Wyatt Earp Staffel 9 – Western. William Mark D.
Wyatt Earp nahm den beiden die Waffen weg und riß Ferguson die Jacke von der rechten Schulter.
»Zum Arzt!« befahl er dann.
Pratt wollte Ferguson wegschleppen.
Wyatt ergriff seinen linken Arm.
»Wo gehst du denn hin?«
Der Bandit warf dem Marshal einen hündischen Blick zu.
»Wohin schon, Boß? Ins Jail natürlich!«
»Well, zieh ab!«
Inmitten dieser turbulenten Szene, die sich wie ein blitzartig schnelles Marionettenstück vor seinen Augen abspielte, stand der Texaner Gilbert Meredith.
Er spürte den brennenden Schmerz an der Wange nicht, auch nicht das Blut, das in zwei warmen Fäden bis zu seinem Kragen rann.
Er sah wie aus weiter Ferne auf die Szene.
Wo ein König gebot und sechs schwarze Teufel gehorchten, wo alles so zuging, als sei es hundertfach eingeübt worden.
Da stand also Wyatt Earp, dessentwegen er gestern morgen auf die Stadt hatte verzichten wollen und der nun gekommen war und ihn aus dem Feuer gerissen hatte.
Wie eine Gliederpuppe wandte der Texaner den Kopf und sah dann zu dem Mann hin, den er während des Kampfes nur wie einen Schatten, wie ein Phantom gesehen hatte: der gleiche Mann, der vor einer halben Stunde oben bei ihm im Zimmer war.
Doc Holliday!
Mit drei brillanten Schüssen hatte der Gambler die Aktionen des Marshals unterstützt.
Und ihm, dem Texaner, zweifellos das Leben gerettet.
Was hatte er ihm vorhin entgegengebrüllt? »Sie können mir nicht helfen?«
Als Meredith den Blick des Spielers auf sich ruhen fühlte, wandte er das Gesicht ab und blickte auf seine Stiefel, die noch völlig staubfrei waren.
In seinem Gaumen war der scharfe Geschmack des Pulverrauchs, und jetzt spürte er auch den stechenden Schmerz in der linken Wange.
Ein Schatten fiel auf seine Stiefel.
Langsam hob Gilbert Meredith den Kopf.
Er blickte in die harten Augen des Marshals.
»Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Meredith, Mister Earp.«
»Was tun Sie hier?«
»Ich bin auf dem Durchritt…«
»Sie sind wohl für so lebhafte Unterbrechungen?«
»Der Cowboy…, er belästigte mich gestern morgen schon im Long Branch Saloon…«
»So lange sind Sie schon hier?« Eine scharfe Falte stand zwischen den dunklen Brauen des Missouriers.
»Ich wollte einen Tag bleiben. Aber sie hielten mich auf.«
»Wer – sie?«
»Die Männer da! Erst nur der Cowboy, dann war es Larry Harris, und dann kamen diese drei Typen da, Tegeratt und die beiden Einohrigen.«
Holliday stand immer noch oben auf dem Vorbau.
»Wie man so rasch zu solch einer Menge Freunde kommen kann, ist mir ein Rätsel.«
Wyatt Earp hatte die Frau oben am Fenster bemerkt, obgleich sie sich zurückhielt.
»Sie sind mit Laura Higgins gekommen?«
Eine dunkle Röte überflutete das blasse Gesicht des Texaners, und in seiner Wunde stach der Schmerz.
»Nein, ich lernte sie gestern abend in der Alhambra kennen.«
Wyatt Earp nickte. Dann lud auch er seinen Revolver nach.
»Was halten Sie vom Weiterreiten, Mister?«
»Vom…, well, natürlich, aber ich bin verletzt…« Meredith verstummte, denn er sah plötzlich Blut aus dem rechten Jackenärmel des Marshals tropfen, sah Blut an seinem linken Ohr und sah, daß seine Lederhose in Kniehöhe aufgerissen war.
Er schluckte und preßte dann heiser durch die Zähne:
»Well, ich reite!«
Der Marshal schob die Unterlippe hoch.
»Gehen Sie zum Doc. Wenn alles in Ordnung ist, reiten Sie.«
Als er gegangen war, kam Doc Holliday auf die Straße. Er blieb neben dem Marshal stehen, sah die Straße hinunter und sagte leise: »Sie bluten.«
»Ich weiß.«
»Schlimm?«
»Gar nicht. Ein paar Schrammen von Streifern; nur schade um das Lederzeug.«
Holliday schob sich den Hut aus der Stirn.
»Sie hatten recht vorhin: Es roch wirklich nach Pulverrauch.«
»Leider.«
»Wie kamen Sie eigentlich darauf?«
»Es war so merkwürdig still in der Frontstreet. Und der alte Crugan war nicht in der Schenke, sondern lehnte an einem Vorbaupfeiler und sah auf die Straße.«
Holliday nickte. »Doch eine schöne Stadt. Sie hat uns richtig festlich empfangen.«
»Eben. Wie wir es gewohnt sind. So long, Doc.«
»So long, Marshal.«
Sie gingen in verschiedenen Richtungen davon. Wyatt Earp auf das Office zu, wo der alte Noll seine »Schäfchen« schon in den Stall gebracht hatte. In solchen Dingen war der greise Deputy unübertrefflich flink.
Als der Missourier das Office erreichte, grinste ihm der Alte schon entgegen.
»Waren das alle, Boß?«
»Gott sei Dank ja, Dave.«
»Nicht übel. Es hörte sich nach mehr an.«
»Mir reichen sie.«
»Tegeratt knurrte, daß er dieses Ende geahnt hätte und von Harris das doppelte verlangen werde.«
»Ach ja, Harris«, sagte der Marshal wie zu sich selbst und ging ins Doktorhaus, wo er den jungen Larry Harris aufsuchte.
Es ging dem Burschen schon wieder besser. Mit unsicheren Blicken sah er dem Marshal entgegen.
»Sie sind wieder zurück, Marshal?« fragte er, obgleich er von dem Arzt und dessen Tochter längst erfahren hatte, was geschehen war.
»Ja, und leider einen Tag zu spät.«
»Es war nicht so wichtig, Mister Earp.«
»Nicht so wichtig? Hör zu, Larry: Ich habe Weihnachten das Verbot, in der Stadt Feuerwaffen zu tragen aufgehoben, weil ich hoffte, daß jetzt nur noch vernünftige Leute in Dodge City lebten. Anscheinend ist das aber eine verfrühte Hoffnung gewesen. – Weshalb hast du den Mann angefallen?«
Da richtete sich der Bursche auf seinem Lager auf. Hektische Flecken brannten auf seinen Wangen.
»Ich will es Ihnen sagen, Mister Earp! Weil er meine Schwester geschädigt hat. Und weil er die Schuld daran trägt, daß sie jetzt blamiert ist. Urb Kelly war kein armer Mann, sie hat es gut bei ihm gehabt. Lange Monate haben die Leute sie scheel angesehen, weil sie den Mann im Haus hatte. Das hatte sich endlich gelegt, und alles war gut.«
»War wirklich alles gut, Larry?«
»Ich… ich weiß es nicht. Jedenfalls ging es meiner Schwester blendend.«
»Und den Kindern draußen in der Nordstreet, wie mag es denen gegangen sein?«
Der Bursche senkte den Kopf.
»Ich… weiß es nicht, Marshal.«
»Well, vielleicht denkst du einmal darüber nach.«
Der