Das AK-Steiger-Prinzip. Anna Katharina Steiger

Das AK-Steiger-Prinzip - Anna Katharina Steiger


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später ganztags als Verkäuferin.

       Studium - und dann?

      Es stand für meine Eltern absolut fest, dass ich nach dem Abitur studieren sollte. Schließlich sollte ich es besser haben als sie! Medizin sollte es werden, doch dazu reichte mein N.C. nicht. Als ich mich stattdessen für Elektrotechnik entschieden hatte, was meine Eltern argwöhnisch beäugten, schließlich war ich ein Mädchen, sollte es wenigstens unbedingt die Elite-Universität RWTH in Aachen sein. Damit war ich, um erstmalig wieder meine Freiheit zu genießen, weit genug weg vom Elternhaus, wenn auch nicht weit genug, um völlig der Fremdbestimmung meiner Eltern entfliehen zu können. Leider klappte das Studium nicht, wie ich es geplant hatte, und ich musste es nach vier Semestern abbrechen.

      Meine Eltern erwarteten, dass ich nun zurück nach Hause komme, doch das kam für mich absolut nicht infrage. „Die Füße wieder unter den Tisch meines Vaters“ setzen, wollte ich auf gar keinen Fall. Ich hatte die Freiheit ein Stück weit genossen und wollte nicht mehr unter die “Befehlsgewalt” meiner Eltern. So suchte ich eine Ausbildungsstelle zur Bürokauffrau in Aachen. Ich erinnere mich noch an die Schwierigkeiten, die ich damals hatte, eine Ausbildungsstelle zu finden. In einem Möbelhaus hatte ich mich für die Ausbildung beworben und als der Geschäftsführer hörte, dass ich Abitur gemacht hatte, sagte er nur: „Mit Abitur können Sie ja noch nicht einmal einen Besen halten!“ Es waren definitiv damals andere Zeiten.

      Letztendlich fand ich doch einen interessanten Ausbildungsplatz in einem Unternehmen, das sich mit Computern und später mit medizinischer Software beschäftigte. Schon während meiner Ausbildung durfte ich sehr viel Verantwortung übernehmen. Ich war damals gemeinsam mit einem der Geschäftsführer dafür zuständig, die Software, die das Unternehmen vertrieb, in Arztpraxen zu verkaufen, zu präsentieren und zu schulen.

      Die Arbeit machte mir viel Freude und war anspruchsvoll, also genau mein Ding. Dabei lernte ich meinen zukünftigen ersten Mann kennen und als junge Menschen konnte es uns damals nicht schnell genug gehen. So heirateten wir schon kurze Zeit später. Das war jedoch das Signal für meinen damaligen Chef, dass ich wohl schwanger sein musste und so hatte sich die Übernahme in ein Angestelltenverhältnis erst einmal für mich erledigt. Da mein Bauch nicht rund wurde, wurde ich letztendlich doch übernommen. Damals glaubte ich „Hier wirst Du alt bis zur Rente“.

       Das Leben nimmt seinen Gang

      Nach der Ausbildung blieb ich also im Unternehmen und konnte in der medizinischen Software Fuß fassen und eignete mir sehr fundiertes Wissen an. Das blieb auch dem damaligen Softwarehersteller nicht verborgen und so warb er mich ab. Fortan war ich Fachberaterin in einem großen Teil Deutschlands, fuhr im Außendienst von Praxis zu Praxis und hatte großen Spaß an meiner Arbeit. Aus der Außendiensttätigkeit wurde schnell – für damalige Verhältnisse außergewöhnlich – ein Home-Office-Arbeitsplatz in der Dokumentation und ich schrieb Handbücher und Nachschlagewerke für die Software.

      Meine biologische Uhr begann allmählich auch zu ticken und so wurde der Wunsch nach Kindern in mir immer größer. Doch irgendwie wollte es nicht gelingen. Nach einer Vielzahl von unterschiedlichen ärztlich begleiteten Methoden haben wir den Kinderwunsch letztendlich aufgegeben. Es sollte einfach nicht sein.

      Aus meiner Sicht auch mit ein Grund, dass meine erste Ehe scheiterte. Wir waren beide in der Situation völlig überfordert, hatten den Druck meiner Eltern im Nacken „endlich mit Enkelkindern aufzuwarten“ und litten doch selbst unter den Umständen. So kam die Trennung und ich lebte ein paar Jahre alleine. Ich stürzte mich in den Beruf und entwickelte mich über weitere Stationen in der Softwarebranche weiter. Ich übernahm zunehmend Verantwortung in meinen Positionen und spürte auch immer wieder den Druck von oben aus der Chefetage.

