Alter Mann im Bus. Bernhard Weiland

Alter Mann im Bus - Bernhard Weiland


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Im syrischen Aleppo hat der Krieg alle Kliniken zerstört.

      traumbild

      ich bin unterwegs auf einer straße sie ist sehr befahren mittig laufen schienen beides scharf erkennbar was daneben sei erscheint verschwommen die straße als ob sie bekannt sei aus meiner stadt und ich sei ein fremder in ihr mir ist als wolle ich in eine straßenbahn einsteigen dort an einem hochbahnsteig der sieht so aus wie eine einfache haltestelle dann auch gleichzeitig wieder wie ein bahnhof mit vielen bahnsteigen ich suche nach einem fahrplan finde keinen der ausgehängt wäre neben mir fährt gerade eine bahn ab ich bin wie gelähmt kann mich nicht bewegen sodass ich nicht in sie einsteigen kann obwohl ich will.

      diese straßenbahn hat besondere waggons nicht wie eine straßenbahn eher wie eine vergnügungsparkbahn oder wie eine touristische sightseeingbahn oder wie eine kinderbimmelbahn auf einem jahrmarktkarussell die stimmung der menschen inwendig sieht aus wie eine vergnügliche kaffeefahrt sie ist aber nicht hörbar sie schwingt nur inwendig in mir.

      die vergnügliche bahnlinie fährt nur eingleisig in eine richtung auf dieser strecke ich gehe auf diesem bahnsteig weiter da sehe ich eine weitere bahn auf einem anderen gleis an einer anderen haltestelle abfahren die ich verpasse ich hätte auch nicht gewußt wo sie hinfährt und entscheide mich zur nächsten haltestelle zu fuß zu gehen.

      ich wandere auf der straße an den gleisen entlang komme an eine stelle wo die straßenbahngleise zu eisenbahngleisen werden mehrere nebeneinander und dann schon wieder in die gleise der straßenbahn münden sie führen hinein und heraus aus einem verödeten industriegelände und die fröhliche kinderbimmelbahn fährt da geradewegs hinein.

      an dieser stelle ändert sich mein weg ich muss zu einer verabredung wohl weil meine söhne zu meinen großeltern wollen die ja eigentlich schon lange verstorben sind aber wir sollen uns mit ihnen treffen und keiner ist da ich mache mir so meine gedanken wie ich dann doch noch weiter käme schaue mich zur orientierung in der landschaft um wo ich wohl wäre aber diese landschaft ist mir gänzlich unbekannt ich stehe auf einer anhöhe schaue hinein in diese landschaft die so aussieht wie eine gegend weit außerhalb einer stadt schaue hinunter auf einen kleinen see wälder wiesen haine und häuser die stehen wie abgeschieden da.

      in die weitere richtung die ich meine nehmen zu müssen orientiere ich mich am stand der untergehenden sonne ich denke mir ich müsse nach norden gehen in dieser richtung befindet sich nur wald ich denke das wird aber noch die ein oder andere stunde dauern bevor ich dort bin wo ich hin soll.

      da will ich mein smartphone nehmen und anrufen mir fällt ein ich habe da eine app drauf mit einer karte und könnte es als navi benutzen doch draußen ist es schon dunkel geworden der bildschirm ist auch dunkel sodass ich die app nicht finden kann es gelingt mir gerade noch zu telefonieren.

      ich will und weiß nicht warum meine schwester anrufen ob mein sohn aus hamburg schon unterwegs sei oder schon da wäre sagen dass ich mich verspäten würde finde mich währenddessen schon in der wohnung meiner eltern wieder rufe bei meinem sohn an bekomme aber keine verbindung obwohl ich mit dem gespräch offenbar durchkomme ich höre nur komische geräusche zwischendurch bruchstückhaft die stimme meines sohnes aber es kommt keine verständigung zustande wie durch zauberhand steht er auch schon direkt neben mir im zimmer wir unterhalten uns im ungewöhnlich chaotischen durcheinander eines zimmers meiner eltern die nicht anwesend sind wo sie sind keine ahnung sie sind wohl schon länger nicht da.

      2.Etappe

      Zum Klosterwanderweg von Wöltingerode bis Wernigerode

      23. - 27.Januar 2017

      Reiseverlauf

      Diese zweite Reiseetappe führt mich von Niedersachsen nach Sachsen-Anhalt, von Seesen entlang des nördlichen Harzvorlands bis nach Wernigerode. Dabei lege ich in fünf Linien des ÖPNV einen Fahrtweg von ca. 67 Kilometern in insgesamt 2: 50 Std. zurück. Dazu kommt eine Wanderung von 15 km. (Weitere Daten befinden sich im Anhang!).

