Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August Schrader

Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe) - August Schrader


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mein Gott«, antwortete Eva unwillig und drückte Jennys Hand fest in die ihre, »kümmern Sie sich doch nicht um diesen groben Pflanzer! Vielleicht ist er diesen Mittag gekommen, um Sie in einen Prozess zu verwickeln, denn wie ich hörte, geht er stets darauf aus, sich auf diese Weise zu bereichern; soviel er auch besitzt, so grenzenlos geizig und habsüchtig soll er dabei sein.«

      »Der Mann ist mir in tiefster Seele verhasst – ich will ihn nie, nie wieder sehen! Schärfe allen meinen Domestiken ein, dass er mir nie, sooft er auch kommen mag, gemeldet werde, denn allein sein Name genügt schon, um meinen Missmut zu wecken: Er macht mich unwillkürlich zittern, wie die Ahnung vor einer unbekannten Gefahr.«

      »Beruhigen Sie sich, liebe Miss, so pünktlich und genau wie dieser soll noch keiner Ihrer Befehle erfüllt worden sein, denn niemand mag den Pflanzer leiden, alles flieht ihn wie eine bösartige Schlange. Doch nun genug über diesen unangenehmen Gegenstand, wir wollen ein heiteres Gespräch beginnen, denn ein Bräutchen, und überdies ein so schönes Bräutchen wie Sie, darf den Hochzeitstag nicht durch einen Tränenschleier herannahen sehen – Herz und Auge müssen fröhlich sein, damit der Bräutigam an das Glück seiner jungen Frau und an sein eigenes glaubt.«

      »Eine schwere Aufgabe«, seufzte Jenny; »ich soll den Bräutigam an ein Glück glauben machen, an dem ich selbst verzweifeln möchte!«

      »O nein«, antwortete Eva rasch, »dazu haben Sie wahrlich keinen Grund.«

      »Wenigstens bilde ich mir ein, dass kein Grund vorhanden ist.«

      »Miss Jenny«, flüsterte Eva, und das Licht der Sterne ließ ein schalkhaftes Lächeln auf ihrem niedlichen Gesicht erkennen, »soll ich Ihnen meine Ansicht über die ganze Sache mitteilen?«

      »Nun, so rede!«

      »Ich glaube, Sie werden von der Eifersucht geplagt. Habe ich recht?«

      »Wie man es nehmen will«, antwortete Jenny in einem gleichgültigen Ton.

      »Ja, wie man es auch immerhin nehmen will, ich habe recht, und Sie haben auch recht, denn Sir Arthur ist ein schöner, liebenswürdiger Mann. Es ist eine wahre Lust, ihn zu sehen, wenn er auf seinem prächtigen Pferd die Allee herangesprengt kommt, die wir von der Terrasse unseres Hauses bis an den Wald übersehen können – mir kommt es immer vor, als ob das Tier stolz wäre, seinen schmucken, schlanken Reiter zu tragen! Nun«, fügte sie einschmeichelnd hinzu, »ist es nicht so?«

      »Nicht ganz so«, antwortete die junge Braut mit einem Seufzer, und ihre Augen erglänzten heller in dem milden Sternenlicht, denn eine Träne drängte sich gewaltsam in ihnen hervor.

      »Das verstehe ich nicht«, sagte die Zofe verwundert.

      »Höre mich an, und du wirst mich verstehen.«

      Ein Geräusch in der nahe stehenden Zypressengruppe unterbrach plötzlich die Stille des Abends.

      Jenny fuhr erschrocken auf.

      »Was ist das?«, rief sie leise.

      Die beiden Mädchen lauschten.

      »Was wird es sein?«, fragte Eva laut. »Ein Vogel flattert durch die Blätter, das ist alles.«

      Und in der Tat, nach einem Augenblick wiederholte sich dasselbe Geräusch, ein mächtiger Nachtfalter schwang sich aus den rauschenden Zypressenzweigen empor und eilte mit lautem Flügelschlag über den Baldachin hin dem Wald zu.

      »Da haben Sie die Erklärung, Miss!«, lachte Eva und schlug dabei ihre Hände zusammen, dass in allen Baumgruppen, die kleinen Hainen glichen, das Echo wach wurde. Dann lauschte sie einen Augenblick, als ob sie die Wirkung dieses Manövers erwartete – und sie hatte sich nicht getäuscht, denn hier und da rauschte es abermals in den Zweigen und Gesträuchen, und eine Menge Vögel verließen erschrocken ihr Versteck, das sie sich für die Nacht gesucht hatten.

      »So«, sagte das muntere Zöfchen und nahm seinen Platz zu den Füßen der Gebieterin wieder ein, »jetzt werden wir vor den Nachtvögeln Ruhe haben – fahren Sie fort, ich werde hören.«

      »Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Jenny, durch die Unterbrechung zerstreut.

