WIE MAN RIESEN BEKÄMPFT. David Kadel
eines fünfjährigen Jungen, der an Krebs erkrankt ist. Sein Name ist David. Er sagte mir, dass Jesus die Liebe seines Lebens ist. Auch er trägt diese „Liebes-Tankstelle“ in seinem Herzen.
Heute, mit 49 Jahren, bin ich immer noch auf dem Weg, vieles zu lernen und werde es wohl bis zur letzten Sekunde meines Lebens sein. Heute verstehe ich die Armen, weil ich selbst arm war. Heute verstehe ich die Gemobbten, weil ich selbst gemobbt wurde, heute verstehe ich die Obdachlosen, weil ich selbst obdachlos war, heute verstehe ich jene, die Katastrophen erleben, weil ich selbst Katastrophen erlebte, und verstehe jene, die um ihr Leben bangen, weil ich auch um mein Leben bangen musste. Vielleicht musste ich all dies erleben, um heute das zu tun, wonach mein Herz sich sehnt. Ich weiß es nicht genau, aber ich lebe meine Berufung.
Ich wünsche Dir, diese Tankstelle der Liebe persönlich kennenzulernen und zu lieben und sie fest im Herzen zu verankern. Möge sie Dir Hoffnung, Kraft und Trost spenden und die Gewissheit, wo immer Du auch bist und was auch immer passiert: „Ich bin für Dich da“ ist immer da!
HERZ
Dein Michael Stahl
Michael Stahl,
6.9.1970 aus Bopfingen – verheiratet 2 Kinder – Buchautor & Trainer für Selbstbehauptung – mein großes Hobby ist alles rund um Fußball und Bücher schreiben.
Kämpfen kann man lernen
Foto: Belinda Mayer
Ich bin im Süden Deutschlands, in der Nähe von Freiburg, aufgewachsen. Als junger Bub war ich schon sehr früh sportbegeistert und liebte es, mich auszupowern und in Bewegung zu bleiben. Am liebsten mit Ball. Durch meinen Vater war es erst der Handball, der mich faszinierte und später dann der Fußball, dem ich gerne Tag und Nacht hinterherjagte. Schule fand ich nicht so cool wie Sport machen. Deswegen hatte ich auch mal fünf Fünfen im Zeugnis: in Mathe, Physik, Englisch, Deutsch und Französisch. Darauf bin ich natürlich nicht stolz, aber ich glaube, dass jedes Kind eben seine eigenen Stärken vom lieben Gott bekommen hat, die man fördern sollte, anstatt ständig auf das zu schauen, was es nicht so gut kann. Wegen der vielen Fünfen bin ich in der 8. Klasse leider sitzen geblieben. Dadurch bin ich vom Gymnasium in die Realschule gekommen, wo ich aber einen guten Abschluss machen konnte.
Aber meine Eltern haben da zum Glück nie Druck ausgeübt, weil sie mich so liebten, wie ich bin. Dafür bin ich ihnen bis heute wirklich dankbar. Sie haben eben gemerkt: Der Junge hat andere Dinge im Kopf und wird einen anderen Weg gehen.
Es gibt viele Beispiele von Leuten, die erst auf dem zweiten Bildungsweg vorangekommen sind. Für mich war das trotzdem eine schöne Schulzeit, weil ich wirklich tolle Lehrer hatte, die ich gemocht habe. Und die haben mich, glaube ich, auch gemocht. Bis auf ein paar wenige.
An dieser Stelle muss ich zugeben, dass ich jetzt nicht der bravste Junge war, und ab und an gab es auch Ärger, weil Klein-Heiko sich immer wieder mal Streiche ausdachte und Unsinn im Kopf hatte.
Mein Vater war Handballspieler und hat mich immer zum Handball mitgenommen. Ich habe das total genossen, Samstagabend und Sonntag den ganzen Tag in der Halle rumzuhängen, wenn er gespielt hat. Ich hab dann in den Schulpausen immer gekickt oder Handball gespielt. Bis ich 16 Jahre alt war, habe ich beides parallel gemacht: Handball und Fußball. Und es war wunderschön, dass mein Vater bei meinen Spielen auch immer dabei war.
Er war eigentlich mein ständiger Begleiter und auch mein Antreiber. Das muss ich schon sagen: Wenn mein Vater nicht gewesen wäre, gerade in der Pubertät, dann hätte ich wahrscheinlich nicht die Disziplin gehabt, das alleine durchzustehen. Heutzutage ist es sogar noch extremer, was den Jungs abverlangt wird, aber zu meiner Zeit war es eben auch schon herausfordernd. Mein Vater hat mich immer wieder auf die richtige Spur gebracht, mein Talent erkannt, und mich dann auch immer wieder gefördert, wo er nur konnte. Gerade auch, weil ich in der Pubertät hier und da mal die Lust am Fußball verloren hatte, bin ich ihm bis heute sehr dankbar, dass er mir damals dabei half, dranzubleiben. Ich glaube, es gab viele Jungs um mich herum, die genauso talentiert waren, oder sogar noch viel mehr Talent hatten, die es im Leben aber nicht geschafft haben, weil ihre Eltern nicht so engagiert waren. Da habe ich meinem Vater unendlich viel zu verdanken. Ohne ihn hätte ich das nicht geschafft.
