How Not To Die. Gene Stone
Vorwort von Jens Nähler
Es sind seltsame Zeiten: Menschen werden älter denn je, die Lebenserwartung weltweit steigt. Aber sie sind auch kränker denn je – gerade im Alter. Wir bekämpfen diese Krankheiten, zunehmend etwa Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, mit Medikamenten. Darunter Antibiotika, die zudem in der Tiermast prophylaktisch und als Wachstumsförderer eingesetzt werden, was wiederum dazu führt, dass einige Bakterien nicht mehr auf diese Medikamente anschlagen. Ein Teufelskreis.
Ich bin kein Arzt und ganz sicher auch kein Wissenschaftler. Mit Ernährung setze ich mich kritisch erst seit wenigen Jahren auseinander. Selbstkritischer ausgedrückt: Mit dem, was ich zu mir nehme, setze ich mich überhaupt erst seit wenigen Jahren auseinander. Und mit dem, was Ernährung in mir bewirkt.
Vorher? Die blaue Pille aus der Matrix, der düsteren Hollywood-Vision der Wachowski-Geschwister. Ich weiß, wie einfach es ist, zu glauben, was man glauben will. Wie bequem es ist, sich mit Fast-Food zu ernähren. Wie leicht man der Versuchung unterliegt.
Dr. Michael Gregers Buch „How Not To Die“ ist so etwas wie die rote Pille aus dem Hollywood-Film. Der Augenöffner, das Wunderland. Die Aufforderung, selbst aktiv zu werden. Greger ist ein Vorkämpfer gegen den Lebensmittelwahnsinn unserer Zeit. Er rückt die schlimmsten Zivilisationskrankheiten in den Fokus. Um dann aufzuzeigen, wie unsere moderne Ernährung in direktem Zusammenhang mit diesen steht. Wie Ernährung uns krank machen kann, heute mehr denn je. Aber auch gesund.
Michael Greger ist nicht der Erste, der das erkennt. Weit vor seiner Zeit hat das bereits ein Mann formuliert, dessen Eid nicht nur jedem Arzt bekannt ist: Hippokrates. „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel und eure Heilmittel eure Nahrungsmittel sein“, sagte der Grieche – und seine Worte scheinen heute in der modernen Medizin, in der immer mehr Medikamente verschrieben werden, zu oft vergessen zu werden.
Greger zeigt einen anderen Weg auf, um Krankheiten unserer Zeit vorzubeugen oder von ihnen zu genesen. Er behauptet nicht, dass moderne Medizin akute Krankheiten nicht behandeln kann. Das Gegenteil ist der Fall. Aber sie tut zu wenig, diese überhaupt zu verhindern – und für diese Einsicht muss man selbst weder Arzt noch Forscher sein. Greger hilft allerdings dabei, sie wissenschaftlich zu belegen und Wege aus dem Dilemma aufzuzeigen.
Ernährung war für mich bisher im Wesentlichen ein Thema, um meine sportliche Leistung zu verbessern. Autoren wie Brendan Brazier (Vegan in Topform) und Rich Roll (Das Plantpower Kochbuch) schulten mich darin, wie sie mein Training unterstützen und meine Regeneration fördern kann. Dr. Michael Greger hat neben dem Speziellen das große Ganze im Blick und zeigt weitaus mehr Aspekte auf, die noch viel wichtigere Auswirkungen auf die Lebensqualität eines jeden Einzelnen haben.
Auch er rückt eine bewusste Ernährung in den Vordergrund. Er unterfüttert seine Tipps unterhaltsam mit Fakten aus Hunderten Studien und garniert sie leicht verdaulich mit zahlreichen Beispielen. Kein Wunder, dass er es mit seinem klaren, verständlichen Stil auf diese Weise in die New-York-Times-Bestsellerlisten geschafft hat. Gratulation, da gehört er hin.
Denn Greger ist nicht dogmatisch. Er verordnet keine Diät und hebt auch nicht den moralischen Zeigefinger, was so oft das Problem von Büchern ist, die eine pflanzlich-basierte Ernährung in den Vordergrund rücken – worauf auch „How Not To Die“ hinausläuft. Nüchtern analysiert er Fakt um Fakt und gibt anhand der Sachlage Empfehlungen.
Die Wichtigste ist: Gesundheit kann man sich nicht verschreiben lassen. Aber man kann selbst etwas dafür tun. Dieses Buch ist ein guter Anfang.
Jens Nähler (geb. 1973)Mitglied der Chefredaktion der TageszeitungHNA (Hessische-Niedersächsische Allgemeine) in KasselMarathon- und Ultramarathonläufer
Vorwort von Dr. Greger
Alles begann mit meiner Großmutter.