       Der Weg zur Unternehmerin

      Ich blieb über 30 Jahre in der gleichen Branche und habe dort einen guten Namen gehabt, habe jedoch alle zwei bis drei Jahre die Firma gewechselt, bis ich 1998 mit vier weiteren Personen, darunter auch mein jetziger Mann, unsere eigene GmbH gründete. Wir wurden Vertriebspartner einer medizinischen Softwarefirma und unser Unternehmen wuchs und gedieh, bis wir letztendlich zehn Mitarbeitende hatten und der erste Vertriebspartner waren, der eine Zertifizierung im Qualitätsmanagement erreicht hatte. Auch hier hatte ich immer wieder den Gedanken: „Hier wirst Du alt mit Deiner Firma, Deine Arbeit macht Dir Spaß, alles ist gut.”

      Der Mutterkonzern machte uns jedoch immer strengere Vorgaben und wir fühlten uns in dieser Konstellation sehr eingeschränkt. Es gab Vorgaben, die ich so nicht mehr umsetzen konnte und wollte. Heute weiß ich, dass das, was da passierte, einen Verstoß gegen meine Werte bedeutete. Ich fühlte mich zunehmend unwohl, der Spaß an der Arbeit sank von Tag zu Tag und mit jeder neuen Vorgabe vom Mutterkonzern fühlte ich mich mehr und mehr fremdbestimmt. Das alte Muster wiederholte sich.

      Eines Tages wurde uns seitens des Konzerns ein Führungskräfte-Training angeboten. Hier hatte ich meine ersten Berührungspunkte zum Thema Persönlichkeitsentwicklung und mit diversen anderen Methoden.

      Hier lernte ich unter anderem NLP (neurolinguistisches Programmieren)2 und Hypnose kennen.

       Späte Aufarbeitung

      Durch einen während des Seminars initiierten Persönlichkeitstest und das anschließende Auswertungsgespräch mit einer sehr einfühlsamen Trainerin kam das Thema der Verarbeitung des Todes meines Bruders nochmal an die Oberfläche, das ich jahrelang für mich richtiggehend innerlich weggeschlossen hatte. Die Aufarbeitung war hart, jedoch sehr heilsam. Alte Wunden aufzureißen ist nie einfach und aus heutiger Sicht empfehle ich jedem, sich mit seiner Vergangenheit zu beschäftigen, vor allem mit Themen, die vermeintlich verarbeitet, gleichwohl tatsächlich nur weggeschoben und unterdrückt wurden und werden.

      In nur wenigen Coaching-Terminen konnte ich das Trauma rund um den Tod meines Bruders vollständig auflösen, ein dunkles Band, dass lange Zeit mein Begleiter gewesen war und mich eingeengt hatte, war nun gelöst, ich fühlte mich frei.

      Durch dieses herausragende Ergebnis und die Übungen, die wir im Führungskräfte-Training absolvierten, hatte ich “Blut geleckt”. Ich begann meine NLP-Ausbildung und beschäftigte mich mit meiner Person, meinen Glaubenssätzen und Werten und spürte in mir einen Wunsch immer stärker werden: Das ist es, Du willst Menschen bewegen und nach vorne bringen. Sie sich entwickeln sehen!

      Je mehr ich Einblick in gelungene Kommunikation erhielt und zunehmend meine einschränkenden Glaubenssätze bearbeitete, umso mehr fühlte ich, dass mein Freiheitsdrang durch den Mutterkonzern immer stärker eingeschränkt wurde. Ich wollte das alles nicht mehr. Da ich mich mehr und mehr wehrte, wurde ich im Mutterkonzern auffällig und zu einem Gespräch zitiert.

      Das Gespräch sollte darüber entscheiden, wie es weitergehen sollte und ich war wahrlich innerlich zerrissen. Ich musste mit klar darüber werden, was ich wollte und was ich nicht mehr wollte und legte deshalb vorbereitend meinen Standort fest: Was will ich, was will ich nicht mehr? Welche Argumente habe ich im Mutterkonzern? Ich führte eine Liste mit positiven und negativen Aspekten, wie Du sie im Kapitel “S-wie Standortbestimmung” auch erfährst, und fuhr zum Konzern.

      Mit allerbester Vorbereitung auf das Gespräch fehlte mir trotzdem an entscheidender Stelle der Mut. Als der Konzerngeschäftsführer unsere Akte aus dem Schrank holte und dies mit dem Satz begleitete: “Das tue ich normalerweise nur, wenn es um eine Kündigung geht”, hatte ich den Mut nicht, zu sagen: “Dann lass uns über eine Kündigung sprechen”. Ich habe stattdessen versucht, einen Status quo zu finden, Vertriebspartner zu bleiben und eine gütliche Einigung zu erzielen.

      Heute weiß ich, dass ich damals zwar wusste, was ich nicht mehr wollte und grob auch eine Ahnung hatte, was ich wollte, allerdings hatte ich das Ziel weder spezifiziert, noch eine genaue Vorstellung davon. Ein Fehler, der Dir nicht passiert, wenn Du die folgenden Kapitel nicht nur liest, sondern die Übungen auch ausführst.

      Meine Entscheidung, den Mund zu halten, hatte jedoch fatale Folgen.

      Zurück in der Firma fassten mein Mann und ich den Entschluss, eine zweite Firma zu gründen. Wir kehrten dem Mutterkonzern den Rücken und


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