5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten. Alfred Bekker
Mann ist nicht da"!, sagte sie. "Tut mir leid."
"Ich möchte zu Ihnen, Frau Wolf. Kann ich hereinkommen?"
Sie rieb nervös die Handinnenflächen gegeneinander. Dann zuckte sie die Schultern.
"Ja, sicher."
"Danke."
Moeller folgte ihr ins Wohnzimmer. Zu seiner Überraschung traf er dort auf ein bekanntes Gesicht.
"Herr Feller!", stieß Moeller hervor. Feller trug den Kittel seines Autohauses. Irgendetwas musste wichtig genug gewesen sein, um mitten während der kostbaren Arbeitszeit eines Unternehmers einen Besuch abzustatten. Moeller reichte ihm die Hand. Fellers Händedruck war überhart. Einer, der zeigen will, wer der Boss ist, dachte Moeller. Aber er registrierte noch etwas anderes. Martin Feller hatte feuchte Hände.
"Sie scheinen hier ja eine Art Dauergast zu sein, Herr Feller..."
"Sagte ich Ihnen nicht bereits, dass Nobbi und ich gute Freunde sind. Unsere Frauen sind auch befreundet. Wir sind auch schon zusammen im Urlaub gewesen und..." Er brach plötzlich ab.
Irgendwie hatte Moeller das Gefühl erwartet worden zu sein.
Und das gefiel ihm nicht.
"Ich muss Ihnen leider mitteilen, Frau Wolf, dass Ihr Mann tot aufgefunden wurde", brachte Moeller seine traurige Pflicht dann möglichst schnell hinter sich. Er hasste solche Momente. Aber er fand trotzdem, dass er so etwas besser konnte als Leute wie Simitsch. Und dass, obwohl man ihm so etwas in seiner Ausbildung nie beigebracht hatte.
"Was?", entfuhr es Barbara. Sie schüttelte stumm den Kopf. "Das kann nicht wahr sein!"
"Es ist leider so!"
"Was genau ist passiert?", mischte sich jetzt Martin Feller ein. Sein Tonfall hatte etwas Drängendes. Eine Note, die Moeller nicht gefiel.
"Er wurde erschossen", sagte Moeller. "Man hat seine Leiche am Ufer der Listertalsperre gefunden. Frau Wolf, wann haben Sie Ihren Mann zum letzten Mal gesehen?"
Moeller fiel auf, dass sie erst Martin Feller anblickte, bevor sie schließlich schleppend antwortete.
"Gestern Abend" sagte sie.
"Wann genau?"
"Es war schon recht spät, vielleicht zehn Uhr, da meinte er plötzlich, er wollte nochmal raus!"
"Was heißt das, nochmal raus?"
"Ich dachte an eine Kneipentour. Er sagte: Schatz, mach dir keine Sorgen, es wird spät, du kannst schonmal schlafen."
"Und Sie haben dann schonmal geschlafen?"
"Ja."
"Und heute morgen? Ihr Mann war nicht da, hat Sie das nicht gewundert?"
"Ja, schon. Ich hab mir Sorgen gemacht. Deswegen habe ich auch Martin angerufen!" Wieder sah sie sich fast hilfesuchend zu dem Gebrauchtwagenhändler um. Dann begann sie plötzlich hemmungslos zu schluchzen. "Ich kann nicht mehr...", murmelte sie. "Mein Gott, wer tut so etwas?"
"Das möchte ich gerne herausfinden, Frau Wolf. Aber dazu brauche ich Ihre Hilfe!"
"Sie sehen doch, dass Barbara jetzt nicht weiter belastbar ist!", fuhr Feller dazwischen. Moeller ignorierte ihn. Er fragte: "Haben Sie eine Ahnung, was Ihr Mann mitten in der Nacht an der Listertalsperre wollte?"
"Nein."
"Wer sagt Ihnen, dass er dort ermordet wurde?", mischte sich Feller wieder ein.
"Wir haben seinen Wagen dort in der Nähe am Straßenrand gefunden. Könnte es sein, dass er sich mit jemandem treffen wollte?"
