Homefarming. Judith Rakers

Homefarming - Judith Rakers


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einfach erst dann, wenn ihr tatsächlich Hunger habt. Ein unschlagbarer Vorteil, gerade wenn ihr berufstätig seid.

      Übrigens: Die Zeit, die ihr für eure Beete und den Küchengarten aufwenden müsst, ist absolut überschaubar. Das meiste Gemüse wächst nämlich von ganz allein. Und deshalb funktioniert das Ganze auch ohne grünen Daumen. Ich bin ganz sicher. Weil es bei mir auch so war.

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      Hätte mir früher jemand gesagt, ich würde mal gern im Garten arbeiten: Ich hätte ihn für verrückt erklärt.

      WIE ICH AUF DIE ABSURDE IDEE KAM, GEMÜSE ANZUBAUEN

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      Um es gleich vorweg zu sagen:Ich hatte keine Ahnung! Null! Niente! In meinem Leben hatten die Themen Garten und Gemüseanbau nie eine Rolle gespielt. Nicht mal eine Nebenrolle.

      Ich besaß in meiner Studentenzeit genau zwei Zimmerpflanzen, von denen nur eine mein letztes Semester erlebte. Wenn ich ein Töpfchen Basilikum kaufte, um eine leckere Caprese zuzubereiten, dann war dieses Basilikum schon im Einkaufswagen seinem endgültigen Ende nah. Und zwar nicht, weil ich es für meinen Tomatensalat abgeerntet hätte, sondern weil es in meiner Küche regelmäßig nur noch wenige Tage überlebte. Genauso wie die Orchideen, mit denen ich es immer wieder versucht hatte. Bei mir überlebte einfach keine Pflanze. Kein grüner Daumen, sagte ich mir dann immer. So ist es eben. Ist halt nicht meins. Wie ich mich geirrt hatte!

      Ich kann nicht genau sagen, wann der Wunsch in mir entstand, Gemüse selbst anzubauen. Aber es gab in den vergangenen Jahren zwei Ereignisse rund um dieses Thema, die ich noch sehr gut erinnere, und ich nehme an, sie brachten den Stein ins Rollen.

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      Mit diesem Mann fing alles an: Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl. Für dieses Buch habe ich ihn nochmal interviewt (siehe >).

      Das erste Ereignis fand im Rahmen meiner Talkshow »3nach9« statt, die ich gemeinsam mit dem Chefredakteur der Zeit, Giovanni di Lorenzo, moderiere. Ich sollte den Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl interviewen und bekam deshalb sein Buch zugeschickt: »Der Selbstversorger« stand ganz groß darauf. Und daneben war das Foto meines Gastes abgedruckt: ein älterer Herr in verwaschenem orangefarbenem T-Shirt, langen grauen Haaren und einem ebensolchen Bart. Auf der Rückseite des Buches wurde er als »Kultautor« vorgestellt und als Experte, der auf seinem Bauernhof im Allgäu kompletter Selbstversorger sei. In der Einleitung erfuhr ich dann, dass er auch reichlich esoterisch angehaucht war, denn er empfahl, sich beim Gemüsegärtnern nach den Mondphasen zu richten. »Da bin ich ja schon raus«, dachte ich damals als pragmatischer Steinbock (um zumindest mal in Horoskop-Kategorien zu bleiben).

      Dennoch beeindruckten mich die Fotos und Texte im Buch. Ich dachte: »Ist schon cool, wenn man so komplett autark ist und sich um das absolute Grundbedürfnis, das Essen, selbst kümmern kann.« Und so war ich denn auch sehr neugierig, wie das Talkshow-Gespräch mit diesem Mann wohl laufen würde, nachdem ich zu seinem Thema, dem Selbstversorgen, nun wirklich überhaupt keinen Bezug hatte.

      Was soll ich sagen: Es lief super. Storl war einfach faszinierend mit seinem breiten Pflanzenwissen. Und ich weiß noch, wie ich hinterher dachte: »Schon beeindruckend, was der alles macht. Aber na gut, der wohnt da auch auf seinem Bergbauernhof – das ist eben auch eine Welt für sich. Eine Welt, die mit meiner nichts zu tun hat.«

      Wenige Tage später wurde ich von einem Tagesthemen-Kollegen auf das Interview angesprochen: »Toller Gast, Judith, der Storl. Ich habe einige Bücher von ihm. Wenn du willst, bringe ich dir mal ein paar selbst gezogene Zucchini mit.« Ich war überrascht: »Du baust Zucchini an?« »Ja«, antwortete er, »und ich habe so viele, dass ich die gar nicht allein essen kann.« »Machst du das mit den Mondphasen?«, fragte ich. Und er: »Nö. Es geht auch ohne.« Ich war baff. Plötzlich gab es doch eine Überschneidung zwischen Storls Welt und meiner. Und ich dachte: »Das sollte ich vielleicht auch mal probieren.«

      Ich kann euch nicht sagen, wie es dann genau weiterging. Die Nachrichten über den Klimawandel werden eine Rolle gespielt haben, der Wunsch nach einem nachhaltigeren Leben, nach Entschleunigung. Aber irgendwann war sie da, die Vision. Ich hatte plötzlich einen Traum. Den Traum vom Leben auf dem Land mit Garten und Gemüsebeeten. Das volle Programm. Ich erzähle euch hier also im Grunde auch von der Verwirklichung eines Traums. Meines Traums.

