Einäugige Killer: 5 klassische Krimis. Cedric Balmore

Einäugige Killer: 5 klassische Krimis - Cedric Balmore


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meine Schläfe von der Spitze einer knallenden Peitsche berührt.

      Der Gangster grinste, als er meinen Schock sah. »Das nächstemal treffe ich ins Schwarze«, versicherte er. »Das war nur ein Warnschuß.«

      Ich blickte über die Schulter. Wie erklärte es sich, daß Corinna Price nicht auftauchte? Die Kugel war dicht neben der Tür in die Wand gedrungen.

      »Das machen Sie nicht noch einmal«, sagte ich leise und wandte mich wieder dem Schützen zu.

      Er lachte kurz und rauh. »Sie haben recht. Ich warne Sie nicht zum zweitenmal.«

      »Was ist hier passiert?« fragte ich.

      »Das wollte ich gerade herausfinden. Sie haben mich dabei gestört.«

      »Miß Price!« donnerte ich.

      »Lassen Sie Corinna aus dem Spiel!« sagte der Mann.

      Im Flur kamen Schritte näher. Corinna Price trat auf die Schwelle. Das Mädchen sah sehr blaß aus. Es zuckte zusammen, als sie an mir vorbeiblickte. Ich vermochte nicht zu sagen, ob sie der Revolver in der Hand des Mannes oder der Mann auf dem Boden erschreckte oder beides zusammen.

      »Bitte, Stan«, sagte sie mit gepreßter Stimme. »So geht es nicht. Haben Sie geschossen?«

      »Was hätte ich denn tun sollen?« fragte der mit Stan Angesprochene. »Ich hatte keine Lust, wie der da zu enden.« Er wies mit dem Daumen seiner linken Hand über die Schulter auf den am Boden liegenden Mann.

      »Um Himmels willen — ist er tot?« murmelte Corinna Price, deren Augen sich angstvoll weiteten.

      »Er war noch sehr l'ebendig, als ich ihn hier erwischte«, sagte der Mann. »Allerdings lag er schon auf dem Boden, mit einer Schußverletzung, Ich hatte gerade angefangen, ihn in die Mangel zu nehmen und ein paar Fragen an ihn zu richten, als er plötzlich munter wurde und verrückt spielte. Dann kam dieser Kerl herein und mimte den strammen Otto. FBI! Da muß ich wirklich lachen.«

      »Aber es stimmt«, sagte das Girl. »Mr. Trevellian ist Special Agent.«

      Der Mann lachte. »Diesen Quatsch glauben Sie? Diesen Trick hat er sich ausgedacht, um hier herumschnüffeln zu können. Kennen Sie ihn?«

      Corinna Price nickte. »Er hat sich ausgewiesen«, sagte sie.

      Ich gab mir einen Ruck und machte ein paar Schritte nach vorn auf den am Boden liegenden Mann zu. »Mal sehen, was mit ihm los ist«, sagte ich.

      »Stecken Sie endlich den Revolver ein, Stan!« befahl das Girl ungeduldig.

      »Nichts für ungut, Miß — aber in dieser Situation muß ich selbst entscheiden, was zu…«

      Weiter kam er nicht.

      Als ich mit ihm auf gleicher Höhe war, zog ich einen Handkantenschlag ab. Er kam ansatzlos aus der Hüfte heraus und traf den Mann genau dort, wo es wirkte. Der Revolver flog in hohem Bogen durch die Luft und krachte gegen die Fußbodenleiste. Die sensible Mechanik reagierte gekränkt und feuerte einen Protestschuß ab, der glücklicherweise nur das Schrankbein traf.

      Mein Gegner hielt sich nicht damit auf, Erschrecken oder Resignation zu zeigen. Er marschierte sofort mit den Fäusten auf mich los. Daß er damit umzugehen verstand, merkte ich an der Art, wie er meine Deckung unterlief. Ich konterte mit ein paar knochentrockenen Schwingern und brachte ihn auf Distanz.

      Ein flüchtiger Blick auf den Spiegel zeigte mir Corinna Price’ blasses, schreckverzerrtes Gesicht. Ich bemerkte, daß nicht unser Kampf und seine möglichen Folgen sie entsetzten, sondern der Anblick des reglos am Boden liegenden Mannes.

      Stan steigerte das Tempo. Es war klar, daß er eine rasche Entscheidung erzwingen wollte. Mir war das nur recht. Ich ging klaglos mit, blockte einige seiner Haken ab und kam zweimal hart mit det Linken durch.

