Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga. Pete Hackett
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Eine kleine Ranch am Alamosa River. Im Corral standen über zwanzig Pferde. Im Hof pickten Hühner in den Staub. Aus dem Kamin des Küchenanbaues stieg Rauch. Es war die Zeit der Abenddämmerung. Der Himmel im Westen schien in Flammen zu stehen. Rötlicher Schein lag auf dem Land. Die Schatten waren lang und scharf. Ein Ranchhelfer schob eine Karre voll Pferdemist aus dem Stall. Ein Cowboy schloss das Corralgatter. Einige Cowboys gingen zum Brunnen in der Hofmitte. Ihre Oberkörper waren nackt und sie trugen Handtücher mit sich.
Hassvolle, dunkle Augen beobachteten die Ranch. Niemand sah den Späher auf dem Hügel. Gebüsch verdeckte ihn. Die Cowboys beim Brunnen wuschen sich. Es waren vier Männer. Der Späher ahmte den Ruf eines Eichelhähers nach. Der Ruf wurde beantwortet. Dann trieben Apachen ihre Pferde hinter den Hügeln hervor, sammelten sich in einer Mulde, einige Befehle erklangen, kehlig, abgehackt, und schließlich setzte sich der Pulk in Bewegung. Schließlich schien die Erde unter nahezu hundert Pferdehufen zu erbeben, als die Krieger ihre Mustangs antrieben.
Auf der Ranch wurden Stimmen laut. Die Männer beim Brunnen rannten in die Unterkunft. Der Bursche mit der Schubkarre stellte sie ab und folgte ihnen. Aus der Scheune kam ein weiterer Mann. Auch der Cowboy beim Gatter begann zu laufen. Die Hühner stoben mit schlagenden Flügeln und vorgereckten Hälsen aufgeregt gackernd auseinander.
Die Indianer sprengten heran und sprangen im vollen Galopp von den Pferden, als sie im Ranchhof angelangt waren. Aufwirbelnder Staub hüllte sie ein. Nervenzermürbendes, durchdringendes Kriegsgeschrei erschallte, Tomahawks und Keulen schwingend drangen die Krieger in die Gebäude ein. Schüsse krachten. Todesschreie erklangen. Indianer und Weiße starben. Der Tod war wieder einmal unersättlich in seiner Gier.
Stille hatte sich wie ein Leichentuch zwischen die Gebäude gesenkt. Nur das Stampfen der Pferde und ihr Schnauben waren zu vernehmen. Einige Indianer rannten zum Corral. Andere trieben Pferde und einige Milchkühe aus den Stallungen. Auch hier versorgten sich die Krieger wieder mit Kleidung. Dann versammelten sie sich im Ranchhof. Der eine oder andere hielt einen blutigen Skalp in der Hand.
»Wann werden die Weißaugen endlich einsehen, dass wir stärker sind als sie?«, rief einer der Krieger und hob die Faust mit dem Kriegsbeil. »Brennt alles nieder. Es soll den Weißen als Warnung dienen.«
Die Pferde wurden aus dem Corral getrieben. Wiehern erfüllte die Luft. Dann züngelten Flammen, und bald brannte alles lichterloh. In dem ausgetrockneten Holz fand das Feuer ausreichend Nahrung. Es brannte wie Zunder.
Die Apachen trieben die erbeuteten Tiere davon und kehrten in die Mimbres Mountains zurück, um Victorio von einem erneuten Sieg zu berichten und ihm die Beute zu präsentieren.
*
Der Scout stand in den Steigbügeln und witterte wie ein wildes Tier, dann sagte er: »In der Nähe wurde etwas niedergebrannt. Folgen wir dem Geruch.« Er ließ sich in den Sattel zurückfallen.
Sie ritten nach Osten. Es waren drei Apachen, Mescaleros, die als Kundschafter für Major Garretson ritten. Unter ihren Armeehüten quollen lange, schwarze Haare hervor. Sie trugen Feldblusen und dazu farbige Leinenhosen. Ihre Füße steckten in hohen Mokassins.
Sie folgten dem Brandgeruch, und schließlich verhielten sie ihre Pferde bei der niedergebrannten Ranch. Hier und dort stieg noch Rauch aus den Trümmern, an manchen Stelle glomm es, wenn der Wind in die Schutthaufen fuhr, manchmal flackerte sogar das Feuer wieder auf.
Tod und Verderben, Hass und brutale Vernichtung - das war das Bild, das sich den Scouts bot. An Stelle der Embleme mit den gekreuzten Säbeln trugen sie weiße Andreaskreuze auf den Kronen der Hüte, einfach mit Farbe daraufgepinselt, was sie als Kundschafter kennzeichnete.
»Wir müssen es dem Major melden«, sagte einer im Apachendialekt. »Ich reite. Bleibt ihr hier und haltet Ausschau. Es kann sein, dass sich die Kriegshorde noch in der Nähe befindet.«
Der Scout zog sein Pferd um die linke Hand und trieb es mit einem Schenkeldruck an. Er folgte den Windungen zwischen den Hügeln und Felsen, die sich westlich der niedergebrannten Ranch erhoben. Die Patrouille befand sich etwa eine Meile weiter im Westen. Der Mescalero ließ das Pferd traben.
