Hedi war hier. Katharina Günther
beendet. Wie bitte? Glaubt er wirklich, diese Aussage helfe uns weiter?
Arndt bringt uns an den Rhein. Raus aus der Stadt mit den vielen Menschen. Wir sagen nichts, sitzen nur da und schweigen. Ich schaue Kindern und ihren Großeltern zu, wie sie spielen. Dabei fühle ich nichts. Nicht mal Schmerz. Nur Leere. Unsere Tochter wird sterben, egal was wir tun. Es gibt keine Hoffnung. Egal ob wir einleiten oder austragen.
Später zuhause öffne ich eine Flasche Wein. Die erste seit dem 19. Mai. Seit dem Tag des Schwangerschaftstests.
PROST IHR MORALAPOSTEL UND GUTMENSCHEN
Ja, ich trinke Wein. Gruß an alle, die jetzt denken: „Wie kann sie nur! Sie hat doch ein Baby im Bauch!“
Ach, echt? Kaum zu glauben, aber DAS WEISS ICH!!!
Aber kann ich das Leid meines Babys noch größer machen? Kann ich ein Leben zerstören, dass längst zerstört ist? Ich scheiß auf all die Moralapostel und Gutmenschen da draußen, die jetzt mit dem Kopf schütteln, mein Handeln verurteilen. Ihr wart sicher noch nicht in meiner Situation. Euer Denken ist doch nur bestimmt von den Konventionen dieser Gesellschaft. Und darin tut jeder brav das, was von ihm erwartet wird. Doch nichts ist so, wie ich es erwartet habe. Ich will euch Besserwisser und Möchtegern-Gutmenschen mal sehen, wenn ihr in meiner Situation steckt. Tut ihr gerade nicht? Dann haltet die Klappe!
Es ist zum Kotzen. Wie viele dumme, egoistische, verantwortungslose Schwangere trinken eigentlich während sie ihr Kind erwarten? Saufen im wahrsten Sinne bis der Arzt kommt? Nehmen Drogen und Rauchen und bekommen trotzdem gesunde Kinder! Und ich? Ich habe doch alles richtig gemacht von Tag 1 an. Keinen Schluck Alkohol mehr, keine Kippen… Beides fiel mir leicht. Für mein Baby hätte ich auf noch vieles mehr verzichtet. Habe ich auch: Auf mein geliebtes Sushi, auf mein geliebtes Medium-Steak. All das hatte ich aus meinem schwangeren Leben verbannt.
Und? Wie viele Schwangere gibt es, die das nicht tun? Die trinken, rauchen, essen was sie wollen. Und am Ende halten sie doch einen süßen gesunden Schreihals im Arm?! Das ist doch nicht fair.
Also kommt mir nicht mit Moral und erhobenen Zeigefinger. Ich muss, nein, ich will sogar gerade egoistisch sein. Ich schreibe das hier nicht, um meine Situation schönzureden. Das was ich schreibe, ist die unverblümte grausame Wahrheit. Nichts für oder über Gutmenschen. Denn ich bin ganz sicher keiner. Und kann sie auch nicht leiden.
In diesem Sinne: Ich kann auch als Egoistin meine ungeborene Tochter lieben. Wem das hier nicht gefällt, soll doch an dieser Stelle aufhören zu lesen. Denn hier steht meine Realität: Mit Kippen und Alkohol und widersprüchlichen Gefühlen, wie Neid, Missgunst, Liebe, Hass und Hingabe.
Und überhaupt: Als ob ein bisschen Wein meine neue Realität noch brutaler machen könnte. Ganz bestimmt nicht. Er kann sie aber für einen winzigen Moment vielleicht erträglicher machen … zumindest für mich. Also: „Auf Hedi!“ Sie ist meine Tochter. Sie wird mich verstehen.
Denn wer´s vergessen hat: Ich werde keine Mutter-Tochter-Abende in der Zukunft haben, an denen ich mit Hedi und einer Flasche Wein über das Leben philosophiere. Ich werde sie nie trösten, wenn sie Liebeskummer hat oder mit ihr auf das Leben anstoßen. Mit ihr zusammen lachen, weinen, Weintrinken.
Dann eben jetzt! Auf Hedi.
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