      »Bei der Eifersucht!«

      »Ganz recht! Nun so höre: Schon früh hat mich mein Vater an den Gedanken gewöhnt, in Arthur den künftigen Gefährten meines Lebens zu betrachten. Sooft es Zeit und Umstände erlaubten, musste der junge Mann von Boston, wo sein Vater lebte, zu uns kommen und wochen-, selbst monatelang hier verweilen. Wir waren damals beide fast noch Kinder, und ich muss bekennen, dass ich den munteren Gespielen mit freudigem Herzen empfing und weinend von ihm schied, wenn er mich verlassen musste, um seinen Studien auf der Hochschule zu Boston nachzugehen. Als er auf längere Zeit von uns schied, um nach London zu gehen und dort bei einem Onkel seine Bildung zu vollenden, schloss ich ihn wie einen Bruder in meine Arme, weinte heiße Tränen des Schmerzes an seinem Hals und bat ihn dringend um baldige Wiederkehr. So blieb er drei Jahre aus, und als er diese Besitzung wieder betrat, war sein Vater gestorben – aber auch der meine. Wir standen beide als Waisen in der Welt. Dass nach einem Zeitraum von drei Jahren die kindliche Zärtlichkeit nicht mehr dieselbe war, kannst du dir wohl denken; Arthur war ein schöner junger Mann geworden von feinen Sitten und Manieren, und ich …«

      »Sie eine schöne junge Dame«, fiel Eva der Erzählenden rasch ins Wort, »die dem schönen jungen Mann wohl gefallen musste – ich kann mir das denken! Doch weiter.«

      »Doch mehr als dieser Umstand«, fuhr Jenny fort, »brachte das Testament meines guten Vaters eine Veränderung in unserer gegenseitigen Stellung hervor. Die Bestimmung, dass wir uns heiraten sollten, zog plötzlich einen Schleier über die glücklich verlebte Jugend, und die Zukunft erschien mir in einem ganz andern Licht. Arthur war nicht mehr der kindlich frohe Jugendgespiele, sondern der aufmerksame, galante Liebhaber, und ich … ich konnte mich nur mit einem sonderbar schmerzlichen Gefühl von dem Gedanken losreißen, dass ich den Jugendfreund verloren, und an den gewöhnen, dass ich einen Bräutigam in derselben Person dafür erhalten hatte. Da ich wusste, dass mein Vater stets nur mein Glück im Auge gehabt hat, vergaß ich indes bald den munteren Knaben und Arthur wurde mir endlich das durch die Gewohnheit, was er mir nach der Bestimmung des Testaments sein sollte.«

      »Das heißt, Miss Jenny, Sie lieben ihn, wie man einen Bräutigam lieben muss?«

      »Ich weiß es nicht; nur soviel fühle ich, dass es mich unglücklich machen würde, wenn der Wille meines Vaters nicht in Erfüllung ginge. Und darum erregt der Gedanke, ich bekenne es offen, dass Arthurs Neigung durch einen andern Gegenstand gefesselt würde, ein schmerzliches, peinigendes Gefühl in mir. Willst du dieses Gefühl nun Eifersucht nennen, so hast du recht.«

      »Ja, ja, es ist Eifersucht«, rief Eva, »Eifersucht in bester Form und vollster Bedeutung! Sir Arthur verdient übrigens eine derbe Lektion, dass er durch sein Ausbleiben ein so peinigendes Gefühl in seiner Braut erweckt – übermorgen soll Hochzeit sein, und heute lässt er über Gebühr auf sich warten – er hätte seine Geschäfte wohl aufschieben können.«

      »Du hast recht, Eva!«

      »Doch seien Sie ohne Sorgen, denn ich bin der festen Überzeugung, dass Sie in New Orleans keine Rivalin haben, es müsste denn ein Engel zur Erde niedergestiegen sein, der durch seine himmlischen Reize die höchsten irdischen verdunkeln will – und an Wunder glaube ich nicht mehr, oder Sir Arthur müsste mit völliger Blindheit geschlagen sein. Darum verbannen Sie die Sorgen und, wenn es geht – auch die Eifersucht!«

      »Ich betrachte den Willen des verstorbenen Vaters als einen Befehl des Himmels und seine Erfüllung als einen Segen, der Heil bringend auf meinem ganzen Leben ruht. Von welcher Seite her eine Vereitelung auch drohen mag – sie wird mich unglücklich machen.«

      »Aber, Miss«, rief Eva, »wollen Sie vielleicht dem Erscheinen des wilden Pflanzers eine üble Vorbedeutung beilegen?«

      »Eva, ich kann es nicht leugnen!«

      »So müsste unserm armen Kato schon sehr viel Unglück widerfahren sein, denn er klagte mir noch heute Mittag, dass er dem ungeschlachten Nachbarn sehr oft begegnen würde, und


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