Digitale Medizin. Группа авторов

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Vermessung der Ausgangssituation macht deutlich, wie sehr auf der Mikroebene der Lösungskorridor der individuellen Ausbildung als ein Teilbereich zu bewerten sein dürfte. Und eine zukunftsfähige Ausbildung kann und sollte diese beispielhaften Aspekte angemessen integrieren.

      Abb. 1 Beispielhafte Chancen, Herausforderungen und Lösungskorridor von digitaler Medizin und Gesundheitswesen

       1.2 Verändertes Berufsbild des Arztes und verändertes Medizinstudium mit erweitertem Kompetenzset „digitale Medizin“

      Denn die digitale Medizin führt zu einer andere Profession des Arztes, sie wird mithin „[…] den Arztberuf grundlegend verändern, ohne ihn zu ersetzen, […] die Ärzteschaft in Befürworter und Kritiker [einteilen], […] die Ausbildung der Mediziner maßgeblich verändern und […] die Qualifikationsanforderungen [heben] unter den Medizinstudierenden, […] die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Berufsgruppen [verstärken und] […] im Zuge der Plattform- und Netzwerkökonomien das Krankenhaus unter internationalen Wettbewerb stellen.“15 fassen Gesundheitsökonom und eHealth-Experte der FOM Hochschule David Matusiewicz, Anästhesistin UniKlinik Essen Jana Aulenkamp und Ärztliche Direktor der Universitätsmedizin Essen Jochen A. Werner gemeinsam resümierend zusammen – als nahezu „drei Generationen“ mit unterschiedlichen fachlichen Perspektiven. Aber auch weitere Stimmen waren vernehmbar, so hat der Didaktiker, Bildungsforscher und Veterinär der privaten Universität Witten-Herdecke Jan Ehlers bereits früh auf die Notwendigkeit zur Bildungstransformation der medizinischen Fakultäten mit Blick auf die Digitalisierung und die sicher verändernden Anforderungen an den Arztberuf hingewiesen.16 Dabei sollte, so der berechtigte Hinweis des „Bündnis Junge Ärzte“, nicht der Eindruck entstehen, „[…] Ärzte seien Digitalisierungsverweigerer und würden unreflektiert digitale Tools einsetzen.“17. Gleichzeitig formuliert das Bündnis mit Blick auf die auch weiter unten hier in vorliegender Abhandlung noch thematischen Vorschläge der Reformkomission der Stiftung Münch zu drei neuen Berufsbildern: „Daher benötigt es aus Sicht des Bündnis Junge Ärzte ein viertes Berufsbild: den Arzt für digitale Medizin: Dieser muss fundierte Kenntnisse über digitale Tools und digitale Gesundheitsanwendungen haben und diese, vergleichbar mit einem Stethoskop, anwenden können.“ (ebd.) Was für junge Ärzte gelten mag, gilt für viele „alteingesessene“ Ärztinnen und Ärzte sicher nicht. Ein Dialog der Generationen ist auch an dieser Stelle wichtig.

      Ehlers Befund ist zuzustimmen, ergänzt durch die diesseitige erweiterte Einschätzung, dass die digitalen, agilen, ethischen und interprofessionellen Kompetenzen (s. Abb. 2) im Sinne eines Kompetenzsets für digitale Medizin in der Zukunft an Bedeutung für den Arztberuf weiter zunehmen werden. Dabei ist der Arztethos als Arztethos der digitalen Medizin besonders gefragt und gefordert, da sich in Prävention18, Diagnostik, Therapie und Nachsorge die Chancen aber auch denkbare Risiken in einer nie gekannten akzelerierenden Dynamik entwickeln. Und die Delegation an Einrichtungen der Forschungsethik- oder Versorgungsethik (oder auch Spezialethikinstitutionen der digitalen Medizin) wird sich zunehmend zu einer Dialogsituation wandeln, individuelle Verantwortung jenseits bloß rechtlicher beispielsweise Haftungsfragen setzt eine entsprechende Reflexionskompetenz und Kultur voraus. Der Arzt der digitalen Medizin wird in einem emphatischen, werteorientierten Kommunikations- und von ihm mitgestalteten agilen, lernenden und kollegialen Organisationskontext partnerschaftlich und nachhaltig seinen Patienten durch eine wissenschaftlich-methodisch fundierte, datenorientierte, humanzentrierte und präzise, wirksame, innovative und erfolgreiche Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge in interprofessioneller Kooperation begleiten und durch diese Leistung und Nähe den Weggang des Patienten zu schlechten, gar illegitimen Versorgungsmodellen verhindern oder zumindest unwahrscheinlicher machen.

