Einäugige Killer: 5 klassische Krimis. Cedric Balmore

Einäugige Killer: 5 klassische Krimis - Cedric Balmore


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mir den Hals. »Sie hatten einen großartigen Auftritt«, sagte ich zu Price. Der Spott in meiner Stimme war unüberhörbar, aber Price tat so, als sei alles okay.

      »Ich habe nichts getan«, meinte er. »Ich bin nur hereingekommen. Sie wußten, daß der Mann gefährlich war. Mr. Gardner erzählte es mir, während Sie bewußtlos waren. Es war Ihre Schuld, daß Sie sich unter diesen Umständen von dem Mann überrumpeln ließen.«

      »Was tun Sie in New York?« fragte ich ihn.

      »Blöde Frage!« knurrte er. »Wie Sie wissen, wurde meine Tochter ermordet.«

      Ich bemerkte erst jetzt das schmale schwarze Bändchen am Knopfloch seines Anzugrevers. Ken Price roch nach einem aufdringlichen Rasierwasser. Er hatte plumpe, weiche Hände, denen man die Pflege einer Maniküre anmerkte.

      Er hielt meinem Blick ruhig stand. Er hätte hundert Prozesse und tausend Kämpfe mit der Polizei überstanden. Er war gerupft, aber ungebrochen aus diesen Auseinandersetzungen hervorgegangen, ein Mann, der sich mit Geld und Gewalt gekauft hatte, was er gerade brauchte — Zeugen, Alibis und Anwälte.

      In den letzten Jahren war es stiller um ihn geworden. Selbst in Chicago war die Zeit der blutigen Bandenkriege und der nackten Gewalt eleganteren Spielarten des Verbrechens gewichen. Kfen Price hatte sich rechtzeitig umgestellt. Die meisten der von ihm kontrollierten Firmen operierten auf legaler Basis und zahlten brav ihre Steuern — aber es waren Betriebe, die mit Blutgeld finanziert worden waren, mit geraubten und erpreßten Vermögen.

      Ken Price hatte einen faszinierenden Kopf, ein scharfes Raubvogelprofil, das Brutalität und Intelligenz verriet und durch eine starke Ausstrahlung imponierte. Seine Stimme paßte dazu. Sie hatte den sonoren Klang eines Bühnenschauspielers. Wenn Price den Mund aufmachte, waren die anderen still. Am merkwürdigsten waren seine Augen. In seiner Jugend waren sie wegen ihres metallischen, hellen Glanzes berühmt gewesen, und selbst jetzt noch lag etwas Zwingendes in ihnen. Es war zu verstehen, daß Ken Price seinefi Weg gemacht hatte. Ohne Zweifel hatte er das Zeug dazu, andere Menschen zu führen. Dummerweise hatte er mit dieser Gabe die verkehrte Richtung eingeschlagen.

      »Hier ist weder das Leichenschauhaus noch der Friedhof«, sagte ich. »Weshalb kamen Sie her?«

      »Ich suche den Mörder«, gab er zu.

      »In Mr. Gardners Atelier?«

      Ken Price wandte den Kopf. »Sagen Sie es ihm, Chum«, meinte er.

      »Ich habe Lala Price porträtiert«, sagte Gardner.

      »Wann?« fragte ich überrascht.

      »In der vergangenen Woche.«

      »Ich habe davon erfahren«, schaltete sich Ken Price ein. »Ich kam her, um festzustellen, für wen sie sich malen ließ und wer sie begleitete.«

      »Well?« fragte ich und schaute Gardner an.

      »Sie kam stets allein«, sagte er.

      »Wann war sie das letztemal hier?«

      »Vorgestern. Sie holte das Bild ab.«

      »Was zahlte sie dafür?«

      »Zweitausend in bar.«

      »Was ist es für ein Bild?« wollte ich wissen.

      »Ein Halbakt«, sagte Gardner. »Ich war sehr stolz darauf. Das Bild hatte Pfiff.«

      »Ich dachte, Sie malen nur abstrakte Sachen«, sagte ich.