      Winter

      Die Kälte kriecht mir unangenehm unter die Haut. Ich stehe in Kreiensen in aller Herrgottsfrühe an Gleis 52 und friere beim Warten auf den Anschluß nach Seesen. Es ist noch dunkel. Geräusche aller Art, die von so einem Ort um diese Zeit hervorgebracht werden, sind gedämpft, wie eingepackt in matte morgendliche Müdigkeit. In Seesen angekommen starte ich mit dem Bus. Lange bin ich der einzige Fahrgast. Die Schüler*innen sind schon durch und sitzen sicherlich in gut geheizten Klassenräumen. In Lutter am Barenberge, an der Haltestelle für den Bus nach Goslar, fröstele ich weiter. Da sollte die Sonne doch längst aufgegangen sein. Irgendwo wird sie wohl scheinen, bloß nicht dort, wo ich bin. Nur fahles diffuses Licht bedeckt den Ort. Drei Tage lang, bis ich erstmals im Kloster Drübeck morgens in meinem Zimmer aufwachen werde, soll ich sie nicht sehen. Nur Nebel, Schnee, graue Landschaft. Das Ziel dieser Etappe ist ein Teil des Klosterwanderweges am Harz. Dorthin bin ich unterwegs.

      Geschichtsschreibung

      In Goslar lege ich einen Zwischenstopp ein. Die gebuchte Unterkunft in der Altstadt ist bei meiner Ankunft gerade einmal 13 Grad Celsius kühl. Ich hätte mich doch gerne aufgewärmt. Das wird notgedrungen verschoben. Diesen und die nächsten trüben Tage will ich zum touristischen Sightseeing nutzen. Zunächst schließe ich mich einer Führung an, Helm auf dem Kopf. Es geht unter Tage, in den Roederstollen des Rammelsberges. Hier ist es immerhin gut 15 Grad wärmer als draußen. Aber auch dunkel und feucht. Was für ein unwirtlicher Ort. Im Mittelalter hielten sich die Bergleute hier 14 Stunden am Tag auf, um bis zum Umfallen Erzgestein zu brechen. Zu schuften. Damals noch mit Hammer und Meißel. Einer hält das Eisen, der andere schlägt mit dem Fäustel zu. Auch als Museum wirkt die Strecke noch bedrückend. Nach 1000 Jahren wurde das gesamte Bergwerk 1988 geschlossen und 1992 als Besucherbergwerk zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

      Im Saal der Kaiserpfalz ist geheizt, bunte Historiengemälde bringen ein wenig Farbe in die monochrome Tagesstimmung und eine Ahnung vom Geschichtsbild des ausführenden Künstlers, wie es im Deutschen Reich des ausgehenden 19.Jahrhunderts wohl weit verbreitet war. Das Elend der Bergarbeiter, die den Reichtum der Kaiser aus dem Berg schlugen, findet darauf nicht statt. Stattdessen das Märchen von Dornröschen als politische Allegorie auf den Niedergang des Heiligen Römischen Reiches und die "Wiedererstehung des deutschen Reiches" im Jahr 1871 durch Kaiser Wilhelm I.

      In der Zeit vom 8. bis 15.Jahrhundert benötigten die frühen Könige und Kaiser Pfalzen wie in Goslar, um auf ihren Reisen durch ihre Herrschaftsgebiete angemessen Station machen zu können. Es gab noch keine Hauptstadt, noch kein herausgehobenes Machtzentrum. Deswegen waren diese Reisekönige oder Reisekaiser regelmäßig mit ihrem Hofstaat, einem großen Gefolge, von Pfalz zu Pfalz unterwegs. Davon kündet im Gewölbekeller des erhaltenen Pfalzbaus eine überaus interessante Ausstellung. Leider erfahre ich nur wenig über mittelalterliche Wegeverhältnisse und die Art und Weise, wie vor tausend Jahren mit einem königlichen Tross innerhalb eines Jahres mal soeben 4000 Kilometer zurückgelegt werden konnten. Eine ambitionierte Leistung, vor der ich alter Schlappinsland durchaus meinen Wanderhut ziehen kann. Über die Lebensverhältnisse der Menschen, die für das Funktionieren dieses Königspalastes sorgten, erfahre ich hier auch nichts. Bertolt Brecht mit seinem Gedicht, beginnend mit der Frage "Wer erbaute das siebentorige Theben?" schiebt sich in meine Erinnerung. Zusammen gedacht bekommen Kaiserpfalz und Rammelsberg dann doch einen tieferen Sinn.

      Bier und Schnaps

      Der angenehmere Gruß aus dem Mittelalter als die Geschichten von Schufterei und Herrscherränke ist mir das Gosebier. Benannt nach dem Harzer Fließgewässer, das Goslar den Namen gab und dem vor Zeiten das Wasser zum Bierbrauen entnommen wurde, genieße ich es zu deftigem Braunkohl mit Harzer Schmorwurst. Und genehmige mir danach einen doppelten Kümmel einer nahegelegenen Klosterbrennerei. Das Bier mundet mir besser. Die Gose nimmt in Goslar den Wasserlauf der Abzucht, dem früheren Abwassergraben des Bergbaus, auf und quert mit dem neuen Namen die Altstadt. Sie endet kurz darauf schon wieder im Stadtteil Oker in dem Flüsschen Oker. Ich spaziere diesen Wildbach entlang und bestaune von hier aus die alten Gemäuer des Ortes. Etwas entfernt der bunten, prahlenden Geschäfte und der sich gar nicht einfügen wollenden Betongestaltung großer Kaufhäuser inmitten der Weltkulturerbe-Altstadt, wirken Zusammenstellung und Architektur hier viel spannender. Weil organisch gewachsen.


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