Vor einigen Jahren habe ich den Motorradführerschein gemacht. Mein Vater hatte natürlich etwas Angst und meinte: „Mensch, Heiko, wenn dir etwas passiert!“ Aber dann hat mein Vater einfach auch den Motorradführerschein gemacht, und ich habe ihm gesagt: „Papa, wenn du Zeit mit mir verbringen willst, was du ja immer möchtest, dann hast du jetzt die Möglichkeit. Dann fahren wir beide einfach mal los Richtung Italien!“ Dann sind wir wirklich beide als Anfänger mit zwei Harley Davidsons drei Wochen runter bis nach Sizilien gefahren und zurück. Das war quasi die allererste Fahrt meines Vaters nach seiner Führerscheinprüfung, direkt mal nach Italien.
Und das war es auch: ein echtes Vater-Sohn-Abenteuer, weil wir nie wussten, wo wir am Ende des Tages landen würden. Wir haben immer erst abends geguckt, wo wir eine Unterkunft finden.
Wie die „Easy Rider“ haben wir uns gefühlt mit unseren Harleys unterm Hintern und dem Wind in den Haaren. Ich bin Gott dankbar, dass ich mit meinem Vater das alles erleben durfte in dieser atemberaubenden Natur, die er geschaffen hat.
Mit 17 Jahren bin ich als junger Fußball-Profi nach Leverkusen gekommen und dann relativ schnell erwachsen geworden, weil ich es einfach musste. Und wenn man dann mit Borussia Dortmund die Champions League gewinnt und deutscher Nationalspieler wird, dann rechnet man nicht unbedingt mit dem, was mir dann passiert ist. Ich hatte im Sommer 2000 plötzlich stechende Kopfschmerzen. Dazu noch von einem Tag auf den anderen Probleme mit den Augen, sodass ich oft dachte: „Irgendwas stimmt doch da nicht mit meinem Sehnerv.“
Im Herbst 2000, da war ich 29 Jahre alt, hat mir eine gemeine Krankheit meine Unbekümmertheit genommen: Ein bösartiger Gehirntumor, ein Germinom im Mittelhirn, wurde bei mir diagnostiziert. Seit dieser Zeit weiß ich: Das Leben kann schon mal ganz schnell zu Ende sein. Bis dahin hatte ich gedacht: „Das Leben endet nie. Dir kann niemand was anhaben!“ Denn ohne Grund beschäftigt man sich ja nicht so intensiv damit, dass man vielleicht bald tot ist, dass man sterben muss und dass das wehtun könnte. Das verdrängt man ja normalerweise. Aber wenn es einen dann selbst trifft, dann ist die Unbekümmertheit plötzlich weg. Ich musste lernen, wie man mit der Unsicherheit gut umgeht. Ich verließ mich auf mein Gottvertrauen, anstatt mich selbst zu bemitleiden.
Aber diese Zeit hatte auch positive Auswirkungen, weil ich seitdem viele Dinge mehr wertschätze bzw. andere Dinge, über die ich mir vorher Sorgen gemacht habe, nicht mehr als Problem sehe. Wir sorgen uns in Deutschland eh alle viel zu viel. Das ist doch völliger Quatsch. Ich bin gesund, ich lebe im Moment, mir geht’s gut und ich gebe mein Bestes, um dieses Zufriedensein, das ich auch in der Beziehung zu Gott finde, nicht durch Ablenkungen zu verlieren.
Ich habe in dieser schweren Zeit der Erkrankung sehr geschätzt, wie wichtig echte Freundschaften sind. Es erfüllt einen tatsächlich, wenn man intensive Gespräche mit Freunden führen und über alles reden kann, was einen tief drinnen ausmacht: über Sehnsüchte, über Gott, über Träume. Es gibt nichts Schöneres, als zusammen zu lachen. Ich liebe aber auch die Ruhe und bin sehr gerne alleine. Da tanke ich auf. Da komme ich zu mir. Da finde ich immer wieder zu Gott, und spreche offen mit ihm über alles, was mich bewegt. Ruhe ist sehr heilsam für den, der sie entdeckt hat, weil wir ja alle gar keine echte Ruhe mehr kennen.
Im Jahr 2000 musste ich also lernen, wie man kämpft. Wie man um sein Leben kämpft. Die Strahlentherapie war sicher kein Zuckerschlecken.