

      „Noch bin ich nicht berühmt“, schwächte Professor Steinhaus ab, „ich will es erst werden — mit Ihrer Hilfe, Herr Tanner.“

      „Bitt‘ schön, sagen Sie Toni zu mir“, bat der Bursche. „Herr Tanner nennt mich hier niemand, und es könnte sein, dass ich gar net richtig darauf reagiere.“

      „Wie Sie wollen, Toni“, lächelte der Professor, und um seine Augen, die hinter den blitzenden Brillengläsern lagen, bildeten sich ein paar Lachfältchen. Doch gleich darauf wurde er wieder ernst, weil ihm einfiel, dass er mit dem Toni noch etwas Dringendes zu bereden hatte.

      „Ich muss Ihnen noch genau erklären, nach was Sie eigentlich suchen müssen“, sagte er. „Doch das ist nicht so schnell gesagt, dazu müsste ich ein wenig weiter ausholen.“

      „Ist schon recht“, meinte der Bursch. „Dann kommen Sie am besten mit mir ins Haus.“

      „Gern.“ Professor Steinhaus ging noch einmal kurz zu seinem großen Wagen zurück, um etwas daraus hervorzukramen, während Toni schnell sein Handwerkszeug, das im Hof herumlag, zusammenräumte. Dann führte er den Gast, der jetzt einen Aktenkoffer in der Hand hielt, in die gute Stube seines Häusls, die zwar nicht komfortabel eingerichtet, aber sehr sauber war.

      Auf dem Tisch breitete Professor Steinhaus einige Zeichnungen aus, auch etliche Tabellen, mit denen der Toni jedoch nichts anzufangen wusste.

      „Das hier“, erklärte der Professor, „ist der Querschnitt durch die Höllenschlucht. Wie Sie sehen können, verlaufen hier einige Adern im Gestein. Das ist schon wissenschaftlich geprüft. Nur weiß man noch nicht, um was für ein Metall es sich handelt, das in dem Gestein eingelassen ist.“

      Der Toni war nicht dumm, und er hatte schon einiges von Goldadern, Bleiwerken und Erzgruben gehört. Sollte es etwa sein, dachte er blitzschnell, dass sich in der Höllenschlucht große Metallvorkommen befinden?

      Seine unausgesprochene Frage bekam er schnell beantwortet, denn Professor Steinhaus erklärte, wobei ein fanatischer Glanz in seine Augen trat:

      „Ich vermute — und vieles spricht für meine Theorie —, dass sich gewaltige Uranmengen in dieser Schlucht befinden. Jetzt will ich von Ihnen nur, dass Sie mir Gesteinsproben bringen. Natürlich müssen Sie darauf achten, dass die Steine auch von dem Uran durchzogen sind.“ Er wies auf ein Bild, das einen Gesteinsbrocken, zeigte, der aus einem Uranbergwerk stammte.

      „Das müsste ungefähr so aussehen“, erläuterte er dem aufmerksam zuhörenden Toni.

      „Das


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