      Gardner schüttelte den Kopf. »Von Zeit zu Zeit muß ich mir und meinen Kritikern beweisen, daß ich handwerklich mit ihnen durchaus Schritt halten kann. Viele meinen nämlich, hinter meinen Popbildern verberge sich pure Stümperei.«

      »Wie ist Lala Price an Sie geraten?« wollte ich wissen. »New York kennt prominentere Porträtisten — womit ich Ihnen nicht zu nahe treten will.«

      Gardner winkte ab. »Ich bin nicht empfindlich. Sicher gibt es bekanntere Maler als mich — aber die sind auch wesentlich teurer. Sie kam eines Tages her und wollte wissen, ob ich sie malen könnte. Ich sah ihr an, daß sie nicht von der Wohlfahrt lebte, und forderte forsch zwei große Lappen. Sie willigte ein, ohne mit den Wimpern zu zucken. Auf diese Weise kamen wir zusammen.«

      »Wie oft war sie hier?«

      »Lassen Sie mich mal nachdenken. Neun- oder zehnmal würde ich sagen. Jeweils anderthalb Stunden.«

      Ich blickte Price an. »Befindet sich das Bild in der Wohnung Ihrer Töchter?«

      »Nein«, sagte er. Er wandte sich an Gardner. »Und Sie sind sicher, daß sie niemals abgeholt wurde?«

      »Ziemlich sicher«, meinte Gardner. »Dafür gibt es eine plausible Erklärung. Ich vermute, daß das Bild als ein Geschenk für ihren Freund bestimmt war. Da sie ihn damit überraschen wollte, ließ sie sich nicht von ihm begleiten, wenn sie zu den Sitzungen erschien.«

      »Ich glaube, wir sind ein wenig vom Thema abgekommen«, sagte ich. »Es geht nicht um das Bild. Es geht um den mehr als auffälligen Umstand, daß Lala Price sich ausgerechnet hier malen ließ — in einem Atelier, das Norwich’ Mörder als Zuflucht benutzte.«

      »Ist Norwich denn tot?« fragte Price stirnrunzelnd.

      »Er schwebt in Lebensgefahr. Der Angriff auf jhn war ein Mordanschlag. Kennen Sie Norwich?«

      »Nein, ich hörte auf dem Wege nach hier im Autoradio, was ihm zugestoßen ist.«

      Ken Price sprach höflich, mit einem Unterton von Desinteresse. Ich starrte ihn an. Er war allein in Gardners Atelier erschienen. Das war ebenso auffällig wie sein Erscheinen schlechthin. Price war kein Mann, der sich frei zu bewegen wagte. Normalerweise wurde er stets von ein oder zwei Leibwächtern begleitet.

      »Was sagen Sie dazu, Gardner?« wandte ich mich an den Maler.

      Er schrak zusammen. »Wozu?«

      »Zu Hugh Parrish’ Auf tauchen in Ihrem Atelier.«

      »Das hat er Ihnen doch erklärt! Es war mehr oder weniger ein Zufall.«

      »Erwarten Sie, daß ich das glaube? Zwischen dem Überfall auf Norwich und Lala Price’ Tod besteht ein Zusammenhang — ein Zusammenhang aus blitzenden Diamanten. Lala Price wurde hier gemalt. Welcher Zufall sollte Norwich’ Angreifer ausgerechnet in dieses Atelier verschlagen haben — in einen Raum, der Minuten später vom Vater der Toten besucht wird?«

      »Ich gebe zu, daß das reichlich verworren wirkt«, sagte Gardner, »aber ich kann Ihnen nicht mehr sagen, als ich weiß. Lala Price wurde von mir gemalt. Sie hat für das Bild zweitausend Dollar bezahlt und es vorgestern mitgenommen. Ich kenne den Mann nicht, der mit dem Bild beglückt werden sollte — falls es einen solchen Mann überhaupt gibt. Lala Price hat niemals darüber gesprochen, was sie mit dem Bild anzustellen beabsichtigte. Sie war ziemlich zugeknöpft. Ich hielt sie für arrogant, um ehrlich zu sein.«

      Irgend jemand in diesem Haus log. Vermutlich taten das alle beide. Ich war ein paar Minuten ohne Bewußtsein gewesen. Jack Gardner und Ken Price hatten sich während dieser Zeit arrangieren und eine Absprache treffen können.

      »Wie wollen Sie Lalas Mörder finden?« fragte ich den Syndikatsboß.

      »Mit den gleichen Methoden wie Sie«, meinte er. »Indem ich jede Spur verfolge. Mr. Gardner war nur eine von vielen.«

      »Woher stammt die Information, daß Lala sich hier malen ließ?«

      »Das ist nicht wichtig«, sagte er.

      »Von Harper?« fragte ich.

      »Vielleicht.«

      »Ich brauche ihn. Wo hält er sich auf?«

      »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, meinte Ken Price und produzierte ein dünnes, maliziöses Lächeln. »Selbst wenn ich es wüßte, würden Sie es nicht von mir erfahren. Machen wir uns nichts vor, mein Bester. Wir sind


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