Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
daß Sie dem Rat Ihres Arztes gefolgt sind. Was mir aber viel wichtiger erscheint, ist, daß Sie und Alexander wieder zueinanderfinden.«

      Die junge Frau sah ihn mit großen Augen an.

      »Das wird wohl niemals gescheh’n«, antwortete sie. »Er wird mir nie verzeihen können, was ich ihm angetan hab’. Meine Verdächtigungen waren so haltlos. Ich muß ihn zutiefst beleidigt haben, mit diesen Unterstellungen.«

      »Das stimmt vielleicht sogar«, sagte Sebastian. »Aber es gibt immer einen Weg. Alexander liebt Sie, hat er gesagt. Wenn es die wirkliche, große und einzigartige Liebe ist, dann wird sie auch dieses Drama, das sich da zwischen Ihnen abgespielt hat, überstehen.«

      Angela schüttelte den Kopf.

      »Daran kann ich net glauben«, antwortete sie. »Und darum bin ich ja auch hier und net auf Schloß Haldenstätten – um ihn zu vergessen und ein neues Leben zu beginnen.«

      *

      Der Bergpfarrer hielt es für besser, dem Gespräch an diesem Punkt eine Wendung zu geben. Zu frisch und unvernarbt war das Erlebnis dieser jungen Frau, und sie konnte bestimmt alles andere besser gebrauchen, als gute Ratschläge.

      Und dazu gehörte, nach Sebastians Meinung, Ablenkung.

      Was später kam, mochte man dann sehen. Aber der Geistliche hätte nicht den Ruf genossen, aus jedem Dilemma einen Ausweg zu finden, wenn er in Gedanken nicht längst schon nach einer Möglichkeit suchte, wie er die beiden Menschen wieder zueinander führen konnte.

      »Ich glaub’, wir sollten uns wieder auf den Weg machen«, schlug er vor. »Dann sind wir rechtzeitig zum Mittag auf der Hütte oben und lassen uns vom Franz verwöhnen.«

      Über den Wirtschaftsweg war es leichter zu gehen, dennoch blieben sie ab und zu stehen und legten eine Pause ein. Als sie dann die Hütte erreicht hatten, schlug die Glocke im Tal gerade die zwölfte Mittagsstunde.

      Franz Thurecker begrüßte den Bergpfarrer und dessen Begleitung herzlich.

      »Warten S’ einen Moment. Ich bring’ Ihnen gleich frische Milch.«

      Sebastian und Angela nahmen auf der Terrasse Platz, auf der sich auch schon zahlreiche andere Wanderer eingefunden hatten. Die Kandereralm war ein beliebtes Ausflugziel, und bei den Touristen hatte es sich schnell herumgesprochen, daß der alte Senner nicht nur eine vorzügliche Brotzeit servierte, sondern auch einen köstlichen Bergkäse herzustellen wußte. Nicht wenige Besucher der Kandereralm erstanden sich ein Stück davon, bevor sie sich wieder an den Abstieg machten.

      Heute hatte der Senner ein einfaches Mittagsgericht vorbereitet, das aus geräuchertem Schweinefleisch und weißen Bohnen, mit Kartoffeln, bestand. Es schmeckte so lecker, wie es in der großen, irdenen Schüssel aussah, und das Brot, das Franz dazu servierte, hatte er erst am Morgen gebacken.

      Der Geistliche und die junge Frau warteten, bis der Gästestrom abebbte, und Franz Zeit fand, sich zu ihnen zu setzen. Während sie es sich schmecken ließen, unterhielten sie sich über die letzten Neuigkeiten. Der Senner kam nur selten ins Dorf hinunter, und wenn auch ab und an die Touristen berichteten, was dort vielleicht geschehen war, so wußte jemand, wie Pfarrer Trenker doch aus erster Hand darüber Bescheid.

      Angela war erstaunt, wieviel sie essen konnte. Es mußte wohl an der herrlichen Luft, und dem Aufstieg liegen, daß sie solch einen Appetit entwickelte. Wie auch immer, jedenfalls ließ sie sich nicht lange nötigen, als der Senner sie aufforderte, nachzunehmen.

      Nach dem Essen besichtigten sie die Käserei. Schon in dem kleinen Vorraum verbreitete sich der typische Geruch von geronnener Milch, und im Käselager war er geradezu erschlagend.

      Franz zeigte ihr die Laiber in den unterschiedlichsten Reifegraden und schnitt drei, vier verschiedene Kostproben ab.