      Abb. 2 Beispielhafte Elemente eines Berufsbildes „Arzt“ und entsprechend in das Medizinstudium zu integrierendes Kompetenzset „digitale Medizin“

      Mit dem in Abbildung 2 skizzierten Skillset ist zudem ein echtes Alleinstellungsmerkmal des Menschen als Person, als Arzt verbunden gegenüber volltechnisierten Modellen. Dieses veränderte Berufsbild des Arztes kann freilich nicht beanspruchen, mehr zu sein, als eine neureflektierte Synopse heterogener, traditioneller und aktueller Bestimmungen dieses Berufes. Es ist im Kontext der weiteren Diskussionen um veränderte Berufsbilder und Berufsausbildungen im gesamten Gesundheitswesen zu verstehen. Die Reformkommission der Stiftung Münch hat beispielsweise jüngst drei konkrete neue Berufsbilder für das Gesundheitswesen vorgeschlagen, die Fachkraft für digitale Gesundheit (Digital Health Carer), den Prozessmanager für digitale Gesundheit (Digital Health Process Manager) sowie den Systemarchitekt für digitale Gesundheit (Digital Health Architect).19

      Die aktuellen Diskussionen der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) zeigen, dass der Gesetzgeber im kritischen Diskurs mit den Verbänden und Organisationen auf diesem Weg ist, digitale und auch interprofessionelle Kompetenzen stärker zu verankern, dabei auch die Ethik zu berücksichtigen. In ihrem letzten Entwurf formuliert die ÄApprO viele positiv und negativ diskutierte Aspekte, es können beispielhaft die Stellungnahme der Bundesärztekammer herangezogen werden. Die generelle Ausrichtung der neuen ÄApprO ist mit einer echten Umsetzungsperspektive des „Masterplan Medizinstudium 2020“ verbunden und setzt auf Themen wie mehr Wissenschaft, mehr Datennutzung, mehr digitale Anwendungen und vieles mehr. Allerdings ist die BÄK anfragend mit Bezug auf die Dauer des Medizinstudiums und die entsprechenden Schwerpunktsetzungen der Fachinhalte20. Da Stand heute das Studium keine „selbstverständliche Aufgabe“ (BÄK) in der ambulanten Versorgung sei, und Lehrärzte, Strukturen wie medizinische Ausbildungsstätten, ambulante Lehrpraxen etc. nicht ausreichen vorhanden, ist die Betonung der Allgemeinmedizin durchaus herausfordernd (der Medizinischen Fakultätentag [MFT] und der Verband der Universitätsklinika Deutschlands [VUD] sieht diesen Punkt ähnlich). Die ganze ÄApprO kann hier nicht einordnend Mikrokommentiert werden, die BÄK hat jedoch – hier als Beispiel dafür, dass eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Text entscheidend ist und auch angehenden Medizinern empfohlen werden muss – sei 1 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 benannt. „[…] die für das ärztliche Handeln erforderlichen allgemeinen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in Diagnostik, Therapie, Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation einschließlich der Grundlagen der Funktionsweise von und des Umganges mit digitalen Technologien, […]“ heißt es im Originalentwurf. Die BÄK kommentiert:

       „Der Einsatz von digitalen Technologien in der Patientenbehandlung sollte nicht unter den von Technologien unabhängige Kernkompetenzen ärztlichen Handelns subsumiert werden, um diese nicht zu schwächen. Bei dem Umgang mit digitalen Technologien handelt es sich nicht um eine inhaltliche Kompetenz ärztlicher Berufsausübung, sondern um ein ‚Instrument‘, auch welchem Wege die Kompetenzen genutzt werden können.“21

      Kann und sollte eine digitale Kompetenz für Ärzte als – wie es der Entwurf tut – Fachkompetenz für den Beruf ausübende Ärzte verstanden werden, oder – wie es die BÄK fordert – als Instrument für die Nutzung der generellen inhaltlichen Arztkompetenzen? Die Antwort auf diese zentrale methodische Frage kann hier nicht erschöpfend gegeben werden. Jedoch ist die Auffassung des BMG durchaus plausibel, da die bisherigen Kompetenzen im Rahmen des Medizinstudiums eben irreduzibel auf digitale Kompetenzen sind und die Engführung auf die Instrumentenebene immer die Gefahr beinhaltet, digitale Methoden grundsätzlich vom inhaltlich-medizinischen abzukoppeln. Die BÄK-Auffassung aber erscheint in diesem Punkt nicht überzeugend – ein Verständnis von KI ist beispielsweise nicht nur von instrumenteller Bedeutung, da die Fachlichkeit als solche sich verändern wird. Die Medizin hat schon immer neue Technologien eingesetzt und zwar instrumentell. Doch diese graduelle Weiterentwicklung nimmt


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