"Ich weiß es nicht", murmelte Barbara Wolf tonlos. Sie blickte Moeller an. "Ich stehe Ihnen ein anderes Mal gerne zur Verfügung, aber jetzt bin ich wirklich völlig am Ende."
"Ich verstehe", murmelte Moeller.
"Ich bringe Sie zur Tür", sagte Feller.
"Danke, aber ich finde schon allein hinaus", erwiderte Moeller.
Feller wartete, bis der Kripobeamte gegangen war. Als die Wohnungstür ins Schloss fiel, wandte er sich an Barbara.
"Ich muss jetzt wieder in die Firma. Die Jungs machen sonst nur Blödsinn, wenn ich nicht da bin!"
"Martin, ich will jetzt die Wahrheit wissen! Was steckt dahinter?"
"Ich weiß nicht mehr als du, Barbara!"
15
Das Autohaus Feller lag an der Weststraße in City-Nähe. Ein günstiger Platz, wenn es auch langsam ein bisschen eng wurde.
Aber an eine Erweiterung war nicht zu denken. Die Gegend war einfach zu dicht bebaut. Das Geschäftszentrum am Sternplatz und das Freizeitbad waren in unmittelbarer Nähe.
Und zudem hatte die Werkstatt eine Hanglage. Aber das hatte fast jeder in Lüdenscheid. Die Einfahrt war sehr steil. Ein Testgelände für Handbremsen.
Martin Feller sprang aus dem Wagen und blickte sich um.
Seine Leute machten gerade Pause, als Feller missgelaunt die Werkstatt betrat. Charly Wallmeier erkannte das sofort.
Irgend eine ziemlich dicke Laus war dem Chef über die Leber gelaufen. Aber solange Jürgen, der Azubi dabeistand, würde Feller keine Silbe darüber reden.
"Du holst uns noch ein Bier, woll Jürgen?", fragte Charly Wallmeier kauend an Jürgen gewandt.
Jürgen verzog das Gesicht und knurrte etwas Unverständliches. Dann murrte er: "Warum muss eigentlich immer ich das Bier holen?"
Charly blickte auf. Will wohl den Aufstand im Gemüsegarten proben, der Kleine!, schoss es ihm durch den Kopf.
Dann sagte er ziemlich gallig: "Weil du der Lehrling bist. Deshalb."
"Auszubildender heißt das", knurrte Jürgen. Aber das klang schon ziemlich kleinlaut.
"Was auch immer. Jedenfalls holst du das Bier. Ob als Auszubildender oder als Lehrling. Hauptsache, du brauchst nicht den ganzen Tag und bist vor Feierabend noch zurück. Hast du mich verstanden?"
"Ja, ja..."
Jürgen zog mit schlurfenden Schritten ab. Als er weg war, wandte sich Charly an Martin Feller.
"Sag mal, Chef, war das der Bäumer heute Mittag?"
Aber der Chef schien mit den Gedanken meilenweit entfernt zu sein. Er brauchte volle zwei Sekunden, um zurückzukehren.
"Was?" Er blickte Charly verständnislos an. "Wovon sprichst du eigentlich?"
"Na, von dem Anruf."
Feller starrte ins Leere.
"Nein", murmelte er.
"Ach, wirklich nicht? Ich hätte darum gewettet!"
"Da hättest du verloren."
"Wer war's denn? Klang wie so'n arroganter Sack. Aber wenn du sagst, dass es der Bäumer nicht war... Also, die Stimme klang jedenfalls ganz ähnlich, woll!"
Feller atmete tief durch. Meine Güte, musste der denn immer tiefer in der Sache herumbohren?, ging es ihm ärgerlich durch den Kopf.
Er sah Charly ins Gesicht.
"Können wir nicht über etwas anderes reden?"
"Klar."
"Na, also!"
"Aber ich versteh das nicht..."
"Da gibt's nichts zu verstehen!"
Charly verdrehte die Augen. Er war wirklich erstaunt. So kannte er den Chef gar nicht, und er hatte geglaubt, ihn wirklich gut zu kennen.
Lange, korrigierte er sich. Ich kenne ihn schon ziemlich