Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015. A. F. Morland

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Das Schloss war nicht innerhalb von Sekunden zu knacken. Aber die Fenster sahen alt und nicht besonders stabil aus.

      Er zog eine Rolle Klebeband heraus und klebte einige Streifen in Höhe der Fenstergriffe auf das Glas. Vorsichtig presste er seine Jacke gegen die verklebte Stelle – ein dumpfer Schlag, und das Glas war durch. Kein Splitter fiel innerhalb des Hauses auf den Boden.

      Zusammen mit dem Klebeband zog Raphael die Bruchstück aus der Glasscheibe. Dann fasste er nach innen. Der Fenstergriff ließ sich ohne Weiteres umdrehen.

      Sekunden später kletterte Raphael durch das geöffnete Fenster ins Haus hinein. Er schlüpfte in die dunkle Jacke und zog seine Jericho heraus. Mit flinken Fingern schraubte er den Schalldämpfer auf ihren Lauf ...

      23

      Ismael drückte sich flach auf den sandigen Boden. Deutlich hörte er die Schritte. Der Mann, der da durch den Garten schlich, konnte nicht mehr weit von seinem Versteck entfernt sein.

      Im Haus war kein Licht zu sehen gewesen. Auch jetzt flammte keine Beleuchtung auf. So blieb auch der Garten mit seinen vielen Büschen und Bäumen dunkel und undurchdringlich.

      Sie hatten den Mann am Strand beobachtet. Ismael hatte keine Ahnung, dass der Bodyguard bei der US-Army gewesen war. Er wusste aber, dass man in den Vereinigten Staaten gern auf ehemalige Polizisten und Soldaten zurückgriff, wenn man einen persönlichen Begleitschutz brauchte. Also rechnete er mit Allem.

      Laub raschelte, eine Eidechse huschte ins Gras. Oder eine Maus? Wieder Laubrascheln. Ganz in der Nähe, höchstens drei Schritte entfernt. Ismael Körper spannte sich an. Wie ein zum Sprung bereites Raubtier lauerte er unter seinem Busch.

      Auf keinen Fall wollte er sich auf einen Nahkampf einlassen. Der Andere war mindestens anderthalb Köpfe größer, und gut fünfzig Pfund schwerer, als er. Er packte seine entsicherte Pistole mit beiden Händen ...

      Dunkle Schuhe tauchten vor ihm auf. Darin nackte Füße. Zum Greifen nahe. Ismael hielt den Atem an. Langsam hob er die Waffe. Über ihm ragte der hünenhafte Mann auf. Suchend und lauschend blickte er sich um.

      Ismael hob die Waffe, langsam, ganz langsam. Er zielte auf den gewaltigen Brustkorb – und drückte ab. Zwei, drei Mal das metallene Floppen und der Lichtblitz an der Mündung des Schalldämpfers.

      Äste brachen, Gras raschelte – der Mann hatte sich seitlich ins Gebüsch geworfen. Ismael hörte ihn stöhnen. Er robbte aus seiner Deckung. Ein Feuerstrahl zischte aus dem Gestrüpp, ein Schuss explodierte und hallte über den dunklen Strand ...

      24

      Ihr Herz klopfte wild. Ich spürte es durch mein Jackett hindurch.

      „Gut, dass du bist, Jesse‟, flüsterte sie, „verdammt gut.‟

      „Ich hab’s heute morgen gehört‟, sagte ich. „Von meinem Chef, während des Briefings. Ich habe tausendmal versucht, dich zu erreichen.‟

      „Du hast Angst um mich?‟ Sie machte sich von mir los und lächelte.

      „Ja. Was ist daran so lustig?‟

      „Gar nichts, sorry.‟ Sie wies auf einen der schwarzen Stahlrohrsessel an einem niedrigen Glastisch. „Nimm Platz. Willst du etwas trinken?‟ Ich wollte. Sharon verschwand in ihrer Küche. „Sicher ein Bier, wie ich dich kenne?‟

      Ich widersprach nicht und setzte mich. Der Raum war nüchtern möbliert – Stahlrohrmöbel, Lamellenschränke, Glasregale, riesige Musikboxen, aus denen düstere, orientalisch klingende Musik drang. Schwarz und weiß dominierten. Das schien mir irgendwie nicht zu meiner temperamentvollen Lady zu passen.

      Warum hatte sie gelächelt, als sie fragte, ob ich Angst hätte? Im Rückblick liegt die Antwort auf der Hand – man hat nur Angst um jemanden, für den man mehr empfindet, als flüchtige Schwärmerei.

      „Was ist das für merkwürdige Musik?‟, wollte ich wissen.

      Sharon kam aus der Küche zurück und stellte eine Dose Budweiser und ein Glas vor mich auf den Tisch. „Death can dance heißt die Gruppe. Verbindet Rock mit orientalischer Musik.‟

      „Klingt düster‟, brummte ich. „Und dieser Name: Tod kann tanzen – ziemlich makaber in deiner Lage.‟

      „Was soll ich tun, Jesse?‟ Sie setzte sich zu mir und schmiegte sich an mich. „Ich atme noch und fühl mich quicklebendig. Und wenn du Lust hast, können wir sogar tanzen gehen.‟

      „Verrücktes Weib.‟ Ich küsste sie. „Deine Verrücktheit – ich glaube, das lieb′ ich so an dir.‟

      „Ich höre die Musik schon seit Jahren.‟ Ein wehmütiger Ausdruck huschte über ihr Gesicht. „Schon als ich noch in London lebte, hab′ ich sie gehört. Ich hatte damals einen guten Freund. Durch ihn habe ich sie kennengelernt. Es klingt zynisch, aber er war überzeugter Moslem ...‟

      „Deine erste große Liebe ...?‟

      „So ähnlich.‟ Ihre Stimme wurde leise. „Du hast meine Handynummer von Mike bekommen?‟, wechselte sie plötzlich das Thema.

      „Ja – er war unterwegs zum Meditieren.‟ Grinsend schüttelte ich den Kopf. „Auch so ein Verrückter ...‟

      „Er ist nicht verrückt, er ist fatalistisch.‟ Sie schenkte mir Bier ein und zündete sich ein Zigarette an. „Fatalismus ist Dummheit – man muss um sein Leben kämpfen.‟

      „Und wie gedenkst du zu kämpfen?‟, wollte ich wissen.

      „Ich weiß mich schon zu wehren. Außerdem glaube ich nicht, dass diese Fanatiker Ernst machen werden. Über Salman Rushdie haben sie auch die Fatwa verhängt. Das ist zehn Jahre her. Und er lebt heute noch.‟

      „Aber wie!‟, sagte ich. „Wie ein Gefangener im eigenen Haus. Davon abgesehen teilen FBI und CIA deinen Optimismus ganz und gar nicht.‟ Ich erzählte von der abendlichen Krisensitzung in der Federal Plaza.

      „Ich werde also Personenschutz bekommen?‟ Sharon war blass geworden. Meine Neuigkeiten hatten sie aufgewühlt.

      „So ist es, Lady Sharon. Eve und Valezki auch. Obwohl ich Zweifel habe, dass dein Partner gesteigerten Wert darauf legt.‟ Ich nahm mein Glas und trank – das Bier tat gut nach diesem langen Tag.

      Sharon bot mir eine Zigarette an, und ich griff zu. „Verrat mir mal, was diese selbsternannten Richter und Henker Gottes an eurem schrägen Comic auszusetzen haben.‟

      Sharon zuckte mit den Schultern. „Was weiß denn ich?‟ Sie stand auf


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