Drei Reiter trieben ihre Mustangs über den Kamm des Hügels zu seiner Rechten. Drei kamen über den Hügel zu seiner Linken. Er hämmerte seinem Pferd die Sporen in die Seiten. In schräger Linie jagten die beiden kleinen Trupps die Abhänge hinunter und trafen schließlich nur fünfzig Yards hinter dem Scout zusammen. In wilder Karriere stoben sie hinter dem Mescalero her.
Die Hufe der Pferde schienen kaum den Boden zu berühren. Der Scout ritt um sein Leben. Noch klappte bei seinem schweren Armeepferd das Zusammenspiel von Muskeln und Sehnen. Das Tier schien dahinzufliegen, als hätte es gewusst, dass seine Schnelligkeit und Ausdauer über Leben oder Tod entschied.
Die Krieger jagten hinterher. Spitzes, abgehacktes Kriegsgeschrei holte den Scout ein und ließ ihn einen eisigen Schauer den Rücken hinunterrinnen. Der Tod streckte die knochige Klaue nach ihm aus. Er zog seinen Revolver und feuerte nach hinten. Aber die Distanz zu seinen Verfolgern war für einen Schuss mit dem Sechsschüsser zu weit. Er vergeudete nur seine Munition. Das Krachen der Schüsse vermischte sich mit dem Trommeln der Hufe zu einer Art Höllensymphonie.
Vor den Nüstern des Pferdes bildete sich weißer Schaum, der Reitwind riss ihn fort und trieb ihn gegen die Beine des Scouts. Der Hufewirbel verlangsamte sich. Das Pferd röchelte und röhrte. Und jetzt begannen die Verfolger zu feuern. Plötzlich brach das Pferd unter dem Scout zur Seite aus. Eine Kugel hatte es gestreift. Es begann wie verrückt zu bocken. Dann stieg es auf die Hinterhand. Der Scout sprang ab, riss das Gewehr aus dem Scabbard und rannte in den Schutz einer verdorrten Korkeiche, deren Stamm ihm Schutz bot. Sein Pferd stob mit fliegenden Steigbügeln davon.
Der Mescalero repetierte und schoss. Er traf einen Krieger. Dieser warf beide Arme hoch, machte das Kreuz hohl, und stürzte vom Pferd. Das Tier stob im Pulk der anderen weiter.
Wieder schoss der Scout. Ein Pferd brach zusammen. Sein Reiter flog wie von einem Katapult geschleudert durch die Luft, überschlug sich einige Male am Boden und rührte sich nicht mehr.
Dann waren die anderen vier Krieger heran. Sie sprangen von den Pferden und fielen über den Scout her. Es gab keine Gnade und kein Erbarmen. Es gab nur den tödlichen Hass.
Als eine Viertelstunde später einer seiner Kameraden erschien, den das ferne Peitschen der Schüsse auf die Fährte des Scouts gelockt hatte, hatten ihn die Apachen an den Beinen an einem Ast der verdorrten Eiche aufgehängt. Er war skalpiert. Blut tropfte auf den Boden. Sein Gesicht war von den Hieben mit den Tomahawks grässlich verstümmelt.
Der Scout gab seinem Pferd die Sporen. Er hatte plötzlich das Empfinden, von zig Augenpaaren beobachtet zu werden. Die Angst kam kalt und stürmisch wie ein Blizzard und eine eisige Hand schien nach dem Mescalero zu greifen. Er ließ sein Pferd galoppieren. Und dann sah er auf einer Ebene die Patrouille. Er jagte auf sie zu und riss sein Pferd in den Stand, als er sie erreichte.
»Eine Ranch!«, rief er. »Am Alamosa River. Niedergebrannt. Keine Lebenden, der Corral ist leer. Die Spur der Pferde führt in die Berge. Black Eagle ist tot. Sie haben ihn skalpiert.«
Die Kavalkade hatte angehalten. Im Gesicht Major Garretsons arbeitete es. »Diese elenden roten Heiden!«, entrang es sich ihm mit heiserer, belegter Stimme. »Jetzt ziehen wir seit einer Woche kreuz und quer durch diese Region und sind auf keinen einzigen von ihnen getroffen. Die Hölle verschlinge diese niederträchtigen Mörder.«
Lieutenant Whitlock schwieg. Was er zu sagen gehabt hätte, würde seinem Vorgesetzten wohl nicht gefallen haben, nämlich, dass sich die Apachen nur gegen eine Indianerpolitik wehrten, die ihnen immer mehr von ihren Rechten nahm und sie mehr und mehr ins soziale Abseits drängte.
»Ich denke, die Renegaten befinden sich noch in der Nähe, Nantan«, sagte der Scout. »Es ist davon auszugehen, dass ihre Späher uns schon beobachten, seit wir