      »Die einen mögen lieber einen jungen Bergkäs’«, erklärte er. »Die anderen lieber einen kräftigen, gereiften.«

      Angela gewann einen Eindruck, wie das Leben auf einer Sennerhütte zuging. Morgens früh aufstehen, Kühe melken, Käse machen, den Stall ausmisten, Holz hacken und vieles andere mehr.

      »Es stimmt schon«, schmunzelte der Thurecker-Franz. »Es ist ein hartes Brot. Aber ich möcht’ trotzdem mit niemandem tauschen.«

      Sie war durch die Hintertür wieder nach draußen gegangen. Hier hinten lagerte das Holz, und unter einem Verschlag stand ein altes Auto.

      »Für den Notfall«, meinte der Senner. »Aber der ist, zum Glück, noch nie eingetreten.«

      Er deutete auf den kleinen Garten. Alle erdenklichen Gemüse standen darin.

      »Und ins Dorf muß ich selten. Fast alles, was ich zum Leben brauch’, hab’ ich hier oben.«

      Er bat die Besucher wieder auf die Terrasse, wo er Kaffee und frisch gebackenen Kuchen servierte.

      Als Sebastian und Angela sich am späten Nachmittag wieder auf den Weg machten, lag ein ereignis- und abwechslungsreicher Tag hinter der jungen Frau.

      »Herzlichen Dank, für dieses wunderschöne Erlebnis«, sagte sie zum Abschied. »Und dank’ schön auch, daß ich Ihnen meine Geschichte erzählen durfte.«

      »Über die das letzte Wort noch net gesprochen ist, Angela«, meinte der Seelsorger. »Ich kann net glauben, daß es wirklich zu End’ sein soll, zwischen Ihnen und Alexander von Haldenstätten. Bestimmt gibt es irgendeinen Weg, daß Sie wieder zu einander finden.«

      Angela Holzer lächelte.

      »Vielleicht, Hochwürden«, erwiderte sie. »Aber dazu müßt’ ich ihm wieder in die Augen schau’n können. Doch im Moment...«

      Der gute Hirte von St. Johann wußte, was sie damit sagen wollte. Sie hatte Alexander mit ihrer unbegründeten Eifersucht gekränkt und fürchtete sich vor einem Wiedersehen mit ihm.

      »Eines Tag’s werden S’ es können«, sagte er zuversichtlich. »Und dann werden S’ seine ganze Liebe darin seh’n.«

      Er winkte ihr noch einmal zu und schritt dann weiter, zum Pfarrhaus.

      »Wie kann ich die beiden wieder zusammenbringen?« überlegte er dabei. Es wär’ doch gelacht, wenn’s mir net gelänge!

      *

      Richard Anzinger schloß seine Frau glücklich in die Arme.

      »Da bist’ ja endlich, mein Herz«, sagte er und gab Maria einen liebevollen Kuß. »War’s sehr anstrengend?«

      Die Sängerin lächelte.

      »Gar nicht«, erwiderte sie. »Es war ein sehr schöner Liederabend, und die von Haldenstätten sind sehr nette Leute. Besonders die alte Gräfin. Aber jetzt freu’ ich mich, wieder zuhaus’ zu sein und auf die Tage in Sankt Johann.«

      »Ja, ich bin auch froh, daß wir uns die Zeit nehmen können«, nickte ihr Mann. »Es wird bestimmt schön, ein wenig auszuspannen und vor allem Pfarrer Trenker wiederzusehen.«

      »Wann wollen wir denn fahren?«

      Der Münchner Kaufmann hob die Hände.

      »Von mir aus kann’s gleich morgen früh losgehen«, meinte er. »In der Firma ist soweit alles erledigt, die kommen gut ein paar Tage ohne mich aus.«

      »Fein, dann laß uns heut’ früh schlafen geh’n, dann können wir morgen gleich nach dem Frühstück losfahren.«

      Sie gingen in das große Wohnzimmer. Richard kümmerte sich um ein kühles Getränk für sie beide, und Maria setzte sich in einer der bequemen Sessel. Ihr gegenüber standen, auf dem Kaminsims, Bilderrahmen. Die meisten Fotos zeigten die gefeierte Sängerin bei verschiedenen Konzerten oder im Kreise anderer Kollegen, mit denen sie gelegentlich aufgetreten war. Das Foto aber, das ihr am besten gefiel, war auf der Spitzeralm gemacht worden.

      Maria Devei betrachtete es

      lange. Als Richard zurückkam und ihr ein Glas Limonade reichte, bemerkte er den Blick seiner Frau.


Скачать книгу