Ich war noch ein Kind, als die Ärzte sie in einem Rollstuhl zum Sterben nach Hause schickten. Mit der Diagnose „Herzerkrankung im Endstadium“ hatte sie bereits so viele Bypass-Operationen hinter sich, dass den Chirurgen buchstäblich das Arbeitsmaterial ausging – das Narbengewebe, das von all diesen Operationen am offenen Herzen zurückgeblieben war, machte jeden weiteren Eingriff immer schwieriger, bis am Ende kaum noch Optionen blieben. Die Ärzte eröffneten meiner Großmutter, die an den Rollstuhl gefesselt war und unter unvorstellbaren Schmerzen litt, dass sie kaum noch etwas für sie tun könnten. Mit fünfundsechzig Jahren war ihr Leben vorbei.
Ich glaube, dass bei vielen Kindern wahrscheinlich dann der Wunsch geweckt wird, Arzt oder Ärztin zu werden, wenn sie beobachten, wie ein geliebter Mensch krank wird oder sogar stirbt. Bei mir war es genau andersherum: Es begann, als ich sah, wie es meiner Großmutter immer besser ging.
Kurz nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, um ihre letzten Tage zu Hause zu verbringen, lief eine Sendung über Nathan Pritikin im TV, einen frühen Pionier der Lifestyle Medicine, der bereits berühmt dafür war, auch Herzkrankheiten im Endstadium zu heilen. Er hatte gerade ein neues Behandlungszentrum in Kalifornien geöffnet, und meine Großmutter machte sich in ihrer Verzweiflung quer durchs Land auf den Weg zu ihm, um zu einer seiner ersten Patientinnen zu gehören. Bei diesem stationären Programm wurden alle Teilnehmer auf eine pflanzenbasierte Diät gesetzt und begannen mit einem stufenweisen Training. Sie rollten meine Großmutter hinein, und sie lief selbst wieder heraus.
Das werde ich niemals vergessen.
Sie tauchte sogar in Pritikins Biografie Pritikin: The Man Who Healed America’s Heart auf. Meine Großmutter wurde als „Todesschwellen-Kandidatin“ beschrieben:
Frances Greger aus Nord-Miami, Florida, kam bei einem von Pritikins frühen Treffen in Santa Barbara im Rollstuhl an. Mrs. Greger litt an einer Herzerkrankung, an Angina und Claudicatio. Ihr ging es so schlecht, dass sie nicht mehr ohne große Schmerzen in Brust und Beinen laufen konnte. Innerhalb von drei Wochen hatte sie es allerdings nicht nur aus ihrem Rollstuhl heraus geschafft, sondern lief ganze zehn Meilen am Tag.1
Als Kind war das für mich alles, was zählte. Ich konnte wieder mit meiner Oma spielen. Doch im Laufe der Jahre begann ich die fundamentale Bedeutung hinter diesen Ereignissen zu verstehen. Zu jener Zeit glaubte die Ärzteschaft nicht, dass Herzerkrankungen reversibel seien. Den Patienten wurden Medikamente verabreicht, um das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten, und bei Operationen Bypässe um die verstopften Arterien gelegt, um die Symptome zu lindern, doch allgemein wurde erwartet, dass die Krankheit sich verschlimmern und schließlich zum Tod führen würde. Heute allerdings wissen wir, dass unser Körper beginnen kann, sich selbst zu heilen, sobald wir mit der arterienschädlichen Ernährung aufhören und sich die Arterien in vielen Fällen ganz ohne Hilfe von Medikamenten oder Operationen wieder öffnen.
Meine Großmutter bekam ihr medizinisches Todesurteil mit fünfundsechzig Jahren. Dank einer gesunden Ernährungs- und Lebensweise konnte sie aber noch weitere einunddreißig Jahre mit ihren sechs Enkelkindern auf dieser Welt genießen. Die Frau, der Ärzte gesagt hatten, sie hätte nur noch wenige Wochen zu leben, starb erst mit sechsundneunzig Jahren. Ihre fast wundersame Genesung inspirierte nicht nur einen ihrer Enkel, eine medizinische Laufbahn einzuschlagen, sondern schenkte ihr auch noch genügend gesunde Lebensjahre, um mitzuerleben, wie er seinen Abschluss machte.
Als ich Arzt wurde, hatten Koryphäen wie Dr. Dean Ornish, Präsident und Gründer des gemeinnützigen Preventive Medicine Research Institute, bereits ohne jeden Zweifel nachgewiesen, was Pritikin vorher bereits gezeigt hatte. Dr. Ornish und seine Kollegen bewiesen unter Zuhilfenahme der neuesten Spitzentechnologie – Herz-PET-Scans,2 quantitative Koronararteriografie3