Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015. A. F. Morland

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Beispiel, bitte.‟

      „An einer Stelle hat Mike Mohammed besoffen gezeichnet, und ich habe ihm bei der Gelegenheit einen ziemlich schlüpfrigen Witz in den Mund gelegt. An einer anderen Stelle muss der Erzengel, während er ihm den Koran diktiert, lachen, weil er einen Popel im Bart des Propheten entdeckt.‟

      Sie kicherte, und das steckte mich an. „Und Jesus dreht sich manchmal nach Frauen um und pfeift ihnen hinterher, und so weiter und so weiter. Wir machen uns pausenlos lustig über Kirche und Religion. Gott allerdings – ihn stellen wir in keiner Geschichte in Frage. Er bleibt der große Chef. Und unsere Leser lieben das.‟

      „Nicht alle, wie sich jetzt zeigt.‟ Ich leerte mein Glas und drückte die Zigarette aus.

      „Ich hätte nicht gedacht, dass ein islamischer Geistlicher Comics liest.‟ Sharon grinste wehmütig.

      „Wahrscheinlich hat einer von den Burschen so ein Heft bei seinen Kids unter dem Bett entdeckt.‟ Ich sah sie an. „Und was machen wir mit dem restlichen Tag?‟

      Sharon ging zu einer schwarz-weißen Kommode mit Stahlrohrbeinen und zog eine Schublade auf. Als sie sich wieder zu mir umdrehte, hielt sie eine Pistole in der Hand. „Geh mit mir irgendwohin, wo du mir schießen beibringen kannst, Jesse.‟

      „Bist du übergeschnappt, Sharon?!‟ Ich sprang auf und nahm ihr die Waffe aus der Hand. Es war eine ausgewachsene Beretta neuster Bauart. „Hast du überhaupt eine Lizenz?‟

      „Bist du als Bulle hier, oder als mein Freund?‟ Sie schnitt eine wütende Miene und riss mir die Beretta wieder aus der Hand.

      „Irgendwo bleib ich immer Bulle – selbst wenn ich mit dir im Bett liege.‟

      „Wenn du mich liebst, bringst du mir schießen bei‟, forderte sie.

      „Du stürzt mich in ernsthafte Konflikte‟, seufzte ich. „Vorschlag: Zuerst liebe ich dich, und dann reden wir noch einmal in Ruhe über das Schießen ...‟

      Der Vorschlag schien ihr zu gefallen. Widerstandslos legte sie die Beretta auf die Kommode und ließ sich küssen. Meine Hände verirrten sich unter ihre Bluse. Ihre Haut war weich und warm, und ihre Küsse ließen die Welt mit ihren Fanatikern und Terroristen in weite Ferne rücken.

      Ein paar Minuten später, in Sharons Bett, hatten wir sie vollständig vergessen ...

      25

      Eve raffte ihre Kleider vom Boden zusammen, als sie den Schuss hörte. Sie hastete zum Fenster, presste Handflächen und Stirn gegen das kühle Glas, und starrte atemlos in die Dunkelheit hinaus.

      Die Umrisse der Topfpalmen auf der Terrasse und der Bäume und Büsche im Garten erschienen auf einmal wie ein Heer angreifender Monster. Ihr Herz galoppierte durch ihren Brustkorb und ihr Atem flog.

      „Terrence‟, flüsterte sie. „O Gott, Terrence ...‟

      Ein Schatten löste sich aus dem dunklen Garten. Schwankend näherte er sich der Terrasse, halb gehend, halb auf den Knien kriechend. Und unendlich langsam.

      „Terrence!‟, schrie Eve. Ein zweiter Schatten tauchte hinter dem ersten auf. Schnell und aufrecht. Er streckte seinen Arm aus und ein Blitz zuckte durch die Dunkelheit. „Terrence!‟

      Eve fasste nach dem Fensterhebel. Sie wollte ihn umlegen und die Glasfront zur Terrasse aufziehen. Plötzlich quietschte die Tür hinter ihr. Sie fuhr herum. Es war so dunkel, so dunkel – aber im Türrahmen, da bewegte sich doch etwas ...?

      Eve presste sich die Hände auf den Brustkorb, als wollte sie ihr fliehendes Herz festhalten. „Ist da jemand?‟, flüsterte sie. Keine Antwort. Und doch sah sie deutlich den Schatten. Langsam bewegte er sich auf sie zu. „Wer sind Sie ...?‟ krächzte sie. Ihre Stimme brach. Tief holte sie Luft. „Was wollen Sie von mir?!‟, brüllte sie.

      Etwas schlug von außen gegen die Scheibe der Glasfront. Eve wirbelte herum. Auf der Terrasse kniete Terrence. Den Kopf und die Fäuste gegen das Glas gestemmt. Trotz der Dunkelheit sah Eve seine weit aufgerissenen Augen. Hinter ihm stand ein Mann und zielte mit einer Pistole auf seinen Kopf.

      „Nein ...‟, flüsterte Eve. „Nein, nein ...‟ Eve hörte keinen Schuss, aber sie sah das Mündungsfeuer. Terrence′ mächtiger Körper bäumte sich noch einmal auf. Dann rutschte er am Glas entlang auf den Terrassenboden. Sein Gesicht zog dunkle Schlieren über das Glas ...

      Etwas Hartes bohrte sich in Eves Nacken. Sie spürte den warmen Hauch menschlichen Atems auf der nackten Haut. „Bitte ...‟ Tränen liefen ihr über die Wangen. „Bitte nicht ...‟

      Ein Schuss brachte ihre verzweifelte Angst zur Ruhe. Sekunden später lag ihr Körper vor der Glasfront zur Terrasse. Kaum eine Handbreite von der Leiche ihres letzten Geliebten entfernt. Durch eine Glasscheibe von ihm getrennt. Und durch den Tod ...

      26

      Ismael warf den Außenbordmotor des Schlauchbootes an. „Er hätte mich fast erwischt‟, rief er. Er war noch ganz erregt von dem Kampf im Garten. „Ich dachte, ich hätte ihn ein für alle Mal getroffen – und plötzlich schießt dieser Riese auf mich!‟

      Das Boot tuckerte auf den nächtlichen Atlantik hinaus. „Allahs schützende Hand hat mir das Leben gerettet.‟ Raphael zuckte zusammen, als er Ismaels Hand auf seiner Schulter spürte.

      „Dieser Mann hat sieben Leben in sich gehabt.‟ Sein großer Bruder schrie gegen den Lärm des Motors an. „Ich hab fast mein ganzes Magazin leer geschossen – und trotzdem wäre es dem Kerl fast gelungen, ins Haus zurückzukehren.‟

      Raphael nickte stumm. Er fühlte sich wie ausgehöhlt. Auf seiner inneren Bühne rutschte die kleine, zierliche Frau am Glas entlang auf den Boden. Stand wieder am Fenster, rutschte wieder am Glas entlang. Und wieder, und wieder ...

      „Wir haben es geschafft, kleiner Bruder – Allah sei Dank, wir haben es geschafft!‟ Ismael schlug dem Jüngeren begeistert auf den Rücken. Raphaels Körper schaukelte hin und her, wie der einer leblosen Puppe.

      Bitte, bitte nicht ...

      Die Stimme der Frau flüsterte in seinem Kopf.

      Bitte, bitte nicht ...

      Sie wollte nicht aufhören zu flüstern. Als würde ein Vinylschallplatte mit Sprung in seinem Schädel rotieren.

      Bitte, bitte ...

      „Wie oft musstest du schießen?!‟, brüllte Ismael ihm ins Ohr.

      „Einmal‟, sagte Raphael.

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