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      Jeder fängt mal klein an – so wie dieses Tomatenpflänzchen, das später viele große, herrlich aromatische Früchte getragen hat.

      WAS IHR BRAUCHT, WENN IHR OBST UND GEMÜSE ANBAUEN WOLLT

      Vielleicht denkt ihr jetzt: Na gut, ich habe Interesse, aber so ein richtiger Traum, den ich mir unter allen Umständen erfüllen möchte, ist das nicht. Kann ja noch werden, aber ich möchte jetzt erst mal irgendwie anfangen. Um zu gucken, ob ich auch wirklich Spaß an dem Thema habe. Und vielleicht fragt ihr euch: Was brauche ich dafür? Geht das auch ohne eigenen Garten? Wann muss ich loslegen, damit es noch was wird mit der Ernte, und was baue ich am besten an? Wie viel Zeit muss ich dafür tatsächlich aufwenden? Funktioniert das neben dem Job überhaupt? Ich hatte genau die gleichen Fragen und antworte daher gern aus eigener Erfahrung.

      WAS BRAUCHE ICH DAFÜR?

      Wenn ihr Obst und Gemüse anbauen wollt, dann habt ihr in einer perfekten Welt natürlich einen eigenen Garten, eine Schrebergartenparzelle, ein gemietetes Stück Ackerland oder zumindest einen Balkon oder eine Terrasse. Denn je mehr Platz ihr habt, desto mehr könnt ihr anbauen. Aber auch wenn ihr in einer kleinen Wohnung ohne Balkon wohnt, könnt ihr es mit dem Gemüseanbau probieren. Oft reicht schon ein Fenster, durch das die Sonne scheint, um knackigen Salat, Radieschen, Kohlrabi oder Kräuter selbst anzubauen. Sogar auf Kartoffeln müsst ihr nicht verzichten. In dem Kapitel über die Knolle, die unglaublich viele Vitamine und Mineralstoffe enthält, zeige ich euch zum Beispiel, wie ihr in einem kleinen mit Erde befüllten Sack Kartoffeln ziehen könnt. Ich habe sogar ein Hochbeet aus Metall mitten ins Zimmer gestellt, um zu schauen, ob dort etwas wächst und gedeiht. Und siehe da: Es klappte – und das obwohl meine Katze Lotti das Hochbeet zwischendurch als Toilette benutzte und deshalb komplett durchwühlte.

      WANN MUSS ICH LOSLEGEN, DAMIT ES NOCH WAS WIRD MIT DER ERNTE?

      Im Grunde könnt ihr jederzeit in den Obst- und Gemüseanbau einsteigen. Wenn ihr aber tatsächlich alle Phasen des Wachstums erleben und das Optimum rausholen wollt, beginnt ihr am besten schon im Februar – und zwar mit der Anzucht der Pflanzen, die ins Freie sollen, sobald es dazu warm genug ist. Wenn es draußen nicht mehr friert und ihr ein Frühbeet anlegt, über das ich euch später noch mehr berichten werde, könntet ihr aber auch im März oder April einsteigen. Im späteren Frühjahr und Sommer sät ihr dann direkt ins Beet und es gibt sogar Gemüsearten, deren Samen ihr selbst Anfang September noch aussäen könnt, um im Herbst ernten zu können, zum Beispiel Feldsalat oder Spinat.

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      Selbst in der Wohnung ist Gemüseanbau möglich. In so einem Hochbeet-Möbel wachsen auch Salat und Radieschen.

      WIE VIEL ZEIT MUSS ICH AUFWENDEN?

      Auch das liegt in eurer Hand. Es gibt Gemüsearten, die sät ihr nur aus, was etwa fünf Minuten dauert, und einige Wochen später könnt ihr bereits ernten. In der Zwischenzeit habt ihr lediglich für ausreichend Wasser gesorgt, habt vielleicht etwas gedüngt und eventuell Unkraut gejätet. Diese Arten werde ich euch im Folgenden besonders ans Herz legen, weil schneller Erfolg einfach immer ein Motivations-Booster


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