      Er hatte fabelhafte Nehmerqualitäten, aber als ich ihn zum drittenmal traf, begannen seine Augen wie Sülze zu wabbern. Ich roch Morgenluft und legte noch ein paar Touren zu. Das war mehr, als mein Gegner verkraften konnte. Er baute rasch ab. Als meine Rechte genau auf dem Punkt landete, fiel er um und blieb reglos liegen.

      Ich nahm seinen Revolver an mich und klopfte meinen Gegner nach Waffen ab. »Wie heißt er?« fragte ich das Mädchen.

      »Stan Pollock.«

      »Er ist einer Ihrer Gorillas, nicht wahr?«

      »Ja, er wird von Papa bezahlt.«

      Ich richtete mich auf und trat an den zweiten Mann heran. Ich sah, daß der Mann eine Stichwunde in der Brust hatte und bewußtlos war.

      »Wer ist das?« fragte ich sie.

      »Ich kenne ihn nicht«, meinte Corinna Price mit bebender Stimme. »Sie haben doch gehört, was Stan sagte. Er hat diesen Mann hier in Lalas Schlafzimmer überrascht.«

      Ich blickte zum Fenster. Es war geöffnet. Die duftigen Gardinen bauschten sich im Wind. »Rufen Sie die Ambulanz und die Polizei an«, sagte ich, ehe ich mich aus dem Fenster beugte.

      Corinna Price machte kehrt.

      »Von hier, bitte!« rief ich ihr zu. »Ich möchte hören, was Sie zu sagen haben.«

      »Die Notrufnummer?« fragte das Girl. Ich nickte und schaute aus dem Fenster. Das Fenster wies zum Hof. Von der Feuerleiter aus war es ohne Mühe über einen ziemlich breiten Steinsims zu erreichen. Ich sah die frischen Kratzspuren auf dem Sims und schloß das Fenster. Ich hörte mir an, was Corinna Price zu sagen hatte, und beugte mich über den Bewußtlosen. Sein Blutverlust hielt sich in Grenzen. Soweit ich es beurteilen konnte, bestand keine Gefahr für sein Leben.

      Ich holte ihm die Brieftasche aus dem Jackett. Sie enthielt zwei brandneue Hundertdollarnoten und einen Führerschein auf den Namen Bernie Hobson.

      »Sagt Ihnen der Name Hobson etwas?« erkundigte ich mich bei dem Girl, das gerade den Hörer auflegte.

      »Nein.«

      Ich schaute mich in dem Zimmer um. Auf dem Toilettentisch herrschte ein funkelndes Durcheinander von Parfümflakons und anderen Schminkutensilien. An einem Badeölfläschchen lehnte ein kleines Ledersäckchen. Es nahm sich auf dem Tisch wie ein Fremdkörper aus.

      Ich blickte in den Spiegel, als ich das Säckchen ergriff. Corinna Price schenkte mir keine Aufmerksamkeit. Sie starrte noch immer die am Boden liegenden Männer an.

      Ich öffnete das Säckchen. Aus seinem halbdunklen Innern leuchtete es mir kalt entgegen. Ich schüttete den Inhalt auf meine Handfläche. Die scharfkantigen, ungeschliffenen Steine verursachten auf meiner Haut ein seltsames kribbelndes Gefühl.

      Corinna Price trat neben mich. Sie starrte die Steine an. »Was ist das?« fragte sie.

      »Rohdiamanten«, erwiderte ich.

      »Wie kommen sie in Lalas Zimmer?«

      »Keine Ahnung. Sehen Sie die Diamanten zum erstenmal?«

      »Ja«, antwortete Corinna Price. »Was sind sie wert?«

      »Ich bin kein Fachmann — aber ich sehe, daß selbst nach dem Schliff im Durchschnitt drei- bis vierkarätige Brillanten übrigbleiben dürften. Grob geschätzt enthält der Beutel Rohdiamanten im Wert von zweihunderttausend Dollar.«

      »Vielleicht handelte Lala damit«, sagte Corinna Price. »Sie machte gern Geschäfte.«

      »Mit wem?«

      »Mit dem Tod«, sagte Corinna Price bitter. »Das haben Sie doch inzwischen festste!len können.«

      »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich die Steine zur Untersuchung mitnehme und unserem Labor anvertraue? Sie erhalten dafür eine Quittung.«

      »Nicht nötig«, meinte Corinna Price und winkte ab. »Ich vertraue Ihnen.«

      »Vorhin sah das nicht so aus.«

      »Weil


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